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Vilja und das Raeuberfest

Vilja und das Raeuberfest

Titel: Vilja und das Raeuberfest
Autoren: Siri Kolu
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ärgerlich ist.«
    Obwohl ich sie böse anstarrte, hörte sie nicht mit ihrem Gequatsche auf. Eine perfekte, kasurinenmäßige Wortlava voller Verniedlichungen und kleiner Blümchen und Glitzeraufkleber schien dabei aus ihrem Mund zu fließen:
    » Das ist nicht besonders schwierig. Jetzt schreibst du nur in das Empfängerfeld: Jouni Vainisto, @-Zeichen und dann … Wo arbeitete dein Vater nochmal?«
    Aaargh! Während ihres Redeschwalls, in dem mehrmals ihr Lieblingssatz » Herrlich, herrlich, ’ne Lösung gibt’s immer!« fiel, fing sie tatsächlich an zu singen und wies dabei mit ihrer Hand auch noch auf die jeweilige Notenhöhe! Ob sie wohl eigene Kinder hatte? Wenn ja, war ihr Nachwuchs mit Sicherheit schon völlig gaga!!
    Ich musste schnell handeln und täuschte einen Asthmaanfall vor. Sofort brachte mir Kasurinen ein Glas Wasser, das ich während eines weiteren Anfalls über ihre frisch ausgedruckten Notenblätter kippte (es lebe der Tintenstrahldrucker!). Während Kasurinen die Noten trocknete, hatte ich etwa zwanzig Sekunden Zeit, um den gesperrten Bereich der Bandit-H-Homepage zu öffnen, Heles Namen in das Empfängerfeld und die Nachricht » SOS Kleine Musikanten Ypäjävuori 1.6.-22.6.« zu schreiben. Zum Glück hatte ich im letzten Jahr jeden Abend tippen geübt, sodass ich mittlerweile ziemlich schnell war. Heles Internetseite war für uns eine wichtige Möglichkeit geworden, den Kontakt zu halten.
    Ihr Hobby, Barbies als Anarcho-Puppen zu stylen und sie im Internet zu verkaufen, hatte aus ihr in der Zwischenzeit ein ziemlich reiches Mädchen gemacht. Aus der geheimnisvollen Bandit-H-Schöpferin war sogar schon so etwas wie eine Kultfigur geworden!
    Ich benötigte noch ein bisschen mehr Zeit, also trat ich heimlich gegen den Kartonberg neben dem Tisch. Der Stapel krachte auf die nassen Notenblätter, und aus dem obersten Karton rutschten zahllose bunte Tütchen quer über den Boden.
    Kasurinens Atem pfiff wie eine Teekanne, als sie aufgeregt versuchte, Herr über die neue Katastrophe zu werden. Währenddessen löschte ich im Internet eilig alle Hinweise auf die besuchte Seite. Wieder ein Trick, den mir Hele beigebracht hatte. Erst danach fiel mein Blick auf die Pappkartons. Darauf stand ja tatsächlich » Schokokekse, 20 Stück, 200 Gramm pro Tüte«! Warum gab es hier Schokokekse, wenn im Speisesaal den Ferienlagerregeln entsprechend » zwecks nettem Beisammensein, dem Zauber der Musik und dem gesunden Leben« nur gekochter Reis und gedämpfte Möhren serviert wurden?!
    Hilferuf verschickt! Vor Glück hatte ich mich den ganzen gestrigen Tag über in einer Art Freudentaumel befunden. Ich überstand meine erste Einzelstunde, in der mir Bemerkungen über meine lahme Bogenführung und meine schlechte Spielhaltung an den Kopf geworfen wurden. Ich müsste nur noch eine sehr kurze Zeit die Zähne zusammenbeißen, hatte ich mich selbst zu beruhigen versucht. Alles würde sich ganz schnell zum Guten wenden.
    Meine Pechsträhne hatte schließlich schon lang genug gedauert – genau genommen begann sie exakt am Ende des letzten Sommers. Seitdem hatte ich mir oft gewünscht, niemals aus dem Räuberbus gestiegen und nach Hause zurückgekehrt zu sein! Mein Papa war damals sehr wütend gewesen, Mama war ganz außer sich, und meine Schwester Vanamo – na ja, sie war genau dieselbe Vanamo wie immer gewesen: Fürch-ter- LICH !
    Das gute Gefühl nach der Mail an Hele machte während der zweiten Nacht dem Angstschweiß Platz. Mittlerweile war ich sicher, dass mein Hilferuf überhaupt nicht richtig verstanden werden konnte! Warum um alles in der Welt hatte ich so was Blödes geschrieben? » Die Kleinen Musikanten, Ypäjävuori«. Das klang ja schon fast nach einer Werbung! Es hörte sich an, als wollte ich Hele und Kalle und die restlichen Räuberbergs zum Abschlusskonzert einladen, und nicht danach, dass ich sie bat, mich zu retten! Ich sah sie gedanklich schon im Publikum sitzen: die keksgelben Zöpfe des Wilden Karlos aufgebürstet und die Goldzähne von Gold-Piet sorgfältig poliert, sodass sie in der untergehenden Sommersonne glitzerten. Warum hatte ich nicht » Hilfe! Rettet mich!« geschrieben? Würde Hele meine Nachricht richtig deuten können? Verstand sie, dass » SOS « ein Hilferuf war?
    Wenn Hele meinen Code nicht knackte, konnte es sein, dass der geplante Räubersommer endgültig im Eimer war!
    Ich schloss mein Notizbuch und machte mich für die nächste Einzelstunde fertig. Die anderen Barbalalas hatten
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