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Vorbei: Drei Erzählungen (German Edition)

Vorbei: Drei Erzählungen (German Edition)

Titel: Vorbei: Drei Erzählungen (German Edition)
Autoren: Hans Joachim Schädlich
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Meuterer.»
     
    Dr.   Clark ging zu Behrens und sagte: «Die Meuterer sind besänftigt.»
    Behrens sagte: «Damals war uns der Wind günstig. Wir erreichten die Juan-Fernández-Inseln binnen vier Tagen. Aber wegen Windstille konnten wir nicht gleich vor Anker gehen. Erst am übernächsten Tag segelten wir in eine Bucht und konnten endlich den Anker werfen.»
    «Hoffentlich geht es diesmal schneller», sagte Dr.   Clark.
    Diesmal jedoch war der Wind weniger günstig. Die «Arend» brauchte sechs Tage bis zur Isla Más a Tierra. Kapitän Koster segelte in die Cumberland-Bucht und warf zwei Anker aus.
    Behrens stand mit Dr.   Clark, Hammerton, Baxter und Bob an der Reling.
    Dr.   Clark fragte Behrens: «Warum zwei?»
    «Gegen Sturm und Ungewitter.»
    Alle starrten auf die drei Berge, die sich hinter der Bucht erhoben. Behrens sagte: «Der mittlere ähnelt dem Tafelberg am Kap der Guten Hoffnung.»
    «Aha», murmelte Hammerton.
    Frau Cunningham kam hinzu, und Behrens fragte sie, ob sie an Land gehen wolle.
    «Wie heißt das Nest da drüben?»
    «San Juan de Bautista.»
    «Sieht nicht sehr verlockend aus. Ein richtiges Bett finde ich da bestimmt nicht.»
    «Aber ein Plumpsklo.»
    «Sehr geschmackvoll.»
    «Und bestimmt gibt es keine Kakerlaken.»
    «Immerhin. Ja, ich gehe an Land.»
     
    Kapitän Koster setzte Schaluppen und Boote aus. Er ließ Matrosen und Milizionäre an Land bringen.
    Frau Cunningham fragte, was die vielen Leute an Land zu tun hätten.
    Behrens sagte: «Sie besorgen Ziegen, lebende Hummern und Bachkrebse, und Salzfisch.»
    «In dem Wasser, das wir trinken müssen, werden die Krebse und Hummern bald krepieren.»
    «Sie lassen mich nicht ausreden, Frau Cunningham. Natürlich bringen unsere Leute auch frisches Wasser an Bord. Und Brennholz.»
    «Wie lange werden wir hier bleiben?»
    «Bis übermorgen.»
    «Wann gehen wir an Land?»
    «Wann Sie wollen.»
    Frau Cunningham blickte in die Runde.
    Dr.   Clark sagte: «Ich schlage vor: gleich.»
    Behrens sagte: «Ich gehe mit Ihnen.»
     
    Alle sechs wurden an Land gerudert.
    Seelöwen und Robben, die überall am Strand lagerten, machten einen unerhörten Lärm. Behrens sagte: «Ich erinnere mich an damals. Die Tiere heulten so stark, daß mich ein Grauen erfaßte. Ich glaubte, sie hätten vor, die Insel gegen uns zu verteidigen.»
     
    Bob und Baxter hatten keine Lust auf einen Spaziergang durch das öde Dorf. Sie wollten gleich in die Kneipe.
    Dr.   Clark sagte: «Ich schlage Ihnen vor, daß wir uns in einer Stunde alle in der Kneipe treffen.»
    Frau Cunningham machte sich allein auf den Weg, denn Hammerton wollte mit Behrens und Dr.   Clark zu den Fischern gehen.
    Hammerton sagte: «Meine Briefe habe ich auf dem Schiff gelassen. Ich bezweifle, daß es hier eine Post gibt. Und selbst wenn es eine gäbe – wie oft legt hier ein Schiff an?»
    «Das weiß ich nicht», sagte Dr.   Clark.
     
    Die Proviantmacher handelten den Fischern deren Vorräte an gesalzenem Fisch ab. Lebende Hummern und Bachkrebse waren nicht viele zu haben. Behrens meinte: «Für unsere Passagiere wird es reichen.»
    Den ganzen Tag brachten Boote Holz und Wasser zum Schiff. Beim Transport der Ziegen gab es ein Malheur. Eine Ziege riß sich los und sprang ins Meer.
     
    In der Kneipe saßen Bob und Baxter mit Einheimischen zusammen. Sie tranken Rum. Whisky gab es nicht. Behrens, Dr.   Clark und Hammerton setzten sich an einen anderen Tisch und bestellten so etwas wie Limonade. Nach einer Weile kamen Bob und Baxter dazu, jeder mit einem Glas Rum.
    Frau Cunningham erschien erst nach der verabredeten Zeit. Sie sagte: «Ich übernachte heute bei der Familie des Leuchtturmwärters. Na ja, Leuchtturm. Ich habe in Schottland schon andere Leuchttürme gesehen.»
    Behrens sagte: «Auf dieser Insel hauste seit 1705 ein schottischer Steuermann aus Edinburgh namens Alexander Selkirk.»
    «Das wissen wir», sagte Bob.
    Behrens ließ sich nicht stören. «Der englische Seeräuberkapitän Rogers holte Selkirk 1709 von der Insel ab und brachte ihn nach England.»
    «Hören Sie», sagte Baxter, «wir wissen das.»
    Behrens fuhr ungerührt fort: «Ein gewisser müßiger Skribent mit Namen Daniel Defoe hat sich die Geschichte angeeignet und die wahre Begebenheit mit allerlei Unwahrheiten und unnützen Weitschweifigkeiten ausgeziert, so daß sein Werk eher einem Phantasiegebilde gleicht, als daß man daraus etwas erfahren könnte, was sich zu merken lohnt.»
    «Erlauben Sie …», sagte Bob, aber
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