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Von Tod und Wiedergeburt (German Edition)

Von Tod und Wiedergeburt (German Edition)

Titel: Von Tod und Wiedergeburt (German Edition)
Autoren: Lama Ole Nydahl
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innewohnt. Verglichen mit der zeitlosen Wonne, die das letztendliche Wesen eines jeden ist, bleibt jede bedingte Erfahrung mehr oder weniger leidvoll, und sogar die schönsten Augenblicke eines Lebens zeigen nur bruchstückhafte Einblicke davon. Buddha unterschied drei Arten von Leid: Das »Leid des Leidens« wird erlebt, wenn alles zusammenbricht und man weder äußeren noch inneren Halt verspürt, wie bei schweren Verlusten, Trennung, unbezwingbaren Schmerzen oder beim Sterben ohne dauerhafte Werte. Das »Leid der Vergänglichkeit« beschreibt, dass man nichts festhalten kann und alles Glück, Schöne und Angenehme einem letztendlich zwischen den Fingern zerrinnt. Das »Leid der Unwissenheit« bedeutet schließlich, nicht erleuchtet zu sein und deswegen nicht zu verstehen, »wie die Dinge sind«. [11] Während man mit den ersten beiden groben Formen des Leidens beschäftigt ist, erlebt man selten die viel feinere dritte, welche jedoch die eigentliche Ursache für alle Leiden ist und sich erst mit der vollen Erleuchtung auflöst.
    Abb. 3 Drei Arten von Leid
    »Leid hat eine Ursache.« Alle Wesen suchen Glück und wollen Leid vermeiden, doch sie ernten oft das Gegenteil. Der Mensch beherrscht zwar durch sein Wissen die äußere Welt, seine innere macht aber bei den meisten, was sie will, und verursacht, wenn sie Körper und Rede mit einbezieht, das Verhalten, das zu Leiden führt. Da etwas letztendlich Böses sich entsprechend dem Gesetz von Ursache und Wirkung stets selbst zerstören würde, bleibt als einzig logische Erklärung für Leid die eigene Dummheit. Der unerleuchtete Geist ist wie ein Auge, das die äußeren Erscheinungen zwar bestens wahrnimmt, aber sich selbst nicht sieht. Genau diese grundlegende Unwissenheit verursacht jede Not. Obwohl alles Persönliche, seien es Körper, Gedanken oder Gefühle, seiner ständigen Veränderungen wegen kein dauerhaftes und wirkliches »Sein« aufweisen kann, erfährt sich der durch die Sinne erlebende Geist aufgrund der erwähnten Unwissenheit als ein von der Ganzheit getrenntes »Ich«. Das wiederum macht die äußere und durch die Sinne erfahrene Welt zu einem »Du« – zu etwas von einem Getrennten. An dieser Zweiheit festzuhalten und Körper, Rede und Geist als »Ich« zu verstehen, verhindert das letztendliche Glück. Das Eingehen auf die ständig anwachsenden Bedürfnisse führt grundsätzlich zu Enttäuschung. Solange die Fehlvorstellung eines als wirklich und von der Ganzheit getrennten Ichs erhalten bleibt, ist jeder verwundbar. Man nimmt dann alle Erfahrungen persönlich, schaut aus einem sehr engen Winkel in die Welt und macht Fehler.
    Ergebnisse dieses Irrtums sind Begierde nach dem, was zu fehlen scheint, und Widerwillen gegenüber dem, was einen vom angeblichen Glück abhält. Die unschönen Zustände von Verwirrung, Begierde und Abneigung führen zu hässlichen Folgegefühlen: dummer Stolz, der durch Herabsetzung anderer dem eigenen Lebensgefühl auf Dauer schadet, sowie Geiz, Neid und Hass. Ihre unzähligen (Buddha spricht von 84000 möglichen) Verbindungen verursachen weitere Störgefühle, geistige Schleier und Verwirrungen. Sie sind die Ursache für alle klotzigen und schwierigen Taten, Worte und Gedanken.
    Versäumt man es, sich einen Überblick über die obenerwähnten Abläufe zu schaffen, und handelt trotz der deutlich erkennbaren Flüchtigkeit aufgrund seiner Gefühle, befindet man sich schon im schwierigen Rad von Ursache und Wirkung. Man erfährt auf diese Weise laufend die Wirkungen früherer Taten, ohne sich bewusst zu sein, dass man sie selbst verursacht hat, und setzt daher nochmals Kurzsichtiges, Schädliches oder Ungeschicktes in die Welt. Die dabei unvermeidlich entstehenden Kreise von Einengung und Leid wirken bis zum völligen Auflösen dieses grundlegenden Irrglaubens ständig und überall, beeinflussen das ganze Leben und reichen über den Tod hinaus.
     
    »Es gibt ein Ende vom Leid.« Buddhas dritte Aussage ist herzerwärmend: Hier sprach er nicht von Dingen, die er gehört hatte oder die woanders geschehen waren, sondern belegte die freudvolle Aussage mit seinem eigenen Beispiel.
    Was so bescheiden erklärt wird, ist tatsächlich Allwissenheit und stete höchste Wonne, eben Erleuchtung. Es gibt eine Erfahrung, nach der es sich zu streben lohnt, eine zeitlose, wirkliche Zuflucht, die jedem bereits innewohnt und die man nur entdecken muss. Dieser Zustand ist furchtloser Raum und die Erfahrung davon dauerhafte höchste Freude.
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