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Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?

Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?

Titel: Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?
Autoren: Richard David Precht
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einem Brief von der Front schildert er seinen Zustand: » Meine Kleidung ist von Kugeln durchlöchert. Zwei Pferde wurden mir unter dem Leib erschossen, mein Unglück ist, dass ich noch am Leben bin. Unsere Niederlage ist enorm. Von einer Armee von 48 000 Mann habe ich keine dreitausend mehr. Indem ich dies schreibe, flieht alles, und ich bin nicht mehr Herr meiner Leute. Das ist ein grausamer Rückschlag, ich werde ihn nicht überleben. Ich habe keine Reserve mehr, und, um nicht zu lügen, ich glaube, dass alles verloren ist. Ich werde den Untergang meines Vaterlandes nicht überleben. Adieu für immer! Friedrich.«
    Nur mit großem Glück gelang es Friedrich, das Blatt noch einmal zu wenden. Am Ende des Siebenjährigen Krieges stand Preußen besser da als vor dem Krieg. Aber der König hatte sich sehr verändert. Er, der einst die Künste und die Schönheit geliebt hatte, war ein schwer zugänglicher, eigensinniger Mann geworden. Seine Gesundheit war durch den Krieg stark angegriffen. Und sein sorgendurchfurchtes Gesicht zeigte kaum noch ein Lächeln. Seine Zeitgenossen nannten ihn nur noch den » Alten Fritz«.
    Statt mit Menschen umgab sich der König lieber mit seinen Hunden. Auch das Schloss ließ er verkommen. Er gönnte es keinem Nachfolger und legte fest, dass es nur zu seinen Lebzeiten bestehen bleiben sollte. Im Sommer 1786 starb Friedrich im Alter von 74 Jahren. Doch der letzte Wunsch des Königs wurde nicht erfüllt. Kein Philosophenbegräbnis und auch kein letzter Blick über den Garten von Sanssouci!
    Sein Nachfolger Friedrich Wilhelm II . hielt nicht viel von philosophischer Romantik. Er ließ Friedrich in der Garnisonskirche von Potsdam beisetzen. Seite an Seite ausgerechnet mit seinem ungeliebten Vater.
    Aber die Geschichte ist damit noch nicht zu Ende. Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Särge der Preußenkönige aus der Kirche geholt, um sie vor Bomben zu schützen. 160 Jahre nach Friedrichs Tod kam der Sarg zuerst in einen Bunker, dann in den tiefen Schacht eines Salzbergwerks und im Jahr 1952 auf die Burg Hohenzollern. Fast vierzig Jahre ruhte der König dort in einer Kapelle. Es schien für die Ewigkeit, denn Sanssouci lag mittlerweile auf dem Gebiet der DDR .
    Erst nach der Vereinigung von Bundesrepublik und DDR konnte Friedrichs letzter Wille endlich erfüllt werden. Man brachte den Sarg des Königs nach Potsdam und versenkte ihn in der vorherbestimmten Gruft auf der Terrasse des Weinbergs. Wie hatte Friedrich als junger Mann, bei Baubeginn seiner Grabstätte, einmal gesagt? » Wenn ich da sein werde, werde ich ohne Sorge sein.«
    Inzwischen sind wir am Grab des Königs angekommen. Versonnen schaut Oskar auf die einfache Grabplatte im Rasen, auf der nichts weiter steht als der Name des Königs.
Was denkst du über Friedrich den Großen?
Es war schnell, wie er sich nach dem Krieg verändert hat.
Warum meinst du, hat er sich so verändert?
Weil er so viel Brutales gesehen hat.
Nur gesehen? Wer hat denn den Siebenjährigen Krieg angefangen?
Er selber!
Kannst du dir vorstellen, was das für ein Gefühl sein muss? Schuld am Tod so vieler Menschen zu sein?
Ich will nicht gerne so ein Gefühl haben.
Dabei wollte der König doch eigentlich ein sorgenfreies Leben haben. Wenn ich dich jetzt frage: Warum hatte der König Sorgen? Was würdest du dann sagen?
Er hatte Sorgen, den Krieg zu verlieren und dass seine Leute alle sterben. Das Leben war nicht sorgenfrei für ihn.
Die Sorgen fingen ja nicht erst durch die Kriege an, die der König geführt hat. Denk doch mal an seine Kindheit und an seine Jugend. Sein Vater hat ihn mehrfach verprügelt. Und sein bester Freund wurde vor seinen Augen hingerichtet, weil er Friedrich nicht verpetzt hatte.
Das ist schrecklich. Das hat ihn kaputt gemacht ganz tief innendrin.
Das glaube ich auch, Oskar. Wer viele schreckliche Dinge erlebt, der wird sie nie mehr ganz los. Denk mal an das, was wir über die verschlossene Schublade in unserem Kopf gelernt haben. Aber wie ist das bei dir? Machst du dir auch manchmal Sorgen?
Wegen der Schule, manchmal. Aber ich versuche Sorgen eher aus meinem Kopf auszuschließen.
Dann frage ich mal umgekehrt: Bist du immer glücklich?
Nein, nicht immer.
Warum nicht?
Weil ich auf unserer Reise im Sommer Heimweh hatte.
Kennst du jemanden, der immer glücklich ist?
Nein.
Warum meinst du, ist niemand immer glücklich?
Jeder hat mal Sorgen, Papa. Und dann ist man manchmal unglücklich. Das ist nun mal so.
Warum ist das so?
Weil jeder
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