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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten
Autoren: Henning Mankell
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erzählen?«
    Wallander schüttelte resigniert den Kopf. Die Situation erschien ihm plötzlich so widerwärtig, dass er nicht wusste, wie er damit umgehen sollte. Er hätte aus der Haut fahren sollen. Aber er schaffte es nicht.
    »Ich bin gekommen, weil ich die Wahrheit gefunden habe. Und die Wahrheit ist, dass Louise meilenweit davon entfernt war, Spionage gegen Schweden zu betreiben. Ich hättees viel früher begreifen sollen. Aber ich habe mich täuschen lassen.«
    »Wer hat dich getäuscht?«
    »Ich mich selbst. Ich bin wie alle anderen von der Meinung verführt worden, dass der Feind immer aus dem Osten kommt. Aber wer mich am meisten getäuscht hat, das warst du. Der wirkliche Spion.«
    Immer noch das gleiche ausdruckslose Gesicht, dachte Wallander. Aber wie lange noch?
    »Ich soll ein Spion sein?«
    »Ja!«
    »Ich soll für die Sowjetunion oder Russland spioniert haben? Du musst wahnsinnig sein!«
    »Ich habe nichts von Russland oder der alten Sowjetunion gesagt. Ich habe gesagt, dass du ein Spion bist. Im Dienst der USA. Und zwar seit vielen Jahren, Håkan. Wie lange du das Spiel getrieben hast und wie alles anfing, das kannst nur du beantworten. Auch deine Motive sind mir nicht bekannt. Nicht du hast Louise verdächtigt. Sie war es, die dich im Verdacht hatte, ein Agent für die Amerikaner zu sein. Das war am Ende der Grund für ihren Tod.«
    »Ich habe Louise nicht getötet!«
    Der erste Riss, dachte Wallander. Håkans Stimme wird schrill. Er fängt an, sich zu verteidigen.
    »Das glaube ich auch nicht. Das haben andere erledigt. Vielleicht hat George Talboth dir geholfen? Aber sie starb, damit du nicht enttarnt wurdest.«
    »Diese absurden Behauptungen kannst du nicht beweisen.«
    »Das ist richtig«, sagte Wallander. »Ich kann es nicht. Aber es gibt andere, die es können. Ich weiß genug, um die Polizei und das Militär zu veranlassen, das Geschehene aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Der Spion, den man so lange in den Streitkräften vermutete, war keine Frau. Es war ein Mann. Der nicht zögerte, sich hinter seiner Frau zuverstecken und sich damit den perfekten Deckmantel umzuhängen. Alle waren auf der Suche nach einem russischen Spion, einer Frau. Während sie nach einem Mann hätten suchen sollen, der für die USA spionierte. Keiner bedachte die Möglichkeit, alle waren darauf fixiert, Feinde im Osten zu suchen. So ist es in meinem ganzen Leben gewesen, die Bedrohung kommt aus dem Osten. Dass jemand auch nur auf die Idee kommen könnte, Landesverrat in die andere Richtung zu betreiben, für die USA, hat keiner sehen wollen. Diejenigen, die vor so etwas warnten, waren einsame Rufer in der Wüste. Man kann natürlich entgegnen, die USA hätten sowieso Zugang zu allem gehabt, was sie über unsere Streitkräfte wissen wollten. Doch so war es nicht. Die Nato und die USA benötigten spezifische Informationen über die schwedischen Streitkräfte und zugleich auch Wissen darüber, wie viel wir über bestimmte militärische Dispositionen der Russen wussten.«
    Wallander hielt inne. Håkan von Enke sah ihn mit unverändert ausdruckslosem Gesicht an.
    »Du hast dir eine perfekte Tarnung verschafft, als du dich in der Marine unbeliebt machtest«, fuhr Wallander fort. »Du hast dagegen protestiert, dass man die russischen U-Boote, die bei der Verletzung schwedischer Hoheitsgewässer ertappt wurden, davonkommen ließ. Du stelltest so viele Fragen, dass man dich als übertrieben fanatischen Gegner Russlands ansah. Gleichzeitig konntest du die USA kritisieren, wenn es gerade passte. Aber natürlich wusstest du, dass es U-Boote der Nato waren, die sich damals in unseren Gewässern verbargen. Du hast ein Spiel gespielt, und du hast es gewonnen. Gegen alle. Außer möglicherweise gegen deine Frau, die Verdacht schöpfte, dass vielleicht nicht alles mit rechten Dingen zuging. Warum du hierhergekommen bist, weiß ich nicht. Vielleicht haben deine Arbeitgeber es dir befohlen? War es einer von ihnen, der an jenem Abend, als du deinen Geburtstag feiertest, in Djursholm vor demZaun stand und rauchte? Um dir eine abgesprochene Warnung zu geben? Seit langer Zeit war diese Jagdhütte ausersehen als der Ort, an den du dich zurückziehen konntest. Die Jagdhütte, von der du durch Eskil Lundbergs Vater wusstest, der dir nur zu gern behilflich war. Hattest du doch dafür gesorgt, dass er für zerstörte Stege und zerrissene Netze Schadensersatz erhielt. Der Mann, der auch nie ein Wort nach außen dringen ließ über die
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