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Vom Regen in die Traufe

Vom Regen in die Traufe

Titel: Vom Regen in die Traufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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hatte er Lena Lun d mark an Land gebracht.
    Mit leiser Wehmut ob des so raschen und schn ö den Endes seines fr ü hsommerlichen Abenteuers stieg Hermanni Heiskari in den Linienbus und fuhr in s ü dliche Richtung; hinter Vuo t so, am Abzweig zu seiner H ü tte in Porttipahta, stieg er schlie ß lich aus. Zu Hause schaltete er das Radio ein und las die Ze i tungen, die sich in der Woche angesammelt hatten. Er versp ü rte Seh n sucht und hegte die leise Hoffnung, dass Lena Lundmark Ko n takt zu ihm aufnehmen m ö ge. Aber den Ve r sprechen feiner Herrschaften konnte man nicht trauen, das war eine altbekan n te Tatsache.
    Es war die Zeit des erwachenden Sommers, aber Hermanni Heiskaris Stimmung war tr ü be. Er starrte durchs Fenster seiner H ü tte auf das niedrige Ufergeb ü sch am k ü nstlichen See, wo die Schell- und Krickenten ihre Balz veranstalteten. He r manni empfand das als blanken Hohn. Immer wieder musste er an Lena Lundmarks Frische und Nat ü rlichkeit denken, an ihr sch ö nes und dankbares L ä cheln und ihre energische Art, den Kopf zur ü ckzuwerfen, wobei das Haar so h ü bsch aus der Stirn nach hinten, ü ber die Ohren und in den Nacken fiel …, war es nun rot oder braun gewesen, das Haar? Er sah die schimmernde Eisfl ä che des Inarisees vor sich und hatte von morgens bis abends den Gesang der V ö gel im Ohr, und das machte dem alten fliegenden Gesellen m ä chtig zu schaffen. Lenas Figur hatte sich ihm nachdr ü cklich eingepr ä gt, ebenso ihr in jeder Hinsicht anziehendes Wesen. Schwer seufzend und h ü stelnd versuchte er sich von diesen Gedanken zu befreien, kochte Kartoffeln, bru t zelte in der Pfanne Rind- und Schwe i nefleisch aus der Dose und rauchte viele Schachteln gr ü ner North State. Er fand keinen Schlaf, war so unruhig, dass er mitten in der Nacht aufstehen und im Schuppen Brennholz hacken musste, nach und nach sammelten sich dort Vorr ä te f ü r mehrere Winter an. Hermanni begriff sehr wohl, dass er sich in seiner Dummheit verliebt hatte, aber diese Erkenntnis half ihm auch nicht weiter. Die brennende Leidenschaft lie ß ihm keine Ruhe, und er ä rgerte sich m ä chtig, dass er keinen Versuch unternommen hatte, bei Lena irgendwie zu landen. Jetzt war es zu sp ä t, die Gelegenheit war verpasst, die wortl o sen Tr ä ume waren dahingeschmolzen wie das dicke und endlose Eis des Inarisees. So geschah es mit allen guten und wichtigen Dingen in diesem Leben.
    Die Gedanken k ü hlten sich nur gelegentlich ab, wenn He r manni seine mechanische Schreibmaschine hervorholte und Erg ä nzungen zu der bereits begonnenen brisanten Story aufs Papier h ä mmerte. Ein arbeitsloser Holzf ä ller verf ü gt ü ber Zeit, momentan hatte Hermanni mehr als genug davon. Dicker Zigarettenrauch hing in der kleinen Stube. Hin und wieder knurrte der Schreiber gereizt, schraubte das Blatt heraus, malte mit schwerer Hand Korrekturen in den gewichtigen Text, spannte den Bogen wieder ein und fuhr mit dem heftigen Geh ä mmer fort.
    Eine Woche sp ä ter tauchte dann ein Besucher auf, Lena Lundmarks Onkel Ragnar Lundmark. Lena hatte ihren M ä d chennamen wieder angenommen, nachdem sie sich von ihrem Mann hatte scheiden lassen, einem gewissen Kuusisto aus Turku, seines Zeichens M ö belimporteur, der an Schizophrenie erkrankt war und sp ä ter Selbstmord begangen hatte. Herr Ragnar Lundmark war ü ber sechzig und ein Gentleman mit feinen Manieren. Wenn er sprach, h ö rte man den schwed i schen Akzent heraus. Er stellte sich vor und sagte, dass er ein Abg e sandter von Frau Lundmark sei und eine wichtige pe r s ö nliche Botschaft f ü r Herrn Heiskari habe.
    Ragnar hatte sich in Freizeitkleidung geschmissen. Er trug einen karierten Blouson aus Wollstoff, geschn ü rte Gel ä nd e schuhe aus weichem Leder, Cordhosen und ein M ü ckennetz. Drau ß en vor dem Haus stand ein gro ß er Pkw, den Lundmark, wie er berichtete, in Rovaniemi gemietet hatte, nachdem er von Maarianhamina ü ber Helsinki dorthin geflogen war. Bis zu Hermanni Heiskaris H ü tte war es ü berraschend weit gew e sen. Lappland war in der Tat ein sehr gro ß er Bezirk, besonders im Vergleich mit Å land. Sein Gep ä ck hatte der Gast im Auto gelassen, wie er sagte.
    Lundmark war ein gro ß er schlanker Mann, er hatte eine ad e lige Hakennase und eine hohe Stirn mit mehreren Reihen waagerechter Falten. Das d ü nne silberwei ß e Haar war glatt nach hinten gek ä mmt. Seine Haltung war untadelig, und er bewegte sich geschmeidig wie ein Kosak.

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