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Von Liebe und Gift

Von Liebe und Gift

Titel: Von Liebe und Gift
Autoren: Justin C. Skylark
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durchatmen. „So was darf er nicht denken. Ich kann nicht kommen.“  
    „Klar.“ Auch Francis klang bedrückt. Sie hatte geahnt, dass ihr Bruder Weihnachten nicht nach Hause kommen würde. Es aber so deutlich von ihm zu hören, machte sie dennoch traurig.
    „Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du dich weiterhin um Gero kümmern würdest ...“
    Neal unterbrach. Im Hintergrund läutete sein Handy. Er ging ran, faselte etwas in Englisch und beendete das Gespräch ganz schnell. Dann wandte er sich wieder dem Telefonat mit Francis zu. „Ich muss gleich los“, sagte er, „bitte versprich mir, dass du auf Gero aufpasst.“
    „Natürlich“, bestätigte Francis.
    „Sei lieb zu ihm“, bat ihr Bruder. „Er benötigt Zuneigung. Gib ihm alles, was er braucht, okay?“
    Francis schluckte. So besorgt hatte sie Neal noch nie gehört, und seine Bitte konnte sie nicht abschlagen.
    „Ich kümmere mich, keine Sorge.“ Sie machte eine kleine Pause. „Und wer kümmert sich um dich?“
    Neal lachte erneut. „Ich komme alleine klar - obwohl ich euch sehr vermisse.“
    „Aber iss ordentlich und rauch und trink nicht zu viel!“ Francis’ Worte klangen wie die einer besorgten Mutter, und sie machte sich ernsthaft Gedanken. „Und melde dich bald wieder!“
    „Mach ich“, sagte Neal, seine Stimme senkte sich. „Ich liebe dich.“
    „Ich dich auch“, sagte Francis. Mit Kraft unterdrückte sie Tränen, dann beendeten sie das Gespräch. Erschöpft widmete sie sich ihrer Skizze. „Ach, ich hasse es, wenn Neal in London ist.“
     
    Nach dem langen Spaziergang trat Gero in den Hauseingang ein und klopfte sich den Schnee vom Mantel. Hinter ihm folgten Francis und Nicholas.
    Es herrschte richtiges Weihnachtswetter. Gero stieg die Treppen hinauf, vor der WG blieb er stehen, um die Wohnungsschlüssel zu suchen. Francis, die gefolgt war, blickte ihn erstaunt an.
    „Was machst du?“
    Gero zuckte mit den Schultern. „Ich gehe zu mir.“
    Da schüttelte Francis konsequent den Kopf. „Kommt nicht in Frage. Heiligabend verbringst du nicht alleine. Du kommst mit zu uns.“
     
    Spät am Abend saßen sie zusammen bei Kerzenschein in Francis’ Wohnzimmer. Nicholas war erschöpft zu Bett gegangen. Im Wohnzimmer leuchtete ein kleiner Tannenbaum, der Boden war vollgestellt mit Geschenken, und in der Wohnung lag ein Duft von Zimtsternen und Glühwein.  
    „Es war ein schöner Abend“, stellte Gero fest. „So ruhig habe ich Heiligabend noch nie erlebt.“
    Francis stimmte zu. „Neal und ich haben das die Jahre zuvor auch so gehandhabt. Kein großer Wirbel, einfach nur gemütlich beisammen sein.“ Sie leerte ihren Becher, sah ihn jedoch prüfend an. „Der Glühwein steigt ganz schön zu Kopf, oder?“
    „Kann man wohl sagen“, bestätigte Gero, dessen Wangen rosig leuchteten. Nach wie vor war er viel Alkohol nicht gewohnt. Trotzdem schenkte er sich und Francis noch etwas nach.
    Er war froh, dass er Weihnachten zu Hause war, und nicht wie seine Eltern im Skiurlaub oder wie Thilo bei Freunden in der Schweiz. In diesem Jahr hatte er einfach keine Lust zum Verreisen gehabt. Zudem war er froh, dass er somit auch Neals erneuten Anruf miterleben konnte.
    „Ich hätte nicht gedacht, dass er sich heute meldet. Ich dachte, er mag Weihnachten nicht?“
    Fragend sah er Francis an, welche auch sofort nickte.
    „Sein leiblicher Vater ist an Heiligabend gestorben, als er noch ein Kind war. Seitdem mag er dieses Fest nicht“, erklärte sie. „In den letzten Jahren hat er eigentlich nur versucht, mir und Nicholas eine Freude zu machen. Er selbst hält nicht viel davon.“  
    Gero verstand sofort. Nur kurz dachte er daran, wie schlimm es für Neal damals gewesen sein musste, den geliebten Vater zu verlieren.
    Ohnehin waren die Familienverhältnisse der Andersons nicht leicht zu verstehen. Auch Gero hatte am Anfang Probleme gehabt, die Zusammenhänge zu erfassen. Inzwischen wusste er, dass Peter Anderson, der Vater von Francis, nur Neals Stiefvater war. Somit waren Francis und Neal Halbgeschwister, die sich, als Francis fünfzehn Jahre alt war, verbotenerweise ineinander verliebt hatten. Und als wäre das nicht schon heikel genug gewesen, ging aus dieser Liebe auch noch Nicholas hervor. Ein Inzestkind, was zum Glück völlig gesund war. Gero hatte die Liebe zwischen Neal und Francis längst toleriert, auch wenn es ihm zuerst nicht immer leicht gefallen war.
    Francis’ Stimme holte ihn aus seinen Gedanken heraus.
    „Sag mal, sind die Kekse
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