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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition)
Autoren: Petra Gabriel
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Bertha von Turin war, der künftigen Gemahlin von König Heinrich. Dieser war von seinem Vater, Kaiser Heinrich III., schon im Alter von fünf Jahren mit Bertha verlobt worden. Seit einiger Zeit gab es immer wieder Gerüchte, Heinrich IV. verabscheue Bertha von Turin, denke nicht daran, sie zu heiraten, wolle sich nicht mit einer einzigen Frau im Bett begnügen und seine Kebsweiber nicht aufgeben.
    Doch ich schweife ab. Der Blick der Erinnerung gleitet wieder zurück zu Rudolfs Herzogin. An diesem Tage hielt sie die Lider zumeist gesenkt, ihr stolzes, klares Gesicht war unbewegt. Sie antwortete nur leise und mit schüchterner Stimme, wenn sie angesprochen wurde. Ihre fast noch kindlich zarten Wangen, ein wenig gerötet von dem langen Ritt, verliehen ihren ebenmäßigen Zügen ein wenig Leben. Nur ihre etwas zu spitze Nase störte die stille, klare Schönheit dieses Gesichtes.
    Sie war ihrem Stand gemäß gekleidet. Es funkelte nur so von Gold und Edelsteinen auf ihren Gewändern, die ich wohl besser beschreiben könnte, wäre ich als Frau zur Welt gekommen. Obwohl ich häufig mit Frauen verkehrte, besaß ich nie genug Verstand, um mir die Namen für ihre Moden und ihren verwirrenden Zierrat zu merken. Aber so viel weiß ich: Viele kleideten sich zu dieser Zeit ganz so, wie es die Kaiserinwitwe Agnes eingeführt hatte. Die weiten Überkleider der adligen Frauen waren engen Gewändern gewichen, die ihre weiblichen Formen betonten. Für Abt Warinharius war dies ein Grund zu ständiger Besorgnis. Er fürchtete eine Verrohung der Sitten.
    Adelheids weißer Zelter war mit einem gestickten Überwurf in prachtvollen Farben geschmückt und wurde von einem etwa zehnjährigen Pagen geführt. Dieser machte ein verdrießliches Gesicht. Doch als sie es sah, sagte sie einige leise Worte zu ihm von ihrem Pferd herab. Da blickte er zu ihr hoch, und seine Miene wurde weicher. In diesem Moment sah ich zum ersten Mal ihr Lächeln. Ein Lächeln, das später auch ihre Tochter haben sollte und das ich bis zu meiner Todesstunde tief in meinem Herzen bewahren werde. Ich beneidete den Pagen mit dem glühenden Groll eines abgewiesenen Liebhabers. Mir war, als habe er mir in diesem Augenblick etwas genommen, das nur mir gehörte.
    Aber ich greife vor, Tränen in den Augen, in Erinnerung an dieses Gefühl, das mein noch jugendlich ungestümes Herz bewegte.
    »Sieh an, der Herzog hat wohl auch seinen Neffen mitgebracht«, hörte ich in diesem Augenblick eine weibliche Stimme. Die Sprecherin, der verschlissenen Kleidung nach eine einfache Frau aus dem Volk, stand direkt hinter mir. Sonst hätten die getuschelten Worte durch den lauten Jubel der Umstehenden nicht zu mir durchdringen können. Ich neigte den Kopf ein wenig zur Seite, wie ich es von diesem Tage an immer tat, wenn ich etwas genauer hören wollte.
    Den ganzen Wortlaut des Gespräches mit ihrer Nachbarin weiß ich nicht mehr. Doch ich begriff, dass der junge Page Kuno hieß und der Sohn der verstorbenen, sehr viel älteren Schwester von Herzog Rudolf aus ihrer Ehe mit Gerold von Genf war. Gerold hatte wohl erneut geheiratet, eine Frau namens Tetberga, Witwe mit zwei Söhnen des Edlen Ludwig von Faucigny. Dieser zweiten Ehe nun war ein Sohn namens Aymo entsprossen. Gerold von Genf und seine neue Gemahlin wollten nach Aymos Geburt Kuno sein Erbe streitig machen. Und deshalb, so erfuhr ich, sei Rudolf von Rheinfelden schon kurze Zeit nach seiner Eheschließung nach Genf aufgebrochen, um mit Truppen aus Alemannien in Burgund Ordnung zu schaffen und das Erbe des jungen Neffen zu sichern.
    Ich weiß nicht, woher diese einfache Frau all ihr Wissen hatte. Von den Mönchen in der Abtei wusste ich nur, dass Rudolf mit dem Schwert die Rechte des Königs in Burgund durchsetzte. Die Stadt Genf und Gerold von Genf hatten sich nun schon zum wiederholten Mal gegen den Willen des Herrschers und die Interessen des Reiches aufgelehnt. Im letzten Sommer war es dem Herzog von Schwaben durch den Schutz und mit der Hilfe des Allmächtigen endgültig gelungen, das mächtige und wehrhafte Genf einzunehmen und den einstigen Schwager niederzuzwingen. Das war der Anlass für einen großen Dankgottesdienst in der Abtei gewesen. Für die Mönche hatte es im Anschluss daran ein Festmahl mit viel Wein gegeben, das der Herzog zur Feier seines Sieges gestiftet hatte. Deshalb freuten sich alle in St. Blasien noch etwas mehr über den großen Sieg ihres Herrn und Gönners und priesen den Allmächtigen noch eifriger für
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