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Waldstadt

Waldstadt

Titel: Waldstadt
Autoren: B Leix
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wohn in der Kirchfeldsiedlung und fahr immer mit dem Rad ins G’schäft.« Bereitwillig gab er eine Speichelprobe ab, der Vergleich verlief jedoch negativ.
    »Der hatte wirklich eine frappierende Ähnlichkeit mit Bild 3, aber der DNA-Test war eindeutig: keine Übereinstimmung«, meldete KTU-Chef Willms beim folgenden Meeting.
    »Schade«, frotzelte Jan Sternberg, »einem Gärtner traut man doch allerhand zu.«
    »Wenigstens wieder einer weniger auf der Phantomliste«, meinte Wellmann. »Jetzt sind es nur noch vier.«
    Lindt wurde nachdenklich. »Was wäre, wenn der Täter keiner von diesen Vieren ist? Vielleicht haben wir es ja mit einem wirklichen Phantom zu tun?«
    »Jemand, der völlig unsichtbar bleibt? Den niemand je in der Nähe der Tatorte gesehen hat?« Auch Wellmann überlegte.
    »Überall war dichter Bewuchs. Kein Problem, um unterzutauchen«, bestätigte Sternberg.
    Lindt dachte laut nach: »Bei dem Engländer in Freudenstadt war es nicht ganz so, dieser Fall schert etwas aus. Aber sonst hat Jan schon recht. Er agiert im Schutz der Dunkelheit oder verborgen im Unterholz.«
    »Wird aus dem ›Waldstadt-Würger‹ vielleicht bald das ›Hardtwald-Phantom‹?«, stichelte Ludwig Willms. »Also mich auf meinem Rennrad würde er jedenfalls nicht schnappen.«
    Lindt paffte eine Riesenwolke in die Luft und grinste ihn an. »Schon mal gegen einen quer gespannten Draht gefahren? Wie weit du wohl fliegen würdest? Einschlagen wie eine Granante. Da wär ich dann gerne Zuschauer.«
    Noch bevor Willms auf diese Provokation antworten konnte, war der SoKo-Chef aufgestanden. »Bin mal unterwegs«, bekamen seine Mitarbeiter noch zu hören, dann war er weg.
    »Fort ist er – wie das ›Hardtwald-Phantom‹!« Jan Sternberg schüttelte nur ratlos den Kopf.
     
    ›Den Kopf auslüften‹, nannte es Lindt, wenn er auf einen seiner langen Spaziergänge ging. Beim Waldparkplatz an der Linkenheimer Allee stellte er den keilförmigen Citroën ab und ging zu Fuß weiter. Die warme Spätsommerwitterung war nun schon seit Wochen stabil, nachmittäglicher Sonnenschein, kein Wölkchen am blauen Himmel, kaum Wind, 20 Grad. Wunderbar und wesentlich angenehmer als die schweißtreibenden Sommermonate.
    Bald verließ er die schnurgerade nach Norden führende Allee und schlug sich auf einem schmalen Fußweg seitwärts in den Wald. Zwei Kaninchen hoppelten erschreckt vor ihm davon und ein Buntspecht folgte mit gellendem Lachen von der morschen Roteiche, wo er nach Maden gehackt hatte.
    »Brauchst mich gar nicht auszulachen«, rief Lindt ihm übermütig hinterher. »Wir finden ihn! Ganz sicher!«
    Der Weg führte durch dichten Jungwuchs. Man konnte nur wenige Meter weit hineinsehen. Eine Erinnerung an früher schoss ihm durch den Kopf. Treibjagd! Vor vielen Jahren, während seiner Schulzeit, war er manchmal dabei gewesen. Die Treiber versuchten, mit möglichst großem Lärm das Wild aus der Deckung zu jagen. Bei jungen unerfahrenen Tieren hatte das gut funktioniert, aber die Alten und Schlauen, die Gewieften und die, an denen die Kugeln der Jäger schon einmal knapp vorbeigepfiffen waren, fanden jedes Mal einen Weg, die Treiberwehr im Dickicht zu umgehen. »Fuchs nach hinten«, war ein häufiger Ruf, wenn sich einer der Rotröcke geduckt hatte, bis die lärmende Linie vorbeigezogen war. Alterfahrene Wildschweine verhielten sich genauso. Völlig lautlos – Lindt lachte halblaut vor sich hin – wie ein Phantom schlichen diese mächtigen Tiere durchs Dickicht, schoben sich unter Brombeerranken ein und warteten geduldig auf Ruhe. Unerfahrene Frischlinge dagegen hatte auf der nächsten Linie schon längst das beschleunigte Blei der Schützen ereilt.
    Auch Lindt kam sich in seiner momentanen Situation vor wie bei einer riesigen Treibjagd. Die engagierten jungen Kollegen der Bereitschaftspolizei durchkämmten die Gegend und versuchten, durch das Vorzeigen der Bilder und den Gesprächen eine Spur ihrer Jagdbeute aufzunehmen. Sämtliche Mitarbeiter der SoKo warteten als Jäger nur darauf, dass sich das Wild irgendwo aus der Deckung traute. Bislang aber noch völlig ohne Erfolg. Der Gärtner vom Hauptfriedhof war ein klassischer Fehlabschuss. Zum Glück ein Lebendfang, den man wieder freilassen konnte.
    Der Kommissar spazierte gemächlich weiter, mittlerweile völlig in Gedanken versunken. Das Bellen eines Hundes schreckte ihn auf. Richtig, durchfuhr es ihn. Wenn Hunde mit im Trieb waren, erhöhte sich die Erfolgschance der Jagd gleich um ein
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