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Warum macht Sex Spaß?

Warum macht Sex Spaß?

Titel: Warum macht Sex Spaß?
Autoren: Jared Diamond
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seine Gene möglicherweise an eine größere Zahl von Nachkommen weitergeben. Das durchschnittliche Ejakulat eines Mannes zum Beispiel enthält etwa zweihundert Millionen Samenzellen – oder zumindest etliche Millionen, selbst wenn die Berichte über den Rückgang der Spermienzahl in den letzten Jahrzehnten stimmen. Wenn er während der 280tägigen Schwangerschaft seiner letzten Partnerin alle 28 Tage einmal ejakuliert – eine Häufigkeit, die für die meisten Männer ohne weiteres im Bereich des Möglichen liegt –, würde er genügend Samenzellen produzieren, um die etwa zwei Milliarden geschlechtsreifen Frauen auf der Erde alle zu befruchten – er müßte es nur hinkriegen, daß jede einzelne von ihnen seinen Samen auch erhält. Diese Logik der Evolution veranlaßt so viele Männer, ihre Partnerinnen unmittelbar nach der Besamung zu verlassen und sich der nächsten Frau zuzuwenden. Ein Mann, der sich der Kindererziehung widmet, verbaut sich damit viele andere Möglichkeiten. Ähnliche Prinzipien gelten auch für die Männchen und Weibchen der meisten anderen Tiere mit intrakorporaler Befruchtung. Daß den Männchen diese Alternativen offenstehen, ist einer der Gründe, warum die Brutpflege durch das Weibchen in der Tierwelt vorherrscht.
     
    Der letzte Faktor ist die Sicherheit bezüglich der eigenen Elternschaft. Wer zur Aufzucht eines Embryos oder eines befruchteten Eies Zeit, Mühe und Nährstoffe aufwendet, vergewissert sich besser erst einmal ganz genau, ob es sich auch um die eigenen Nachkommen handelt. Wenn sich herausstellt, daß es die Kinder eines anderen sind, hat man den Evolutionswettstreit verloren. Man hat sich selbst ausgetrickst und gibt die Gene eines Konkurrenten weiter.
     
    Für Frauen und weibliche Tiere mit intrakorporaler Befruchtung entstehen niemals Zweifel an der Mutterschaft. Der Samen gelangt in den Körper des Weibchens, wo sich die Eizelle befindet. Und irgendwann später kommt aus diesem Körper das Baby. Es gibt keine Möglichkeit, daß das Kind in ihrem Körper gegen das einer anderen Mutter ausgetauscht werden könnte. Die Mutter, die sich um das Kind kümmert, befindet sich entwicklungsgeschichtlich auf der sicheren Seite.
     
    Für das Männchen der Säugetiere und anderer intrakorporal befruchteter Arten gibt es keine dementsprechende Sicherheit. Das Männchen weiß zwar, daß sein Samen in den Körper des Weibchens gelangt ist, und einige Zeit später kommt aus dem Körper ein Junges zum Vorschein. Aber woher soll das Männchen wissen, daß das Weibchen nicht in einem unbemerkten Augenblick mit einem anderen Männchen kopuliert hat? Woher soll es wissen, ob sein Samen oder der eines anderen die Eizelle befruchtet hat?
     
    Angesichts dieser unvermeidlichen Unsicherheit gelangen die meisten Säugetiermännchen zu dem entwicklungsgeschichtlichen Schluß, daß sie den Ort des Geschehens am besten sofort nach der Kopulation verlassen, sich weitere Weibchen zum Besamen suchen und auch diese Weibchen mit der Pflege der Nachkommen allein lassen – in der Hoffnung, daß mindestens eines der Weibchen, mit denen sie kopuliert haben, auch von ihnen befruchtet wurde und es schafft, die Nachkommen ohne Hilfe großzuziehen. Elterliche Brutpflege durch das Männchen wäre unter evolutionären Gesichtspunkten ein riskantes Unternehmen.
     
    Aber wir wissen auch aus eigener Erfahrung, daß manche Arten eine Ausnahme von diesem allgemeinen Prinzip der treulosen Väter darstellen. Es gibt drei Sorten von solchen Ausnahmen. Die erste umfaßt die Arten, bei denen die Eizellen extrakorporal befruchtet werden. Das Weibchen legt die noch nicht befruchteten Eier ab, und das Männchen, das sich in der Nähe aufhält oder bereits das Weibchen festhält, gibt seinen Samen dazu; es belegt die Eier sofort mit Beschlag, bevor andere Männchen die Möglichkeit haben, mit ihrem Samen das Bild zu trüben, und anschließend kümmert es sich um die Eier und ist sich seiner Vaterschaft völlig sicher. Diese Evolutionslogik hat die Männchen mancher Fisch- und Froscharten so programmiert, daß sie nach der Befruchtung die Rolle des alleinerziehenden Vaters übernehmen. Das Männchen der Geburtshelferkröte zum Beispiel bewacht die Eier, indem es sie um seine Hinterbeine wickelt; der männliche Glasfrosch steht schützend über den Eiern in den Pflanzen über einem Wasserlauf, in den die geschlüpften Kaulquappen hineinfallen können; und das Stichlingsmännchen baut ein Nest, in dem es die Eier vor
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