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Walküre

Walküre

Titel: Walküre
Autoren: Craig Russell
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und überprüfte das Dachgeschoss. Auf den ersten Blick war nichts zu entdecken: kein Waffenlager, keine Aktentasche voller Devisen und Pässe, nichts von der Ausrüstung einer Berufsmörderin. Wie Georg Dreschers Apartment machte auch dieses Gebäude einen unbewohnten Eindruck. Alles hier war wertvoll und geschmackvoll, doch man wurde eher an ein Hotelzimmer als an ein Zuhause erinnert.
    »Das ist ein Ox-Chair von Hans J. Wegner«, sagte Karin Vestergaard.
    »Dänisch?«
    »Sehr dänisch. Und äußerst teuer.«
    »Es ist nicht hier«, schrie Fabel, um den Alarm zu übertönen. »Der Grund, warum sie zurückgekehrt ist, hat nichts mit diesem Haus zu tun. Ich verstehe es einfach nicht.«
    »Vielleicht ein Autowechsel?«, mutmaßte Vestergaard. Der Alarm verstummte, und sie steckten ihre Waffen wieder ins Halfter.
    »Mag sein«, sagte Fabel. »Dann ist sie längst verschwunden. Aber sie weiß, dass wir diese Adresse kennen. Und ich glaube nicht, dass sie es riskieren würde, wegen eines Autos zurückzukommen, das ebenfalls unter dieser Anschrift gemeldet ist.«
    Er hörte, wie draußen Fahrzeuge anhielten. Drei Schutzpolizisten trafen zusammen mit einem Mann im Arbeitsanzug ein. Fabel teilte ihnen mit, dass sich der Alarm von selbst ausgeschaltet hatte und dass das Spurensicherungsteam unterwegs sei.
    »Sie glauben also, dass Anke Wollner noch in Blankenese ist?«, kehrte van Heiden zum Thema zurück.
    »Wenn sie zu Fuß hierhergekommen ist, nachdem sie den Wagen abgestellt hat, muss sie hier noch irgendetwas wollen.« Fabel trat auf den uniformierten Kommissar zu, der mit dem Techniker eingetroffen war. »Sind Sie vom PK26 in Osdorf?«
    »Ja, Herr Hauptkommissar.«
    »Fordern Sie bitte beim Kommissariat so viele Leute wie möglich an, die uns hier sofort unterstützen. Wir suchen eine Frau namens Anke Wollner, die unter dem Tarnnamen Jana Eigen in diesem Haus gewohnt hat.«
    Schock spiegelte sich im Gesicht des jungen Kommissars wider. »Mein Gott – Sie meinen die Person, die unsere Kollegen im Stadtzentrum ermordet hat? Könnte sie sich noch hier in der Gegend aufhalten?«
    »Rufen Sie einfach in Osdorf an und holen Sie die Leute her.« Er wandte sich an Karin Vestergaard und van Heiden. »Aus welchem Grund ist sie zurückgekehrt? Ich weiß, dass ich mich wiederhole, aber es ist unsinnig. Wir dürfen annehmen, dass sie mehrere andere Identitäten zur Verfügung hat, und es ist uns nicht gelungen, sie am Tatort festzuhalten. Vermutlich könnte sie spurlos verschwinden. Inzwischen muss sie sich denken können, dass Georg Drescher etwas zugestoßen ist.« Fabel erstarrte. »Sie haben ihn geopfert...«
    »Wie bitte?«, fragte van Heiden.
    »Einen Moment...« Fabel rief das Präsidium per Handy an, um sich mit Hans Gessler verbinden zu lassen.
    »Er hat Feierabend«, sagte der diensthabende Beamte.
    »Dann stellen Sie mich zu seinem Handy durch.«
    Während Fabel wartete, legte er die Hand vor die Muschel, um mit van Heiden und Vestergaard zu sprechen. »Sie haben Drescher geopfert. Es war Gina Bransted, die die Walküre in all den Jahren angeheuert hat. Drescher wusste genug über Bransted, um sie für den Rest ihres Lebens ins Gefängnis zu schicken. Das war seine Altersversorgung. Als Bransted Leute wie Westland, Claasens und Lensch, die ihr unbequem geworden waren, aus dem Weg räumen ließ, plante sie bereits, auch Frolow und Drescher zu beseitigen. Sie setzte die andere Walküre, die geisteskranke Margarethe Paulus, für den Mord an Drescher ein und stellte ihr das erforderliche Geld und die nötigen Hilfsmittel zur Verfügung. Aber sie beteiligte sich nie direkt...« Er hob die Hand und widmete sich wieder seinem Mobiltelefon.
    »Hallo, Hans? Hier ist Fabel ... Du hattest doch erwähnt, wo Svend Langstrup wohnt?«
    »Was? Oh ... in Blankenese.«
    »Hast du die Adresse?«
    »Ich glaube, kurz hinter dem Strandweg. Einen Augenblick ...« Ein paar Sekunden später gab Gessler die Adresse durch.
    »Sie ist hier, um Svend Langstrup umzubringen«, sagte Fabel, nachdem er sein Handy zugeklappt hatte. »Und dann wird sie sich Gina Bransted vornehmen.«
     
7.
    Langstrup brachte den Wein ins Wohnzimmer. Anke saß auf dem Teppich vor dem Kamin und blickte in die Flammen. Das Glühen des Feuers betonte den perfekten Bogen ihrer Wange und ihres Kiefers und ließ das Hellblond ihrer Haare golden schimmern.
    »Haben Sie sich aufgewärmt?«
    »Mmm«, murmelte sie behaglich, trotz des unablässigen Stechens in ihrer Beinwunde.
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