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Warum Sex Spass macht

Warum Sex Spass macht

Titel: Warum Sex Spass macht
Autoren: Jared Diamond
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natürliche Experimente, wenn auch die wissenschaftlichen Kontrollen fehlen. Mindestens drei Arten menschlicher Signale entsprechen nach meiner Überzeugung dem Modell der »Ehrlichkeit in der Werbung« von Kodric-Brown und Brown: die Muskeln der Männer, die »Schönheit« des Gesichts bei beiden Geschlechtern und das Körperfett der Frauen.
    Die Muskeln eines Mannes beeindrucken sowohl Frauen als auch andere Männer. Die extrem entwikkelte Muskulatur der professionellen Bodybuilder erscheint zwar vielen Menschen als grotesk, aber einen gut proportionierten, muskulösen Mann finden viele (die meisten?) Frauen attraktiver als einen schmächtigen. Auch Männer sehen in der Muskelausstattung anderer Männer ein Signal, mittels dessen sie zum Beispiel schnell einschätzen können, ob sie sich auf einen Streit einlassen oder besser das Weite suchen sollen. Ein typisches Beispiel ist Andy, ein großartig gebauter Sportlehrer in dem Fitneßstudio, in dem meine Frau und ich trainieren. Wenn Andy die Hanteln stemmt, ruhen die Blicke aller Frauen und Männer im Studio auf ihm. Und wenn er einer Kundin die Handhabung der Trainingsmaschinen erklärt, zeigt er zunächst selbst, wie man sie bedient, und dabei soll die Kundin ihre Hand bei Andy auf den entsprechenden Muskel legen, damit sie den richtigen Bewegungsablauf versteht. Diese Art der Erklärung ist pädagogisch sicherlich sinnvoll, aber nach meiner Überzeugung genießt Andy es auch, daß er einen so überwältigenden Eindruck hinterläßt. Zumindest in traditionellen Kulturen, die sich nicht der Kraft von Maschinen, sondern der menschlichen Muskelkraft bedienen, sind Muskeln wie das Geweih des Hirsches ein ehrliches Signal für männliche Qualitäten. Einerseits befähigen sie den Mann, viel Nahrung zu sammeln, Häuser zu bauen und Rivalen zu besiegen. Die Muskeln spielen im Leben eines Mannes in traditionellen Kulturen sogar eine viel größere Rolle als das Geweih für den Hirsch, denn dieser benutzt seinen männlichen Schmuck nur zum Kämpfen. Andererseits ist ein Mann, der auch mal andere Qualitäten besitzt, eher in der Lage, sich die Proteine für Aufbau und Erhaltung kräftiger Muskeln zu verschaffen. Das eigene Alter kann man vertuschen, indem man sich die Haare färbt, aber kräftige Muskeln kann man nicht vortäuschen. Natürlich entwickelten Männer die Muskeln nicht nur, um damit Frauen und andere Männer zu beeindrucken, wie die Laubenvogelmännchen ihren goldgelben Kamm als Signal entwikkelten. Die Muskeln entstanden vielmehr in der Evolution, um eine Funktion zu erfüllen, und dann lernten Männer und Frauen, auf das ehrliche Signal der Muskeln anzusprechen.
    Ein anderes ehrliches Signal dürfte ein schönes Gesicht sein. Allerdings sind die Ursachen hier nicht so offensichtlich wie bei den Muskeln. Nach einigem Nachdenken erscheint es geradezu absurd, daß unsere sexuelle und soziale Attraktivität in einem so ungewöhnlich großen Umfang von der Schönheit des Gesichts abhängt. Ein schönes Gesicht, so könnte man argumentieren, sagt nichts über gute Gene, Elternqualitäten oder die Fähigkeit zur Nahrungsbeschaffung aus. Aber das Gesicht reagiert von allen Körperteilen am empfindlichsten auf die Wirkungen von Alter, Krankheit und Verletzungen. Insbesondere in traditionellen Kulturen zeigt deshalb ein vernarbtes oder entstelltes Gesicht, daß die betreffende Person anfällig für schwere Infektionskrankheiten ist, nicht selbst für sich sorgen kann oder Würmer als Parasiten mit sich herumschleppt. Ein schönes Gesicht war demnach ein ehrliches Anzeichen für gute Gesundheit, und fälschen konnte man es erst im 20. Jahrhundert, als die Schönheitschirurgen das Facelifting vervollkommneten.
    Ein letztes ehrliches Signal ist das Körperfett der Frauen. Milchproduktion und Kinderversorgung sind für eine Mutter große Belastungen, und bei Unterernährung bleibt die Milch meist aus. In traditionellen Kulturen, in denen es weder Babynahrung noch domestiziertes Milchvieh gab, war es für einen Säugling tödlich, wenn die Mutter keine Milch produzierte. Deshalb war das Körperfett einer Frau für den Mann ein ehrliches Signal, daß sie in der Lage war, sein Kind großzuziehen. Natürlich dürften die Männer die richtige Fettmenge bevorzugt haben: Zu wenig war möglicherweise ein Zeichen für fehlende Milch, zuviel konnte zu Gehbehinderungen, geringen Leistungen bei der Nahrungsbeschaffung oder einem frühen Tod durch Diabetes führen. Der weibliche
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