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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels
Autoren: Gear & Gear
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Wilder Fuchs gewünscht und sich danach gesehnt, ihn zu treffen, aber jetzt war sie sich ihrer Gefühle nicht mehr sicher. Wenn er klug war, hatte ihn die Scham zur Flucht aus Flache Perle getrieben, bevor die Weroansqua den Rat zusammenrufen konnte, um über die Art seines Todes zu bestimmen. Aber sie wünschte sich doch, dass er käme, um Abschied zu nehmen, oder dass er ihr etwas ausrichten ließ - eine kleine Geste jedenfalls.
    Ich habe alles für dich gewagt, Wilder Fuchs.
    Sie betete, dass er schon auf der Flucht wäre. Im Geiste sah sie ihn vor sich, wie er sich tapfer der Welt stellte und sich in einem fernen Land eine Bleibe einrichtete.
    Würde er sich, wie Jaguar, eine Insel suchen, um mit seinen Dämonen zu leben?
    Ich könnte warten, dorthin gehen und ihm helfen, diese furchtbare Tragödie zu überwinden.
    Sie hatte keine Angst, nicht vor Wilder Fuchs. Es war nicht seine Schuld. Er hatte nichts gewusst.
    Sonnenmuschel holte tief Luft und und zitterte vor Kälte. Das Atmen schmerzte. Um sich von den Schmerzen abzulenken, blickte sie auf die Körbe und locker gewebten Säcke, die von der Decke herabhingen. Sie sah die getrockneten Bohnenstängel, einige große Kürbisse und Vorräte von verschiedenen Nüssen. Im Langhaus roch es süß nach dem Brot aus wildem Reis und dem Hagebuttentee, den sie zum Frühstück bekommen hatte. Eine volle Kürbistasse stand neben ihr, aber sie hatte keine Lust zu trinken, sie hatte zu gar nichts Lust. Sie konnte kaum die Augen offen halten.
    »Mutter«, murmelte sie, und ein schluchzender Laut stieg in ihrer Kehle empor. »Mutter, du fehlst mir.«
    Sie hatte geträumt, ihre Mutter wäre hier und kümmerte sich um sie, mit liebevoller Stimme und kühlen Händen. Die vertrauten Gerüche ihres Heims waren so tröstend gewesen: gerösteter Mais und Holzfeuer, getrocknete Rosenblütenblätter, die ihre Mutter in warmes Wasser gab, um ihr anschließend damit die Haare zu waschen.
    Eine Träne rollte über ihr Gesicht. Ihre Mutter fragte sich sicher, wo sie war, und wahrscheinlich war sie krank vor Sorge. Zum ersten Mal nach ihrem Fortgang hatte Sonnenmuschel den innigen Wunsch, nach Hause zu laufen und sich der Gnade ihrer Familie zu unterwerfen. Wenn sie lange genug flehte, würde Tante Faserblatt ihr sicher verzeihen.
    Nur … sie konnte nicht nach Hause gehen. Jaguar hatte seinen Teil der Abmachung eingehalten, und folglich schuldete sie ihm ihr Leben.
    Ihre Augenlider waren so schwer wie Steine. Sie kämpfte dagegen an, blinzelte und versuchte, den Blick auf den Einlass zum Langhaus zu richten, der über ihren Fußspitzen gerade sichtbar war. Eine Weile schien es ihr, als schwebte sie, über den warmen Fellen verhaltend und mit dem Rauch des Feuers zur Decke gleitend.
    Dann verschoben sich die Schatten auf dem Vorhang vor dem Einlass, und Sonnenmuschel sah, wie dort eine Gestalt zögerte, sich aufrichtete und ängstlich umherblickte. Es war ein Mann, und als er sah, dass sie allein war, schlich er mit eingezogenen Schultern vorwärts, als erwartete er in jedem Moment einen Schlag. Einen Augenblick lang hielt sie ihn für ein weiteres dieser schwankenden Wahnbilder, die das Fieber ihr vorgaukelte, doch dann fragte der Mann: »Sonnenmuschel?«
    »Wilder Fuchs? Ich dachte, du wärst schon geflohen.«
    »War ich auch. Niemand sah mich, und ich schlich mich in den Nebel hinaus und versteckte mich im Wald. Aber jetzt ist es Nacht, und so kehrte ich zurück. Ich musste dich sehen.«
    Er trug eine einfache hellbraune Decke um die breiten Schultern und war sehr bleich. Seine Augen, zwei schwarze Kreise, waren eingefallen, das Haar hing ihm lose um die Schultern. Er kniete neben Sonnenmuschel und ergriff ihre schlaffe Hand. Sie genoss die Kühle seiner Haut.
    »Das Dorf ist voller Krieger des Mamanatowick. Alles tanzt. Mit der Decke über dem Kopf erkennt mich niemand. Ich musste dich sehen! Ich bitte dich, mit mir zu kommen, Sonnenmuschel. Ich brauche dich jetzt, mehr als ich dich jemals vorher brauchte.« Er zog die Nase hoch und wischte sie am Ärmel ab. »Ich bin so allein. Die ganze Welt hat mich verraten.«
    »Du musst jetzt einfach fortgehen, Wilder Fuchs, so wie es Jaguar tat. Such dir einen Ort, wo dich niemand kennt.«
    »Fortgehen? Aber ich wusste doch gar nicht, dass sie meine Schwester ist. Ich habe keine Schuld. Das hat mir mein Vater angetan. Dieses lügnerische stinkende Geschmeiß hat es mit Absicht getan. Er hat mich ruiniert.«
    »Nein, Wilder Fuchs, bitte! Jetzt ist
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