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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe
Autoren: Dick Francis
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ehm … das könnte ihn vor Gericht bringen, nicht wahr?«
    Ich sagte: »Warum haben Sie ihn an dem Abend, als
Sie dort waren, nicht darauf angesprochen?«
    Jimmy sah verblüfft drein. »Wir waren doch seine
Gäste! Es wäre furchtbar unhöflich gewesen. Das werden Sie einsehen.«
    »Hm«, meinte ich trocken. »Und warum sagen Sie ihm
jetzt nicht, unter vier Augen, was Sie von seinen Drinks gehalten haben?
Vielleicht wäre er dankbar. Sicher wäre er gewarnt. Jedenfalls kann ich mir
nicht vorstellen, daß er postwendend seine fünf Pferde abzieht.«
    Jimmy gab einen gepeinigten Laut von sich und trank
etwas Scotch. »Ich habe Jack darauf angesprochen. Er meinte, ich müßte mich
irren. Aber es ist kein Irrtum. Da bin ich mir ziemlich sicher.«
    Ich betrachtete ihn.
    »Warum beschäftigt es Sie so?« fragte ich.
    »Bitte?« Er war überrascht. »Na, hören Sie,
Schwindel ist Schwindel. Das ärgert einen doch.«
    »Ja.« Ich seufzte. »Was sollten denn das für
Getränke sein?«
    »Ich fand den Wein nicht besonders, gemessen am Etikett,
aber Sie wissen ja, man hegt keinen Argwohn … aber da war der Laphroaig. «
    Ich zog die Stirn kraus. »Der Malzwhisky von
Islay?«
    »Richtig«, sagte Jimmy. »Starker Malzwhisky. Mein
Großvater mochte ihn. Er gab mir öfters einen Schluck ab, als ich klein war,
sehr zum Zorn meiner Mutter. Komisch, wie man einen Geschmack, den man als Kind
kennenlernt, nie mehr vergißt … und natürlich trank ich ihn auch später
noch. Also, die hatten ihn auf dem Servierwagen, mit dem sie den Kaffee
auffuhren, und ich dachte, genehmigst dir einen … Nostalgie und so
weiter.«
    »Und es war kein Laphroaig? «
    »Nein.«
    »Sondern?«
    Er schien unsicher. »Ich dachte eben, das könnten
Sie wissen. Wenn Sie davon trinken würden, meine ich.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Dazu gehört ein richtiger
Experte.«
    Er sah unglücklich drein. »Also, mir kam es einfach
wie gewöhnlicher Verschnitt vor. Ganz normal, noch nicht einmal purer Malz.«
    »Besser, Sie unterrichten Mr. Trent«, meinte
ich. »Soll er sich der Sache annehmen.«
    Er sagte unschlüssig: »Trent wird heute morgen hier
sein.«
    »Na, wunderbar«, sagte ich.
    »Sie, ehm … Sie selbst könnten, ehm …
wohl nicht mit ihm sprechen?«
    »Nein, auf keinen Fall«, wehrte ich ab. »Von Ihrer
Seite könnte es ein freundlicher Fingerzeig sein, bei mir wäre es eine tödliche
Beleidigung. Bedaure, Jimmy, aber ehrlich, nein.«
    Resignierend sagte er: »Ich dachte es mir schon.
Aber den Versuch war es wert.« Er schenkte sich Scotch nach, fügte erneut Eis
hinzu, und ich dachte flüchtig daran, daß echte Whiskykenner Eis für eine
Schandtat hielten. Wie zuverlässig mochte sein Urteil über den Laphroaig sein?
    Flora kam auf ihre leichtfüßige Art in das Zelt.
Rundlich, fröhlich, in kirschrotem Wollkleid, blickte sie sich um und nickte
zufrieden.
    »Sieht ganz hübsch aus, nicht wahr, Tony,
Schätzchen?«
    »Großartig«, sagte ich.
    »Wenn erst die Gäste da sind …«
    »Ja«, stimmte ich zu.
    Sie war bieder, wohlwollend und gemütlich, Mutter
dreier erwachsener (nicht von Jack stammender) Kinder, die regelmäßig mit ihr
telefonierten. Bei ihren gelegentlichen Besuchen in meinem Geschäft sprach sie
gern von ihnen, und sie neigte dazu, größere Bestellungen aufzugeben, wenn es
Gutes von ihnen zu berichten gab. Jack war ihr zweiter Mann, der sich unter
ihren Fittichen offenbar wohlfühlte, angeblich aber eifersüchtig auf ihre
Sprößlinge war. Erstaunlich, was die Leute ihrem Weinhändler so alles erzählen.
Ich wußte eine ganze Menge über eine ganze Menge Leute.
    Flora schaute in die Wannen. »Vier Kisten auf Eis?«
    Ich nickte. »Nachschub im Lieferwagen, falls Sie
mehr brauchen.«
    »Hoffentlich nicht.« Sie lächelte süß. »Aber, mein
Lieber, ich würde nicht darauf wetten. Jimmy, mein Bester, Sie brauchen doch
keinen Whisky zu trinken. Machen Sie einen Champagner auf. Ich hätte gern ein
Schlückchen, bevor uns hier alles überrollt.«
    Jimmy kam ihrem Wunsch mit graziöser Trägheit nach.
Er zog den Korken ohne Knall heraus, indem er den Stoß in der Hand auffing.
Flora beobachtete lächelnd den Rauchfaden, der aus der Flasche entwich, und
streckte ein Glas vor, um die ersten Perlen aufzufangen. Auf ihr Drängen hin
tranken auch Jimmy und ich einen Schluck, aber nach Jimmys Gesichtsausdruck
paßte es nicht sehr gut zu seinem Scotch.
    »Lecker«, meinte Flora beifällig; und ich fand zwar
den Champagner wie gewohnt
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