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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau
Autoren: Henning Mankell
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Rückseite, falls sie versucht abzuhauen.«
    »Was ist, wenn sie mich angreift? Dann muß ich schießen.«
    »Ich werde verhindern, daß das geschieht. Ich bin da.«
    Er lief zum Wagen und fuhr so schnell wie möglich zum Feldweg, der zur Rückseite des Hügels führte. Er wagte jedoch nicht, bis ganz ans Ende zu fahren. Er kam aus der Puste vom schnellen Laufen. Es dauerte länger, als er geglaubt hatte. Auf dem Feldweg stand ein Wagen. Auch ein Golf, aber schwarz. Das Telefon in Wallanders Jackentasche piepte. Er hielt im Laufen inne. Es konnte Ann-Britt Höglund sein. Er meldete sich und lief weiter den Feldweg entlang.
    Es war Svedberg. »Wo bist du denn? Was zum Teufel ist eigentlich los?«
    »Ich kann dir das jetzt nicht erklären. Aber wir sind auf Holger Erikssons Hof. Es wäre gut, wenn du kämst und noch jemand. Hamrén zum Beispiel. Ich kann jetzt nicht mehr reden.«
    »Ich rufe an, weil ich dich was fragen soll«, sagte Svedberg. »Hansson hat sich aus Hässleholm gemeldet. Ihm und Martinsson geht es besser. Martinsson ist jedenfalls wieder zu sich gekommen. Aber Hansson wollte wissen, ob du seine Pistole mitgenommen hast.«
    Wallander blieb wie vom Schlag gerührt stehen. »Seine Pistole?«
    »Er sagte, sie wäre weg.«
    »Ich hab sie nicht.«
    »Sie kann ja wohl kaum auf dem Bahnsteig liegengeblieben sein.«
    Im selben Augenblick wußte Wallander Bescheid. Er sah die Szene ganz klar vor sich:
Sie hatte Hansson an der Jacke gepackt und ihm mit aller Kraft das Knie in den Schritt gestoßen. Dann hatte sie sich hastig über ihn gebeugt. Da hatte sie die Pistole genommen.
    »Scheiße!« rief Wallander.
    Bevor Svedberg antworten konnte, hatte er das Gespräch abgebrochen und das Telefon in die Tasche gesteckt. Er hatte Ann-Britt |538| Höglund in Lebensgefahr gebracht. Wallander lief. Das Herz hämmerte in seiner Brust. Zwanzig Minuten waren vergangen – sie mußte auf dem Pfad sein. Er blieb stehen und wählte die Nummer ihres Mobiltelefons. Er bekam keinen Kontakt, sie hatte das Telefon im Wagen gelassen.
    Er lief weiter. Seine einzige Chance war, daß er als erster ankam. Ann-Britt Höglund wußte nicht, daß Yvonne Ander bewaffnet war.
    Die Angst zwang ihn, noch schneller zu laufen. Er war auf der Rückseite des Hügels. Sie mußte jetzt beim Graben sein.
Geh langsam
, dachte er.
Fall hin, rutsch aus, was auch immer. Aber beeil dich nicht. Geh langsam.
Er hatte die Pistole gezogen und stolperte und krabbelte an der Rückseite des Turms den Hügel hinauf. Als er oben ankam, sah er, daß sie schon am Graben war. Sie hatte ihre Pistole in der Hand. Die Frau auf dem Turm hatte ihn noch nicht bemerkt. Er rief geradewegs in die Luft hinaus, daß sie bewaffnet war, daß Ann-Britt Höglund weglaufen solle.
    Gleichzeitig richtete er seine Pistole auf die Frau auf dem Turm, die ihm den Rücken zugewandt hatte.
    Im selben Augenblick knallte ein Schuß. Wallander sah, wie Ann-Britt Höglund zusammenzuckte und rückwärts in den Lehm fiel. Es war, als habe jemand ein Schwert durch seinen eigenen Körper gestoßen. Er starrte auf den reglosen Körper im Lehm und ahnte nur, daß die Frau auf dem Turm sich blitzschnell umgedreht hatte. Er warf sich zur Seite und begann, auf den Turm zu schießen. Der dritte Schuß traf. Sie zuckte zusammen und ließ Hanssons Pistole fallen. Wallander rannte am Turm vorbei in den Lehm. Er rutschte in den Graben und kletterte auf der anderen Seite hoch. Als er Ann-Britt Höglund da sah, auf dem Rücken im Lehm liegend, dachte er, daß sie tot sei. Sie war mit Hanssons Pistole getötet worden, und alles war sein Fehler.
    Für einen kurzen Augenblick sah er keinen anderen Ausweg, als sich selbst zu erschießen. Genau da, wo er stand, ein paar Meter neben ihr.
    Dann merkte er, daß sie sich schwach bewegte. Er fiel neben ihr auf die Knie. Die ganze Vorderseite ihrer Jacke war blutig. Sie war sehr blaß und starrte ihn mit angstvollen Augen an.
    |539| »Es wird gut«, sagte er. »Es wird gut.«
    »Sie war bewaffnet«, murmelte sie. »Warum haben wir das nicht gewußt?«
    Wallander merkte, wie ihm die Tränen übers Gesicht liefen. Dann telefonierte er nach einem Krankenwagen.
    Später erinnerte er sich, daß er, während er wartete, ein ununterbrochenes und wirres Gebet an einen Gott gerichtet hatte, an den er eigentlich nicht glaubte. Wie durch einen Nebelschleier nahm er wahr, daß Svedberg und Hamrén kamen. Kurz danach wurde Ann-Britt Höglund auf einer Trage fortgebracht. Wallander
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