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Vorstoß in die Schattenzone

Vorstoß in die Schattenzone

Titel: Vorstoß in die Schattenzone
Autoren: Ernst Vlcek
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gesehen, wie er vom Blut des Drachen trank.«
    »Wir verteilen uns«, flüsterte Luxon und wandte sich nach links. Hrobon näherte sich einer Öffnung in der Wand, und Sadagar wich nach rechts aus.
    Sie hatten erst einige Schritte getan, als plötzlich ein schauriges Lachen erklang, das von hoch oben kam. Als Luxon hinaufblickte, sah er vor einem der leuchtenden Schriftzeichen eine dunkle, hünenhafte Gestalt.
    »Glaubt ihr, ich hätte euch nicht schon längst entdeckt?« schrie Oburus zu ihnen herunter, und seine Stimme hallte schaurig durch das Ruinengewölbe. »Cherzoon sieht alles. Cherzoon weiß alles. Cherzoon ist allmächtig.«
    »Komm herunter und stell dich zum Kampf!« schrie Luxon hinauf.
    Oburus stieß wieder ein schauriges Lachen aus. Er machte eine Bewegung, und dann flog irgend etwas durch die Luft auf Luxon zu. Der sprang entsetzt zurück und ging hinter einem Mauervorsprung in Deckung. Gleich darauf landete an der Stelle, an der er gerade noch gestanden hatte, der Schädel eines Drachenvogels.
    Oburus lachte wieder. »Es liegt mir nichts daran, euch armselige Kreaturen zu töten«, rief er dann. »Ich hole mir Mythors Kopf, um ihn dann Cherzoon auf den Opferstein zu legen, wenn er auf Drudins Scholle eintrifft.«
    Also lebt Mythor noch, wenn der Dämonisierte dessen so sicher ist? dachte Luxon sofort.
    »Cherzoon wird bald in der Bucht ohne Wiederkehr anlegen, um mit seinen Eiskriegern das Werk der Vernichtung zu vollenden«, rief Oburus wieder, aber mit sich entfernender Stimme. Als Luxon hochblickte, war die schwarze Gestalt verschwunden.
    »Nayna!« rief Luxon. »Wir müssen den Schlund vor Drudins Todesreiter erreichen.«
    *
    Mythor!
    Das bin ich, dachte er. Um ihn war Schwärze, und er war zu keiner Bewegung fähig. Er spürte nichts. Was war passiert?
    Die Frage weckte seine Erinnerung, und dann sah er es im Geist wieder vor sich, wie sich der Drachenvogel auf ihn niedersenkte – und Oburus ihm den Dämonenstein vorhielt.
    Die Nähe dieses Steines lähmte ihn, so dass er zu keiner Bewegung mehr fähig war und nicht mehr denken konnte. Was danach passierte, daran erinnerte er sich nicht mehr.
    In seinem Geist herrschte Leere, die sich nun allmählich aufzufüllen begann. Was passierte nun mit ihm?
    Mythor, wach auf!
    Wer sprach da zu ihm? Er lauschte, konnte jedoch nichts anderes hören als ein Rauschen wie von einem Wasserfall. Ein kalter Luftzug bestrich ihn, wurde stärker und zerrte an ihm. Das Rauschen wurde lauter.
    Oburus hatte ihn gelähmt, und er befand sich gewiss noch immer in seiner Gewalt. Hüte dich vor Stein! Diese Worte des Orakels von Theran fielen ihm wieder ein – er wusste längst, was sie zu bedeuten hatten. Die Orakeltrolle hatten jenen Himmelsstein gemeint, der die Stelle kennzeichnete, an der ihn die Marn aufgefunden hatten.
    Es hatte einen Moment gegeben, da glaubte er, dass er in diesem Meteoriten vom Himmel gefallen sein könnte. Wie vermessen von ihm! Tatsächlich aber handelte es sich um einen Stein der Dämonen, der eine lähmende Wirkung auf ihn hatte. Und Oburus besaß ein faustgroßes Stück davon.
    Mythor, ich bin es! Du musst zu dir kommen und dich retten.
    Etwas bedrängte seinen Geist, und er verspürte einen stechenden Schmerz.
    Wer bist du?
    No-Ango!
    Ein Traum bloß, er hatte es geahnt. No-Ango war tot!
    Nein, Mythor, du träumst nicht. Ich bin nicht tot. Ich starb in den Ruinen von Erham nicht wirklich, sondern ging in meinen Stamm auf.
    Wenn es kein Traum war, dann gab es den Rafher-Deddeth wirklich. Er war in der Verbotenen Stadt Lo-Nunga dabei gewesen, als die Rafher ihre Körper aufgegeben hatten, aber er hatte nie recht glauben können, dass sie sich zu einem vergeistigten Wesen vereinigten…
    Und du willst zu deinem Volk zurückgekehrt sein, No-Ango?
    So ist es. Ich versuche schon lange, dich zu wecken, damit du dich in Sicherheit bringen kannst. Wach auf, Mythor, bevor es zu spät ist!
    Mythor begann allmählich wieder seinen Körper zu fühlen. Er konnte bereits die Finger und Zehen bewegen. Aber als er versuchte, die Arme zu strecken, stieß er auf Widerstand.
    Wo bin ich? fragte er in plötzlicher Panik.
    In einem dämonischen Sog, der dich zu verschlingen droht, antwortete der Rafher-Deddeth. Man hat dich in ein Leichentuch gewickelt. Du musst dich befreien. Sprenge es!
    Mythor stemmte sich mit Armen und Beinen gegen den Stoff und spürte, wie er leicht nachgab. Aber mehr als etwas Bewegungsfreiheit gewann er dadurch nicht. Der Stoff hielt.
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