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Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin

Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin
Autoren: Theodor Fontane , Gotthard Erler , Rudolf Mingau
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liegen, und diese sich halb verbergenden Stellen auch an dem jungen Schweine ausfindig zu machen und dabei dem andern zuvorzukommen, das war nun die Aufgabe. Natürlich wäre ich, als ein Neuling und Uneingeweihter, jämmerlich damit gescheitert, wenn nicht die Liebenswürdigkeit des Wirts sich meiner erbarmt hätte. Da ist mir denn erst klargeworden, was Schweinebraten heißt. Und dazu die Tüten und die Thymiansträuße und das Kulmbacher Bier (denn es war in der Kulmbacher Gegend), das immer frisch gereicht wurde – ja, hören Sie, da kann der ›Halbe Mond‹ in Eisenach oder das ›Zehnpfund-Hotel‹ in Thale nicht gegen an, und Sie haben schon ganz recht, wenn Sie sagen, ›nicht bloß das Gesunde, sondern recht eigentlich auch das Feine, das hat man bloß bei den Naturgerichten‹. Und wirklich, die was davon verstehen, die haben auch immer so gedacht, obenan Friedrich Wilhelm I., der durchaus für Weißkohl und Hammelfleisch war. Kaiser Wilhelm soll auch den Tag gesegnet haben, wo er Brühkartoffeln kennenlernte, vom seligen Goethe gar nicht erst zu reden. Sie wissen, daß ich die Teltower Rüben meine.«
    Das war so ein in Worten gemaltes Gentzsches Bild, und wenn ich auch für den Wortlaut der Geschichte nicht mehr einstehen kann, so weiß ich doch, die Hauptsache richtig wiedergegeben zu haben.
    Und so verliefen Gentzsche Geschichten überhaupt, nur daß die allerechtesten doch noch einen Beisatz von feinem Spott und sozusagen liebevoller Ausmalung menschlicher Schwächen zu haben pflegten. Eine derartig eulenspiegelsch gefärbte Geschichte möchte ich, als zweite Gentziade, hier noch erzählen, und zwar, wie ich zur Beruhigung der Leser gleich hinzusetzen will, auch als letzte.
    »... Nun denn, der sogenannte Marine-Krause (reizender Lebemann und tüchtiger Künstler) war auch Lehrer an der Akademie. Kunsthändler Rudolf Lepke kaufte viel von ihm. Eines Tages hielt Krause wieder seine Klasse und ging eben von Platz zu Platz, als ein allen älteren Malern und natürlich auch allen Akademieschülern wohlbekannter Diener Lepkes eintrat, ein Bild unterm Arm. Krause sah sofort, daß es ein Bild von ihm selber war.
    ›Nun, Zühlke, was gibt es?‹
    ›Ja, Herr Professor...‹ Und Zühlke sah verlegen auf die jungen Akademiker.
    ›Na, man raus.‹
    ›Ja, Herr Professor, Herr Lepke schickt Ihnen das Bild wieder... Sie hätten alle wieder rote Jacken an... Und rote Jacken, die wollte keiner mehr, die hätten die Leute jetzt über... Er sagte, Sie müßten ihnen andere Jacken anziehen, Herr Professor; anders ging es nicht.‹
    Krause verfärbte sich und rang anscheinend nach Luft. Endlich hatte er sich seine Rolle zurechtgelegt und fuhr nun los, indem er den Berserker ganz kunstgerecht spielte. ›Zühlke, raus. Was soll das heißen? Lepke ist verrückt geworden. Raus, sag ich.‹ Und während Zühlke ging, tobte Krause vor seinen Schülern immer noch weiter und stürzte schließlich dem armen Zühlke nach, vor sich hin brummend, daß er dem Kerl noch ein paar ordentliche Redensarten an den Kopf schmeißen müsse. Dabei warf er die Klassentür forsch zu und sah nun auch wirklich den Korridor hinunter. Da ging Zühlke noch, das Bild unterm Arm.
    ›Zühlke!‹
    ›Herr Professor...‹
    ›Zühlke, kommen Sie noch mal her. Wissen Sie was, stellen Sie das Bild da hinter die Tür, aber so, daß die Jungens es nicht sehen, wenn sie rausstürzen, und sagen Sie Lepken, ich würde den Kerls andere Jacken anziehen. Und grüßen Sie Lepken. Er ist doch wohl?‹
    ›Ganz wohl, Herr Professor.‹
    ›Na, denn is es gut.‹
    Und sofort die Wutmiene wieder aufsetzend, trat er in den Klassensaal zurück, um noch einiges über den unverschämten Kerl zu sagen.«
    So Gentz in seiner zweiten, echtesten Geschichte, die mir, neben anderem, auch dadurch unvergeßlich geblieben ist, daß er (wir sprachen gerade von einem durch »Schneidigkeit« sich auszeichnenden Künstler) schmunzelnd hinzusetzte: »Und sehen Sie, so ist der nu gerade auch.« Und wer wollte es bezweifeln, daß er zu solchem Ausspruch ein Recht hatte! Gibt es doch nur ganz wenig Menschen, die frei von solcher Komödianterei sind; andere, die sich wohl frei davon machen möchten, können's nicht, weil sie's von Geschäfts wegen nicht dürfen.
    Verbleibt uns, zum Schluß, noch ein Wort über W. Gentz den Maler . Auch hier wieder können wir seinen eigenen Aufzeichnungen folgen.
    »... Ich bin der Ansicht«, so schreibt er, »daß die Kunst modern, das heißt
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