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Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild
Autoren: Richard Auer
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gar nicht fertig. Solche
Idioten. Wer beschmiert denn schon einen Dom?«
    ***
    Die
Kollegen der Polizeiinspektion Eichstätt waren bereits über das Graffiti
informiert worden, als Morgenstern Anzeige erstattete. Schon um sechs Uhr in
der Früh hatte der Dommesner empört Alarm geschlagen, und wenig später hatte
sich noch ein knappes Dutzend Kirchgänger und Passanten telefonisch bei den
Beamten gemeldet. Die Besatzung eines Streifenwagens hatte schon Fotos vom
Delikt gemacht und die vom Mesner sorgfältig sichergestellte Farbdose in die
Inspektion gebracht.
    Morgenstern war verlegen, als er den Kollegen am
Eingangsbereich über seinen spontanen nächtlichen Einsatz informierte. Auch
wenn er erst kurz in Eichstätt war – er war erst im Februar von Nürnberg
hierhergezogen –, kannte er die meisten Beamten der Inspektion bereits
flüchtig. Es hatte sich ausgezahlt, dass er im Polizeisportverein regelmäßig
zum Volleyballtraining ging. Ein bisschen Kontaktpflege konnte nie schaden.
    »Und du hast die drei Sprayer nachts wirklich auf
frischer Tat ertappt?«, fragte der Kollege Klaus Binder.
    »Sage ich doch, aber sie sind mir entwischt. Unten an
der Herzoggasse bin ich über ein paar Abfallsäcke gestolpert, und als ich mich
wieder aufgerappelt hatte, waren sie weg«, berichtete Morgenstern und
präsentierte Binder seine Handballen, die mit großen Hansaplaststreifen
verarztet worden waren.
    »Ach, du warst das?«, grinste er. »Heute früh haben
wir aus der Herzoggasse eine Beschwerde wegen Vandalismus bekommen, weil jemand
den ganzen Müll verstreut hat. Da reagieren die Leute hier allergisch drauf. Du
machst dir noch keine Vorstellung davon, mit welchem Pipifax wir es in
Eichstätt laufend zu tun haben.«
    »Dann habt ihr heute immerhin schon einen Fall
geklärt«, sagte Morgenstern optimistisch.
    »Und die Sprayer kriegen wir auch noch, verlass dich
drauf«, versprach Binder. »Wir kennen schließlich unsere Pappenheimer. Kannst
du die Burschen beschreiben?«
    Morgenstern dachte nach. Die Sprayer hatten im
geschützten Dunkel gestanden, einer hatte eine dunkle, vielleicht schwarze
Windjacke getragen. »Nicht wirklich, ich habe fast gar nichts gesehen.« Heute
war er wirklich keine große Hilfe.
    Binder seufzte: »Na ja, nicht so schlimm, Mike. Falls
dir noch etwas einfällt: Sachbearbeiter ist Hartmut Gruber. Den kennst du
doch?«
    »Ich glaube schon«, log Morgenstern, um nicht wieder
sein Unwissen zugeben zu müssen. »Hoffentlich kriegt ihr die Schmierfinken.
Schon mir zuliebe.« Er dachte kurz nach. »Was haben die eigentlich genau an die
Mauer gesprayt?«
    »Nur ein paar Buchstaben, die bisher aber noch keinen
Sinn ergeben. Warte, ich schau kurz in den Computer, wir haben die Fotos schon
ins System gestellt.« Während Binder ein paar Angaben in den PC tippte, meinte er an Morgenstern gewandt: »Mit
Graffitis haben wir hier in Eichstätt zum Glück nur selten zu tun. Einmal hat
jemand an die Mauer vom bischöflichen Priesterseminar ›Gott ist tot‹
geschmiert, aber kurz darauf hat ein anderer Sprayer das in ›Gott ist total
lieb‹ abgeändert.«
    Morgenstern schüttelte ungläubig grinsend den Kopf.
Dieses erzkatholische Eichstätt war ihm noch immer ein Buch mit sieben Siegeln.
    »Da haben wir’s ja schon: ›1/20 DAR ‹.« Klaus Binder war auf der Suche nach dem
Graffiti-Foto fündig geworden.
    Morgenstern zog seine Stirn in Falten: »›1/20‹? Das
scheint mir ein Datum zu sein, so wie Nine-Eleven ,
der 11. September mit dem Terroranschlag auf das World Trade Center. Die
Amis kürzen das Datum auf die gleiche Weise ab.«
    »Dann würde das also auf den 20. Januar
hinweisen. Aber was ist mit › DAR ‹?«
    »Das wiederum sagt mir gar nichts. Erinnert mich an
Darfur, die Krisenregion im Sudan. Vielleicht gibt es da ja einen Jahrestag am
20. Januar?«, grübelte Morgenstern. »Sag mal, wie sieht es hier in
Eichstätt eigentlich mit der linken Szene aus, oder gibt es vielleicht sogar
Autonome?«
    »Eher nicht«, antwortete Binder. »An der Uni haben wir
ein paar Linke, aber Militante sind uns noch nicht untergekommen.« Er hielt
inne. »Doch, warte mal: Vor ein paar Jahren tauchte am Finanzamt auf dem
Residenzplatz ein Graffiti auf. Das Säubern hat ein Heidengeld gekostet, weil
alle Fassaden unter Denkmalschutz stehen. Da ging es gegen den G8-Gipfel in
Deutschland. ›Stoppt G8‹, haben da welche hingeschmiert. Wenn ich es mir recht
überlege, haben wir ziemlich viele Ökos hier in Eichstätt.
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