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Vorsicht, Zickenzone

Vorsicht, Zickenzone

Titel: Vorsicht, Zickenzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Koller , Claudia Rieß
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Oder würden Sie so weit gehen?

Trösten
    T rösten ist etwas ganz Besonderes. Das dürfen nur Personen, die einem nah, sehr, sehr nah sind und durch ihre Gegenwart seelischen und körperlichen Schmerz lindern. Mehr noch. Sie dürfen einen in den Arm nehmen, tröstende Worte sprechen, die Stelle des Schmerzes untersuchen oder darauf ein Küsschen geben, um ihn wegzuzaubern. Auch der Teddy kann bei kleinen Blessuren helfen, ein buntes Pflaster oder ein Gummibärchen. Meist muss da die Mutter ran. Als patente Krankenschwester hat sie für alles das rechte Mittelchen. So ist es zumindest zu Hause, in der Familie. Doch was, wenn etwas auf der Straße passiert? Wenn das Rad plötzlich aus einer ungelenken Bewegung heraus seinen Dienst versagt, wegkippt und mit ihm das Kind in den Graben wirft? Dann gibt’s da die anderen, das Dorf.
    Vor meinen Füßen spielte sich das Drama ab. Da konnte ich als Passantin doch nicht einfach cool weitergehen und so tun, als wäre nichts gewesen, oder? Also beugte ich mich über den weinenden Jungen und sagte ihm: »Nichts passiert, ist nur der Schreck« und hob sein Rad aus dem Rinnstein. In dem Moment stürzte die Mutter auf das Kind, riss es an sich und drückte es. Mir schenkte sie einen Blick der Verachtung, als ob ich Schuld an dem kleinen Unfall hätte. Die Großmutter, die nun aufschloss, lächelte mich an, nahm mir das Rad ab und sagte: »Danke«.
    Hatte ich etwas falsch gemacht, ohne es zu merken? Ich hatte geholfen, Bürgerpflicht und einem mütterlichen Impuls folgend. Doch der Dank war Wut. Warum? Habe ich in einen Hoheitsbereich eingegriffen? Den scheint es wirklich zu geben, vor allem wenn es um das Wohl des eigenen Kindes geht. Und der fällt unumstößlich der Mutter zu.
    Tatsächlich zögerte ich wenig später am Spielplatz etwas, als ich wieder in eine solche Situation geriet. Darf ich oder nicht? Kurzer mentaler Disput. Keine Mutter da. Also konnte ich das kleine Wesen in den Arm nehmen. Die Freundin meines Sohnes, die zum zweiten Mal mit uns den Nachmittag verbrachte, stürzte über einen Stein und schürfte sich das Knie leicht auf. Ich nahm Anna erst etwas befangen in den Arm und sagte ihr in Ermangelung eines Pflasters und Desinfektionsmittels: »Spuck doch mal drauf.«
    Ups, ob das richtig war? Was wird sie zu Hause erzählen? Ich hatte kein Pflaster dabei, nur den Tipp mit der Spucke? Ob das so gut ankommt? Egal, ist wie’s ist, und wir haben das zu Hause so gemacht. Mein Vater befand das für gut. Als ich Anna nach Hause brachte, habe ich der Mutter davon berichtet.
    Das tat auch meine Schwester, als ihre Tochter Nadine Geburtstag hatte und sich ihre beste Freundin während dieses Übernachtungsbesuchs nachts übergab. Die Mutter war außer sich: Wieso sie ihr das jetzt erst, als man das Kind ablieferte, erzählte und sie sie nicht angerufen hätte, als es geschah. Wie? Nachts um 3 Uhr? Das war für die Mutter so eklatant, dass sie über die Missbilligung ihres Hoheitsbereichs (nach dem Motto »Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter!«) sogar bei einer Essenseinladung davon erzählte – wie meine Schwester im Nachhinein erfuhr. Garniert mit dem Hinweis, dass meine Schwester das Kind zusammen mit dem anderen ohne ihre Aufsicht bei einem wildfremden Mann ließ, Punkt, Punkt, Punkt.
    Herrlich, wie bunt Kopfkinos wabbern, wenn man so dringend hätte trösten wollen. Der wildfremde Mann war übrigens kein anderer als Nadines Papa. Allerdings putzte der nicht das Erbrochene weg und tröstete, das machte Nadines Mama – um 3 Uhr nachts.

Die »gut gemeinten« Tipps
    K lar, Tipps sind wertvoll. Sie bauen Fehlern vor, lassen einen leichter entscheiden und schneller Lösungen finden. Doch oft nerven sie nur. Vor allem, wenn es um die gut gemeinten geht. Die, die keiner sucht und trotzdem – ob man will oder nicht – übergestülpt bekommt. Dazu neigen Freundinnen und insbesondere Mütter. Immer gibt es da eine erfahrenere, die einer vermeintlich weniger erfahreneren auf die Sprünge helfen möchte. Das kann die eigene Mutter, die Kinderfrau oder die Großmutter sein. Aber auch Kiga-Moms, die vom Spielplatz oder die auf der Straße werden zu Tätern.
    Mit einem Kind, das leicht hoch fieberte, wurde ich schnell zum Opfer. Paralysiert von durchwachten Nächten und der Angst, dass sich wieder ein Fieberkrampf einstellte.

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