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Waylander der Graue

Waylander der Graue

Titel: Waylander der Graue
Autoren: David Gemmell
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zu begraben und ihnen alles an Waffen und Geld abzunehmen, was sie bei sich trugen. Das könnt ihr behalten. Ihr werdet auch ein paar Pferde finden. Diese schickt ihr mir nach Hause.«
    »Ja, Herr.«
    »Noch eins, Jonan. Deine Gewinne aus dem Schmuggel gehen mich nichts an. Steuern auf Waren, die von Kiatze ins Land gebracht werden, unterliegen dem Gesetz des Herzogs, nicht meinem. Du solltest aber bedenken, dass Schmuggler wirklich schwer bestraft werden. Aus zuverlässiger Quelle weiß ich, dass die Inspektoren des Herzogs nächsten Monat unterwegs sind.«
    »Du irrst dich, Herr. Wir …« Er brach ab, als er den Blick des Grauen sah.
    »Wenn die Inspektoren dich für schuldig befinden, werdet ihr alle gehängt. Wer wird dann den Fisch fangen und mir meine Steuern zahlen? Seid ihr denn hier alle blind? Ihr seid ein Fischerdorf, und doch tragen eure Kinder Kleider aus der besten Wolle, eure Frauen schmücken sich mit silbernen Broschen, und in deinem eigenen Haus liegen drei Teppiche, von denen jeder den Jahresgewinn eines Fischkutters kostet. Wenn noch ein paar alte Kleider im Dorf aufzutreiben sind, schlage ich vor, dass du sie findest. Und wenn die Inspektoren kommen, sorge dafür, dass sie getragen werden.«
    »Es wird geschehen, wie du sagst«, antwortete Jonan unglücklich.
    Keeva zog sich von der Durchreiche zurück, als Conae mit einem Kleid aus blauer Wolle, einem Paar hochgeschnürter knöchelhoher Schuhe und einem mit Kaninchenfell gefütterten braunen Wollumhang zurückkehrte. Keeva zog die Sachen an. Das Kleid war ein wenig zu weit, doch die Schuhe passten perfekt.
    Jonan rief nach den Frauen, und sie gingen ins Wohnzimmer zurück. Der Graue Mann griff in einen Beutel an seiner Seite und gab Jonan ein paar kleine Silbermünzen für die Kleider.
    »Das ist nicht notwendig, Herr«, sagte Jonan.
    Ohne ihn zu beachten, wandte sich der Graue Mann an Conae. »Danke für deine Gastfreundschaft.«
    Conae knickste.
    Die Pferde standen draußen, die Satteltaschen prall gefüllt mit Reiseproviant. Der Graue Mann half Keeva beim Aufsitzen, dann stieg auch er in den Sattel.
    Ohne einen Abschiedsgruß ritt er aus dem Dorf, gefolgt von Keeva.

 
KAPITEL 2
     
    Sie ritten eine Zeit lang schweigend, und Keeva sah, dass das Gesicht des Grauen Mannes ernst war. Sie vermutete, dass er zornig war. Ihr fiel jedoch auf, dass er trotzdem die Umgebung beim Reiten genau beobachtete, immer aufmerksam und auf der Hut. Wolken verdeckten die Sonne, und ein leichter Nieselregen setzte ein. Keeva zog ihre Kapuze hoch und wickelte sich in ihren neuen, pelzgefütterten Umhang.
    Der Regen ließ rasch weder nach, und die Sonne fiel durch eine Lücke in den Wolken. Der Graue Mann lenkte sein Pferd einen flachen Abhang hinauf und hielt oben an. Keeva ritt an seine Seite.
    »Was machen deine Wunden?«, fragte sie.
    »Fast verheilt«, antwortete er.
    »In so kurzer Zeit? Das glaube ich nicht.«
    Er zuckte die Achseln, und zufrieden, dass der vor ihnen liegende Weg frei von Gefahren war, trieb er den Wallach an.
    Den ganzen langen Nachmittag hindurch ritten sie stetig weiter, weder einmal durch Waldgebiet. Eine Stunde vor Einbruch der Dunkelheit schlugen sie an einem Bach ihr Lager auf und machten Feuer.
    »Bist du böse auf die Dörfler, weil sie dich betrogen haben?«, fragte Keeva, als die Flammen an dem trockenen Holz leckten.
    »Nein. Ich bin böse wegen ihrer Dummheit.« Er schaute sie an. »Du hast gelauscht?«
    Sie nickte. Die Miene des Grauen Mannes wurde weicher. »Du bist ein schlaues Mädchen, Keeva. Du erinnerst mich an meine Tochter.«
    »Lebt sie bei dir?«
    »Nein. Sie lebt weit weg in einem anderen Land. Ich habe sie schon seit ein paar Jahren nicht mehr gesehen. Sie ist mit einem alten Freund von mir verheiratet. Sie haben zwei Söhne, soviel ich weiß.«
    »Du hast also Enkel.«
    »Sozusagen. Sie ist meine Adoptivtochter.«
    »Hast du auch eigene Rinder?«
    Er schwieg einen Augenblick, und im Feuerschein sah sie, wie ein Ausdruck tiefer Trauer sich über sein Gesicht legte. »Ich hatte Kinder, aber sie … starben«, sagte er. »Wir wollen mal sehen, was Jonans Frau uns zu essen eingepackt hat.« Er erhob sich geschmeidig, ging zu den Satteltaschen und kehrte mit einem Stück Schinken und frischgebackenem Brot zurück. Sie aßen schweigend. Keeva sammelte noch mehr trockenes Holz für ihr Feuer. Es war weder bewölkt, doch die Nacht war nicht kalt. Der Graue Mann zog sein Hemd aus. »Zeit, die Fäden zu ziehen«, sagte
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