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Vor dem Urknall

Vor dem Urknall

Titel: Vor dem Urknall
Autoren: Brian Clegg
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Schwerkraft mit zunehmender Distanz von einem Objekt abnimmt, keine unendlich großen Kräfte aufbieten muss. Die Schwerkraft nimmt schnell genug ab, um eine geometrische Reihe dieser Art zu erzeugen, es könnte also sein, dass unendlich viele Sterne und Planeten nur eine begrenzte Anziehungskraft ausüben müssen. Dies würde jedoch Bentleys ursprüngliches Problem nicht lösen, warum nicht alle Sterne und Planeten in einer Art Massenkarambolage universalen Ausmaßes miteinander kollidierten.
    Newton freilich war ein Verfechter der These eines unendlich großen Universums und wies Bentley darauf hin, dass sein Paradoxon nicht unbedingt eintreten müsse, wenn alle Objekte im Universum gleichmäßig verteilt wären, sodass sich die Anziehungskräfte nach allen Seiten gegenseitig neutralisierten und ein kräftemäßiges Gleichgewicht bestünde. Allerdings war sich Newton darüber im Klaren, wie instabil dieses Szenario ist, bedurfte es doch lediglich einer kleinen Verschiebung eines einzigen Planeten oder Sterns, um sämtliche Objekte mit zunehmendem Momentum ineinanderkrachen zu lassen.
    Zur Lösung dieses Problems wandte sich Newton Gott zu. Wie die meisten Wissenschaftler seiner Zeit war er tief religiös, auch wenn seine Vorstellung vom christlichen Glauben alles andere als konventionell war. Aus seiner Sicht stellte diese potenzielle Instabilität kein Problem dar, lenkte Gottes Hand doch die Geschicke des Universums und war jederzeit in der Lage, minimale Kurskorrekturen vorzunehmen, um den Fortgang des Universums zu gewährleisten.

Der auffallend schwarze Himmel
    Andere Wissenschaftler jener Zeit machten ein noch gravierenderes Problem aus, das sich aus einem unendlich großen, gleichmäßig strukturierten Universum ergab: Wo sind all die Sterne geblieben? Halten wir in einer dunklen Nacht – ohne die von den Straßen der Großstadt herrührende Lichtverschmutzung – nach ihnen Ausschau, bietet sich uns in erster Linie ein Bild der Finsternis. Ein Himmelsgewölbe aus schwarzem Samt, das über uns aufgespannt und von Tausenden funkelnden Lichtpunkten durchsetzt ist. Der größte Teil des Nachthimmels ist schwarz. Hätte das Universum keine Grenzen und die Sterne wären gleichmäßig verteilt, müssten wir jedoch immer einen Stern sehen – egal in welche Richtung wir schauten. Der Nachthimmel wäre nicht vornehmlich schwarz, sondern ein einheitlich leuchtendes Sternenmeer, da das Licht dieser unzähligen Sterne frontal auf unsere Erde fällt.
    Es ist schwer zu sagen, wer dieses Problem zuerst erkannte, bedurfte es im Gegensatz zu Bentleys Paradoxon doch nicht Newtons Gravitationsgesetzen, um es als solches auszumachen. Allem Anschein nach fand es sowohl bei Kepler als auch bei Halley erstmals Erwähnung, wird heute jedoch als «Olbers’sches Paradoxon» bezeichnet – nach einer Beobachtung des im 19 . Jahrhundert lebenden deutschen Astronomen Heinrich Wilhelm Olbers, die von seinem Kollegen Johann Bode veröffentlicht wurde. Der 1758 in Arbergen bei Bremen geborene Olbers war eigentlich Doktor der Medizin, blieb jedoch als Astronom – die Astronomie war seine große Passion – in Erinnerung.
    Wie eine ganze Reihe anderer astronomischer Paradoxa (wie etwa die Frage, warum Sterne funkeln oder warum der Mond wesentlich größer erscheint, als er tatsächlich ist, vor allem wenn er sich in Horizontnähe befindet) war auch das Olbers’sche dazu angetan, weiter Verwirrung zu stiften, obwohl das Problem offiziell längst als gelöst galt. Noch im Jahr 1987 ergab eine Untersuchung, dass 70  Prozent aller Lehrbücher eine falsche Erklärung für das Phänomen eines überwiegend schwarzen Nachthimmels lieferten. Was nicht weiter überrascht, ist es doch ein Leichtes, eine Vielzahl plausibler Erklärungen für diesen Effekt zu finden.
    Olbers selbst führte Staub in großen Mengen als Erklärung an. Er argumentierte, das Weltall sei voller Staub, und dieser Staub reduziere die Lichtintensität mit zunehmendem Abstand zur Erde in dramatischer Weise, weshalb der überwiegende Teil des Sternenlichts (und somit die von all diesen Sternen freigesetzte Wärme) die Erde nie erreiche. Keine schlechte Argumentation, wenngleich Skeptiker seitdem immer wieder zu bedenken gaben, dass sich in diesem Fall der Staub selbst erhitzen und schließlich ohne fremdes Zutun Leuchtkraft entwickeln würde.
    Andere führten ins Feld, dass es sich um eine Rotverschiebung handelt, einen Effekt, mit dem wir uns im weiteren Verlauf
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