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Vom glücklichen Leben (German Edition)

Vom glücklichen Leben (German Edition)

Titel: Vom glücklichen Leben (German Edition)
Autoren: Lucius Annaeus Seneca
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und das Gemeinwesen ihn nicht zum Einsatz ruft, wenn ihn die Gesundheit hindert, dann wird er, so wie man ein beschädigtes Schiff nicht aufs Meer schickt, wie ein Schwacher seinen Namen nicht zum Kriegsdienst einschreiben wird, jenen Weg nicht betreten, von dem er weiß, dass er nicht gangbar ist. 4 Es kann also jener, der lauter unversehrte Glieder besitzt, bevor er irgendwelche Unwetter erlebt hat, in Sicherheit bestehen und sich ohne Verzug den schönen Künsten hingeben und ohne Einschränkung seine freie Zeit pflegen, als Verehrer der Tugenden, welche auch in aller Stille ausgeübt werden können. 5 Dies nämlich führt der Mensch aus, damit er den Menschen nützt, wenn möglich vielen, wenn weniger, wenigen, wenn noch weniger, seinen Nächsten, wenigstens aber sich selbst. Denn wenn er sich anderen nützlich macht, betreibt er öffentliche Angelegenheiten. Wie auch der, der seinen eigenen Wert mindert, nicht nur sich selbst schadet, sondern auch all jenen, denen er, wenn er besser wäre, nützen könnte, so nützt jeder, der sich gut um sich selbst kümmert, eben dadurch anderen, weil er ihnen künftig Vorteil bereitet.
    (4) Zwei Gemeinwesen umfassen wir im Geist, die eine große und wahre res publica , welche die Götter und Menschen umfasst, in welcher wir nicht auf diesen Winkel schauen oder auf jenen, sondern die Grenzen unseres Gemeinwesens mit der Sonne ausmessen, und das andere, das uns die Umstände unserer Geburt zugewiesen haben. Dieses kann entweder die Gemeinschaft der Athener sein oder die der Karthager oder irgendeiner anderen Stadt, die nicht allen Menschen zu eigen ist, sondern nur bestimmten. Einige verwenden gleichzeitig auf beide Gemeinwesen Anstrengung, auf das größere und das kleinere, einige nur auf das kleinere, andere nur auf das größere. 2 Diesem größeren Gemeinwesen können wir auch in der Muße dienen, ja ich weiß nicht einmal, ob in der Muße sogar besser, sodass wir untersuchen, was die Tugend ist, ob es eine oder mehrere gibt, ob die Natur oder das Erlernte gute Männer hervorbringt; ob es nur eine einzige Erde ist, die Meere und Länder und das, was Meere und Länder belebt, umfasst, oder ob der Gott viele Körper dieser Art ausgestreut hat, ob alles zusammenhängt und voll von Materie ist, aus welcher alles geboren wird, oder ob alles auseinandergezogen und mit Leere vermischt ist. Welches der Wohnsitz Gottes ist, ob er seine Schöpfung betrachtet oder lenkt, ob er sie nur von außen umfließt oder sie insgesamt durchdringt. Ob die Welt unsterblich ist oder unter die hinfälligen und nur für eine gewisse Zeit geborenen Dinge zu zählen ist. Wer über dies nachdenkt – was erweist er dem Gott? Dass seine Werke nicht ohne Zeugen sind.
    (5) Wir pflegen zu sagen, das höchste Gut sei es, gemäß der Natur zu leben. Die Natur hat uns für beides geboren, sowohl zum Nachdenken über die Dinge als auch zur Tätigkeit. Nun werden wir das beweisen, was wir zuerst gesagt haben. Was weiter? Wird dies nicht bewiesen sein, wenn jeder Einzelne sich fragt, wie viel Begierde er besitzt, Unbekanntes kennenzulernen, wie sehr er zu Erzählungen angeregt wird? 2 Einige fahren zur See und nehmen die Mühen einer sehr langen Reise auf sich für den einen Lohn, dass sie etwas Entlegenes und Verborgenes entdecken. Diese Sache ruft die Völker zu Schauspielen zusammen, dies zwingt, an verschlossene Orte zu rudern, Geheimnisse auszuforschen, Altertümer hervorzuwälzen, sich die Gewohnheiten barbarischer Völker anzuhören. 3 Die Natur hat uns einen neugierigen Geist verliehen, und sich selbst ihrer Kunst und Schönheit bewusst, hat sie uns als Zuschauer für solche Schauspiele von Ereignissen hervorgebracht. Ihre Früchte würde sie verlieren, wenn sie diese so groß, so leuchtend, so fein ausgeführt, so glänzend und in so unterschiedlicher Weise schön, nur der Einsamkeit zeigte. 4 Damit du weißt, dass sie bedacht, nicht nur angesehen werden will, sieh, welchen Platz sie uns zugewiesen hat. In ihren zentralen Teil hat sie uns gestellt und uns den Rundblick über alle Dinge gegeben. Aber sie hat den Menschen nicht nur aufgerichtet, sondern ihn auch in die Lage versetzt nachzudenken, sodass er vom Aufgang der Sterne bis zu ihrem Untergang verfolgen kann, wie sie gleiten, und sein Gesicht überall hinwenden kann; ein erhabenes Haupt hat sie ihm gegeben und auf einen beweglichen Hals gesetzt. Ferner hat sie je sechs Sternbilder für den Tag und für die Nacht heraufgeführt und damit jeden Teil
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