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Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen

Titel: Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Kopien seines Großvaters hingewiesen, um später ein Alibi für den Fund des Bildes zu haben. Es wäre nur logisch und völlig unverdächtig gewesen, wenn man später das für echt gehaltene Bild inmitten der relativ wertlosen Kopien gefunden hätte. – Dreyer bestreitet das mit dem Hinweis auf sein Bestreben, die Kopien zu Geld zu machen.
    5. Dreyer habe in Erwartung einer großen Summe aus dem Erlös des gestohlenen Bildes einen italienischen Sportwagen bestellt. – Dreyer wendet ein, daß es sich um einen älteren Gebrauchtwagen handle, der ohne weiteres aus dem Erlös der Kopien zu bezahlen gewesen wäre.
    Dann kommt die große Überraschung: Am vierten Verhandlungstag sagen drei Sachverständige gutachterlich über das Bild aus, um dessen Besitz es nach Ansicht der Staatsanwaltschaft dem Täter ging. Gutachten, Gegengutachten und die anschließende heftige Diskussion zwischen den Sachverständigen ergeben keine Klärung der Frage Echt oder Gefälscht. Immerhin beharren zwei von ihnen auf ihrem Befund: keinesfalls van Gogh!
    Ungeachtet dessen fordert der Staatsanwalt in seinem Plädoyer Lebenslänglich wegen erwiesenen Mordes. Hauptargument: Dreyer habe nicht mit Sicherheit erkennen können, worüber sich zu einigen die Sachverständigen nicht in der Lage seien.
    Die Verteidigung dreht das Argument um: Gerade deshalb habe Dreyer überhaupt kein Motiv für die Tat – nur ein Freispruch komme in Frage!
    Nach längerer Beratung wird das Urteil verkündet: Freispruch mangels Beweises.
    Die Verteidigung läßt später die Presse wissen, man erwäge, Berufung einzulegen mit dem Ziel, einen Freispruch wegen erwiesener Unschuld zu erreichen.
    Nachdenklich räume ich den Wust der Papiere zusammen, die ich während der Nacht gesichtet habe. Ich bin nicht mehr müde; ich bin überwach. Drüben im Bad zischt die Brause; meine Frau steht auf. Der Gedanke an Frühstück ist nicht unsympathisch.
    Ja, der Fall Nedomanski… Das Interessanteste ist eigentlich der völlig offene Ausgang. Von vielen potentiellen Verdächtigen bleibt nur einer übrig – und der kann nicht überführt werden. Das mögliche Tatmotiv bricht in sich zusammen – es besteht in einem Bild, dessen Echtheit fraglich bleibt… Die Sache geht aus wie das Hornberger Schießen.
    Ist Max Nedomanski überhaupt ermordet worden?
    Ach ja – eines bleibt noch nachzutragen: Die angebliche Gaspistole, mit der Dreyer Borkenhagen und mich bedrohte, war eine ausgewachsene Walther 7.65. Sie wurde bei einer Hausdurchsuchung bei Dreyer gefunden – ohne Munition.

 
    EPILOG
     
     
     
    Das Telefon schellt.
    „Ja, bitte?“
    „Doktor?“
    „Mensch, Borkenhagen! Wo stecken Sie denn die ganze Zeit?“
    „Ich war zu Hause. Der verlorene Sohn kehrt heim – mußte ja sein; ich war schließlich abgebrannt im wahrsten Sinne des Wortes.“
    „Und? Ist das Kalb geschlachtet worden?“
    „So einigermaßen, ja. Aber…“
    „Ja?“
    Pause. Dann: „Doktor, ich brauche Geld.“
    „Wer nicht, mein Lieber – wer nicht?“
    „Seien Sie nicht so eklig. Ich dachte, ich kann doch eigentlich mein Honorar…“
    „Was für ein Honorar? Es wird Ihnen wohl kaum entgangen sein, daß wir die Story nicht veröffentlicht haben.“
    „Gibt’s nicht so was wie Ausfallhonorar?“
    „Naja… Gut; ich will sehen, ob ich was für Sie rausschlagen kann. Aber für den Abtransport des Geldes brauchen Sie keinen Kabinenkoffer, das kann ich Ihnen gleich sagen.“
    „Kleinvieh macht auch Mist… Haben Sie nicht was anderes für mich zu tun? Der Mensch lebt nicht vom Kleinvieh allein, wissen Sie.“
    „Nee… Also, im Augenblick…“
    „Daß das aber auch nichts geworden ist mit der Story! Da erlebt man einen ausgewachsenen Kriminalfall aus nächster Nähe, den reinsten Kriminalroman, und dann wird nichts draus, weil… Moment mal!“ Das letzte klingt erregt.
    „Was haben Sie denn?“
    „Ich habe… Ich glaube, ich habe das Ei des Polykrates gelegt, Doktor!“
    „Wird ein schönes Windei sein. Na los – was haben Sie auf der Pfanne?“
    „Ich hab da gerade ganz spontan gesagt, der Fall Nedomanski, das war der reinste Kriminalroman, und…“
    „Wenn die Sache nicht Romanlänge hätte, wäre sie jedenfalls unterzubringen gewesen.“
    „Ja eben! Warum machen wir dann nicht gleich einen Roman daraus?“

Nachbemerkung:
    Dieses Buch ist also, strenggenommen, kein Roman – es ist die Entstehungsgeschichte eines Romans, dessen Autor nicht wußte, daß es ein Roman werden würde. (Ich
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