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Verstand und Gefühl

Titel: Verstand und Gefühl
Autoren: dtv
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Devonshire, die noch ein paar Stunden zuvor ausreichend gewesen wäre, um jeden möglichen Vorteil, den dieser Ort sonst bot, außer acht zu lassen, empfahl ihn nun an erster Stelle. Die Nachbarschaft von Norland zu verlassen, war jetzt kein Unglück mehr, sondern sogar wünschenswert; es war ein Segen im Vergleich mit dem elenden Zustand, weiterhin Gast ihrer Schwiegertochter zu sein; und von dem geliebten Ort für immer fortzuziehen würde weniger schmerzlich sein, als ihn zu bewohnen oder zu besuchen, während eine solche Frau seine Herrin war. Sie schrieb sofort an Sir John Middleton, dankte ihm für seine Freundlichkeit und erklärte ihm, daß sie mit seinem Vorschlag einverstanden sei; und dann eilte sie, ihren |29| Töchtern beide Briefe zu zeigen, um sich ihrer Zustimmung zu versichern, bevor die Antwort abgeschickt würde.
    Elinor hatte immer schon gemeint, daß es klüger für sie wäre, sich in einiger Entfernung von Norland niederzulassen als unmittelbar zwischen ihren gegenwärtigen Bekannten. Was das betraf, hatte sie also keinen Grund, der Absicht ihrer Mutter, nach Devonshire zu ziehen, entgegenzutreten. Auch war das Haus, wie Sir John es beschrieb, von so schlichten Ausmaßen und die Pacht so ungemein niedrig, daß sie in keinem der Punkte ein Recht zum Einspruch haben konnte; und obgleich dieser Plan keinen Reiz für sie hatte und es keineswegs ihr Wunsch war, so weit von Norland fortzuziehen, unternahm sie deshalb keinen Versuch, ihrer Mutter davon abzuraten, den Brief mit ihrer Zustimmung abzuschicken.

|30| Kapitel 5
    Kaum war ihre Antwort abgesandt, als sich Mrs.   Dashwood auch schon das Vergnügen machte, ihrem Stiefsohn und seiner Gattin anzukündigen, daß ihr ein Haus zur Verfügung stehe und sie ihnen nun nicht mehr länger zur Last fallen würde, als bis alles für sie bereit war, um es zu bewohnen.– Sie hörten es mit Verwunderung. Mrs.   John Dashwood sagte nichts; doch ihr Gatte gab höflich seiner Hoffnung Ausdruck, daß sie sich doch wohl nicht weit von Norland niederlassen würden. Es verschaffte ihr große Genugtuung zu erwidern, daß sie nach Devonshire zögen. Als Edward das hörte, wandte er sich ihr hastig zu und wiederholte in einem Ton der Überraschung und Beunruhigung, der für sie keinerlei Erklärung bedurfte: »Devonshire! Ziehen Sie tatsächlich dorthin? So weit weg von hier? Und in welchen Teil von Devonshire?« Sie erklärte ihm die Lage. Es war vier Meilen nördlich von Exeter.
    »Es ist zwar nur ein kleines Landhaus«, fuhr sie fort, »aber ich hoffe, viele meiner Freunde darin zu empfangen. Ein paar Räume können leicht angebaut werden; und wenn meine Freunde keine Schwierigkeiten haben, so weit zu reisen, um mich zu besuchen, dann werde ich gewiß auch keine haben, sie unterzubringen.«
    Sie schloß mit einer sehr freundlichen Einladung an Mr. und Mrs.   John Dashwood, sie in Barton zu besuchen; und Edward bedachte sie mit einer noch liebenswürdigeren Einladung. Obgleich ihre letzte Unterhaltung mit ihrer Schwiegertochter sie zu dem Entschluß hatte kommen lassen, nicht länger als unvermeidbar in Norland zu bleiben, hatte dieses Gespräch bei ihr nicht die geringste Wirkung in dem Punkt |31| hervorgebracht, auf den es hauptsächlich gerichtet gewesen war. Edward und Elinor zu trennen lag ihr ebenso fern wie zuvor; und sie wollte Mrs.   John Dashwood mit dieser absichtlich deutlichen Einladung an ihren Bruder zeigen, daß sie deren Mißbilligung einer Verbindung nicht die allergeringste Beachtung schenkte.
    Mr.   John Dashwood sagte seiner Mutter immer wieder, wie außerordentlich leid es ihm tue, daß sie ein Haus genommen habe, das so weit von Norland entfernt lag und ihm somit jede Möglichkeit nehme, ihr beim Umziehen behilflich zu sein. Ihn plagte bei dieser Sache wirklich das Gewissen; denn gerade die Leistung, auf die er die Erfüllung des Versprechens gegenüber seinem Vater beschränkt hatte, war durch diese Regelung undurchführbar geworden. – Die Einrichtung wurde auf dem Wasserwege geschickt. Sie bestand in der Hauptsache aus Haushaltswäsche, Silberzeug, Porzellan und Büchern und Mariannes hübschem Klavier. Mrs.   John Dashwood sah die Pakete mit einem Seufzer das Haus verlassen; sie konnte nicht umhin, es als Zumutung zu empfinden, daß Mrs.   Dashwood irgendwelche schönen Gegenstände besitzen sollte, da ihr Einkommen doch so gering im Vergleich mit ihrem eigenen sein würde.
    Mrs.   Dashwood übernahm das Haus für ein Jahr; es war
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