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Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin

Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin
Autoren: Theodor Fontane , Gotthard Erler , Rudolf Mingau
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Form etwa so: [Image: Odins-Wagen]
    Was nun diesem ohnehin interessanten Gegenstande noch eine besondere Bedeutung leiht, das sind die sechs Vögel, die auf Deichsel und Deichselgabel sitzen, und zwar auf den von mir mit a bezeichneten Stellen. Verschiedene gelehrte Kenner auf dem Gebiete germanischer Altertumskunde: Jacob Grimm, Lisch, W. Schwartz, Kirchner, Rosenberg, haben festzustellen gesucht, erst, welcher Art diese Vögel seien, dann, welche Bedeutung sie haben möchten – sind aber weder vor sich selbst zu einer Gewißheit noch untereinander zu einer Einigung gelangt. Jacob Grimm, in einer Zuschrift an die »Mecklenburgischen Jahrbücher«, bezeichnet sie in erster Reihe als Gänse , in zweiter als Schwäne; Lisch hebt hervor, daß es möglicherweise Raben oder aber Nachbildungen jener kleinen, in Dänemark und Island vorkommenden Wasservögel seien, die dort den Namen Odens fugl, Odins-Vögel, führen. Ich meine, es können nur Gänse sein. Noch größer freilich ist die Ähnlichkeit mit jenen wilden Enten , die so oft in Scharen die nordischen Gewässer bedecken.
    Der Wagen selbst, darin ist den betreffenden Auslassungen zuzustimmen, kann unmöglich einem technischen Zwecke gedient haben. Kirchner vermutet in ihm einen Wa g en Thors , der, bei dem Kultus dieses Gottes, in Priesterhand seine Verwendung fand; Lisch bezeichnet ihn als ein Symbol beziehungsweis als ein Attribut Wodans oder Odins. Er hebt dabei hervor: »Wir lesen nicht nur von den Wanderungen Odins, sondern auch von seinem Wagen , seinem Weg und Geleit.«
    Diese Mitteilungen mögen hier genügen. Was indessen auch die Meinung dieses Attributes gewesen sein möge, der Wagen selbst, der wenigstens in dieser Ausrüstung einzig dasteht 3) , ist nicht nur ein Schatz der Ruppiner Sammlung, sondern macht auch diese selbst wieder zu einem von der Wissenschaft zu beachtenden Gegenstande.
    Das Hauptgewicht freilich ist auf die Bedeutung zu legen, die die Schule selbst , als geistiger Mittelpunkt einer ganz bestimmten Lokalität, aus dieser Sammlung gewinnt. Ebenso wie bei der oben geschilderten Portraitgalerie liegt auch hier, in dieser Kollektion von Altertümern, etwas Anregendes darin , daß alles Beste, was die Sammlung bietet, entweder in dem immerhin engen Kreise der heimatlichen Provinz oder sogar in dem allerengsten der Grafschaft selbst gefunden ist. Eine Streitaxt wie die vorstehend geschilderte ist allerorten interessant, aber sie ist es doppelt und dreifach, wenn sie auf dem Acker meines Gutsnachbarn ausgegraben wurde. Genau dies ist es, was die sonst tote Landschaft, den Elsengrund und das Torfmoor belebt und auch in den ödesten Heidestrich eine Welt voll Leben zaubert.
    Es braucht kaum versichert zu werden, daß sich Torf und Sand nicht darauf kapriziert haben, eine Aufbewahrungsstätte für Raritäten aus den Zeiten Odins zu sein. Auch Späteres ist in diesen Torfboden versenkt worden, und auch von diesem Späteren birgt die Ruppiner Sammlung einiges von Interesse. Nur zweier dieser Gegenstände sei hier erwähnt: eines Hakens (zum Ziehen der Ackerfurche) von Eichenholz und einer eisernen sogenannten Götz-Hand .
    Der Haken von Eichenholz, vier Fuß fünf Zoll lang, wurde bei Entwässerung eines drei Morgen großen Pfuhls in der Nähe des Dorfes Dabergotz gefunden. Der Boden bestand oben aus einer drei bis fünf Fuß tiefen Torflage, dann Ton, dann Humus, dann Kalk, dann Kiesgrund. Zwischen der Kalk- und Kieslage, im ganzen etwa zehn Fuß tief unter der Oberfläche, ward im November 1822 der Haken gefunden, einige Wochen später auch das noch fehlende Stück, das seinerzeit augenscheinlich die Stelle des Hakeneisens vertreten hatte, da es sich schaufelförmig und aus härtrem Holze gearbeitet erwies. Welcher Zeit dieses primitive Ackergerät angehört, dürfte schwer festzustellen sein. 4)
    Die Götz-Hand ist wohl mindestens ein halbes Jahrtausend jünger. Sie ward im Februar 1836 bei der Schiffbarmachung des Rhins innerhalb der Stadt Alt Ruppin, dicht neben der langen Brücke, gefunden. Diese eiserne Hand ist zum Festschnallen am linken Arm eingerichtet und hat, der Maschinerie nach, wahrscheinlich zur Führung des Zügels mit der Linken gedient. Der Rost hat an einzelnen Stellen das Innere offengelegt, und man sieht mit Hilfe dieser Öffnungen die kleinen Räder des Mechanismus, der sich in seiner Gesamtheit gut genug erhalten hat, um auch jetzt noch die gekrümmten und beweglichen Finger in jede beliebige Stellung bringen und in
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