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Volle Deckung Mr. Bush

Volle Deckung Mr. Bush

Titel: Volle Deckung Mr. Bush
Autoren: Michael Moore
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überhaupt dazu gekommen? 82 Prozent von uns haben nicht
    einmal einen Paß! Nur eine Handvoll kann eine andere Sprache als Englisch (und auch das sprechen wir nicht besonders gut).
    George W. sieht den Rest der Welt jetzt zum ersten Mal - weil er muß, weil das Reisen bei einem Präsidenten verdammt nochmal zum Job gehört.
    Vermutlich bekamen wir die Verantwortung für die Welt, weil
    wir die größten Kanonen haben. Komisch, das funktioniert
    anscheinend immer. Wir haben den Kalten Krieg gewonnen,
    weil unser Gegner die Flagge gestrichen hat. Die Sowjetunion beschloß dank Mr. Gorbatschow, den Kampf aufzugeben, weil
    sie sich mit einem System stranguliert hatte, das einfach nicht funktionierte. Das Regime in Ostdeutschland ging zu Ende, weil die Leute auf die Straße gingen und gegen eine Mauer
    hämmerten. Wow, das muß man sich mal vorstellen, ein
    Regimewechsel, ohne daß ein einziger Schuß abgefeuert wird!
    Dasselbe passierte in Südafrika - niemand mußte das Land
    bombardieren, um es zu befreien. Tatsächlich gibt es etwa zwei Dutzend Länder, die - grob gerechnet - im letzten Jahrzehnt
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    befreit wurden, einerseits durch den Druck der
    Weltöffentlichkeit, vor allem jedoch, weil ihre Bevölkerung
    durch einen gewaltlosen Aufstand die Macht ergriffen hat.
    Aber wir Amerikaner kriegen ja keine Nachrichten aus
    Gebieten, die jenseits von Brooklyn oder Malibu liegen.
    Vermutlich haben wir gar nicht erfahren, wie ein richtiger Regimewechsel vor sich geht. Deshalb war es vor dem Irakkrieg auch so einfach, uns schaufelweise Sand in die Augen zu streuen (meine Lieblingsschaufel war, daß der 11. September mit
    Saddam Hussein in Verbindung gebracht wurde), und die
    meisten von uns ließen sich blenden.
    Okay, das ist verständlich. Wir wußten es nicht besser, und ich bin sicher, den meisten von euch ist klar, daß wir ein wirklich leichtgläubiger Haufen sind. Wir gehen das Leben ziemlich
    offen und großzügig und unkompliziert an. Wenn ihr uns um
    Hilfe bittet, kommen wir euch zu Hilfe. Und wenn ihr uns sagt, daß Esel fliegen können, glauben wir es (wenn ihr es im
    Fernsehen sagt). So sind wir nun mal, und ihr habt bestimmt
    schon festgestellt, daß das eine bezaubernde Eigenschaft von uns ist. Na los, gebt's schon zu, das ist doch der Grund, warum ihr uns so gern habt. Und unseren Unternehmungsgeist nicht zu vergessen! Wir haben die nächste große Erfindung schon
    gemacht, bevor es 12.00 Uhr mittags schlägt. Wir haben Drive!
    Und Ehrgeiz! Und Selbstvertrauen! Klar, wir haben seit sechs Jahren keinen Tag mehr frei gehabt, aber was soll's! Wer
    braucht schon Schlaf! Wir müssen eine Welt regieren!

    Das erklärt vermutlich, warum wir uns so verhalten haben, wie wir uns verhalten haben. Aber jetzt kommt meine Frage an euch: Welche Entschuldigung habt ihr? Warum habt ihr euren Regierungen im Lauf der Jahre gestattet, immer mehr von dem
    sozialen Netz wegzuschnippeln, das ihr uns vorausgehabt habt?
    Ihr Deutschen habt doch immer gesagt: »Wir sind füreinander
    verantwortlich.«
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    Deshalb gab es bei euch die Krankenversorgung, die Ausbildung und überhaupt alles, was ALLE brauchen, umsonst. Aber jetzt
    wird das alles immer weniger. Es ist, als ob ihr euch in uns verwandelt, in ein Volk, das glaubt, daß die Reichen immer
    reicher werden müßten und alle anderen ihnen den Arsch küssen sollten. Ach kommt schon, ihr Deutschen, ihr wißt es doch besser! Ihr seid belesen. Eure Medien berichten auch, was
    südlich der Alpen geschieht. Ihr macht Reisen. Ihr wißt Bildung zu schätzen. Und ihr habt im vergangenen Jahr die moralische Führung in der Frage Krieg oder Frieden übernommen. Ich bitte euch inständig, zeigt dieselbe moralische Urteilsfähigkeit, wenn es darum geht, das soziale Netz für jene Deutschen zu erhalten, die in eurem Land die schwächsten sind. Beschreitet nicht den amerikanischen Weg, wenn es um die Wirtschaft, um
    Arbeitsplätze und um Dienstleistungen für Arme und
    Einwanderer geht. Es ist der falsche Weg.

    Okay, jetzt kommt eine gute Nachricht: Während ich dies
    schreibe, wird über eine neue Meinungsumfrage in den USA
    berichtet. Ihr zufolge sind die Amerikaner zum ersten Mal
    mehrheitlich der Ansicht, daß Bush keine zweite Amtszeit mehr regieren sollte. Das ist eine großartige Nachricht, wenn man bedenkt, wieviel Unterstützung er zunächst für seinen kleinen Krieg bekam, der inzwischen zu einem endlosen Krieg
    geworden ist. Es hat also auch etwas Positives, daß wir
    Amerikaner
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