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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte
Autoren: Henning Mankell
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mußte er sein. Geronimo hatte ihn nicht im Stich gelassen. Er hatte ihm geholfen, das Untier in seiner Höhle aufzuspüren. Er brauchte nicht weiter zu suchen. Das kalte Dunkel, das in das Bewußtsein seiner Schwester eingedrungen war, würde bald verschwunden sein. Er ging zu ihr zurück und sagte ihr, sie solle eine Weile dort sitzen bleiben, ganz still und leise. Er würde bald wieder bei ihr sein. Danach ging er in die Garage. Dort standen ein paar Farbdosen. Vorsichtig öffnete er zwei davon. Mit der Fingerspitze zog er einen Strich über seine Stirn. Einen roten Strich, danach einen schwarzen. Die Axt hatte er bei sich. Dann zog er die Schuhe aus. Als er gehen wollte, kam ihm ein Gedanke. Er hielt wieder den Atem an. Das hatte er von Geronimo gelernt. Wenn man Luft in die Lungen preßte, wurden die Gedanken klarer. Er fand seinen Gedanken gut. Es würde alles erleichtern. Schon heute nacht würde er die letzten Skalpe vor dem Krankenhausfenster vergraben, wo die anderen bereits lagen. Als letztes würde er ein Herz vergraben. Dann würde alles vorüber sein. In die letzte Grube würde er seine Waffen legen. Er schloß die Hand fest um die Axt und ging zu dem Haus, in dem sich der Mann befand, den er jetzt töten würde.
     
    *
     
    |486| Um halb sieben machte Wallander Hansson, der gemeinsam mit Per Åkeson offiziell die Verantwortung trug, den Vorschlag, Leute nach Hause zu schicken. Alle waren erschöpft. Warten konnten sie ebensogut zu Hause. Aber sie sollten den Abend und die Nacht über erreichbar sein.
    »Wer soll bleiben?« fragte Hansson.
    »Ekholm und Ann-Britt«, sagte Wallander. »Und noch einer. Such den aus, der noch am frischesten ist.«
    »Wer sollte das wohl sein?« gab Hansson verblüfft zurück.
    Wallander antwortete nicht. Schließlich blieben sowohl Ludwigsson als auch Hamrén.
    Sie rückten an einer Ecke des Tischs zusammen, statt sich, wie es zu erwarten gewesen wäre, zu zerstreuen.
    »Verstecke«, sagte Wallander. »Welche Anforderungen muß man an eine geheime und möglichst uneinnehmbare Festung haben? Welche Forderungen stellt ein Geisteskranker, der sich in einen einsamen Krieger verwandelt hat?«
    »Ich glaube in diesem Fall, daß seine Planung geplatzt ist«, meinte Ekholm. »Sonst wären sie wohl in dem Keller geblieben.«
    »Kluge Tiere graben mehrere Ausgänge«, sagte Ludwigsson nachdenklich.
    »Du meinst, er hat vielleicht ein Versteck in Reserve?«
    »Vielleicht. Und vermutlich liegt das auch irgendwo in Malmö.«
    Die Diskussion verebbte. Keiner sagte etwas. Hamrén gähnte. Irgendwo klingelte ein Telefon. Kurz darauf stand jemand in der Tür und sagte, Wallander werde verlangt. Er erhob sich langsam, viel zu müde, um nachzufragen, wer es war. Der Gedanke, es könnte Baiba sein, kam ihm erst, als er bereits mit dem Hörer in der Hand in seinem Zimmer saß, aber da war es zu spät. Es war nicht Baiba, sondern ein Mann, der mit undeutlicher Stimme sprach.
    »Wer ist denn da?« fragte Wallander entnervt.
    »Hans Logård.«
    Wallander fiel fast der Hörer aus der Hand.
    »Ich muß Sie treffen. Sofort.«
    Seine Stimme klang eigentümlich gepreßt, als forme er die |487| Worte mit äußerster Mühe. Wallander fragte sich, ob er wohl unter Drogen stand. »Wo sind Sie?«
    »Erst will ich eine Garantie, daß Sie kommen. Allein.«
    »Die kriegen Sie nicht. Sie haben versucht, Sjösten und mich zu töten.«
    »Sie müssen kommen, verdammt!«
    Die letzten Worte klangen fast wie ein Schrei. Wallander kamen Bedenken. »Was wollen Sie?«
    »Ich kann Ihnen sagen, wo Stefan Fredman sich befindet. Und seine Schwester.«
    »Und wie kann ich sicher sein, daß das stimmt?«
    »Das können Sie nicht. Aber Sie sollten mir glauben.«
    »Ich komme. Sie erzählen mir, was Sie wissen. Und dann nehmen wir Sie fest.«
    »Ja.«
    »Wo sind Sie?«
    »Kommen Sie?«
    »Ja.«
    »In Gustaf Wetterstedts Haus.«
    Auf diese Möglichkeit hätte er kommen können, schoß es Wallander durch den Kopf. »Sie sind bewaffnet«, sagte er.
    »Das Auto steht in der Garage. Die Pistole liegt im Handschuhfach. Ich lasse die Tür zum Haus offen. Sie sehen mich, wenn Sie ins Haus kommen. Ich halte meine Hände so, daß Sie sie sehen können.«
    »Ich komme.«
    »Allein?«
    »Ja.«
    Wallander legte auf. Überlegte fieberhaft. Er hatte keineswegs die Absicht, allein zu gehen. Aber er wollte auch nicht, daß Hansson anfing, eine riesige Einsatztruppe zu mobilisieren. Ann-Britt und Svedberg, dachte er. Aber Svedberg war zu
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