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Versprechen eines Sommers

Versprechen eines Sommers

Titel: Versprechen eines Sommers
Autoren: Susan Wiggs
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große Demütigung auf sie wartete. Um wieder sicheren Boden zu erreichen, musste sie direkt in seine wartenden Arme hinabsteigen, die die Leiter auf beiden Seiten festhielten. Er roch nach Leder und noch etwas anderem. Dem Wind vielleicht.
    Ihre Muskeln, die noch vor wenigen Augenblicken protestierend aufgeschrien hatten, drohten nun vor Erschöpfung nachzugeben. Sie hatte ihre letzte Kraft darauf verwendet, seine Arme wegzuschieben, damit sie nicht zwischen ihnen gefangen wurde. Er ließ die Leiter los und streckte seine Hand mit der Handfläche nach oben aus, als wolle er zeigen, dass er in Frieden gekommen war. Seine Hände in den schwarzen Lederhandschuhen wirkten riesig. Darth-Vader-Hände. Terminator-Hände.
    „Okay, jetzt sind Sie in Sicherheit“, sagte er.
    Sie lehnte sich rückwärts gegen die Leiter. Als sie zu ihm aufschaute, fühlte sich der Boden unter ihr nicht mehr allzu sicher an. Nichts fühlte sich sicher an.
    Er war groß. Das Leder betonte seine breiten Schultern. Dann sah sie die Chaps. Ein Motorradfahrer mit Chaps über einer ausgeblichenen Levi’s, das Leder an den richtigen Stellen durchs Tragen ganz weich geworden. Durch die halb geöffnete Jacke erspähte sie ein geripptes T-Shirt. Seine abgetragenen Stiefel sahen aus wie von einem Mann, der in ihnen seiner täglichen Arbeit nachgeht. Abgesehen von den Ketten. Sie konnte sich keinen irdischen Grund für diesen Schmuck vorstellen, außer dass sie sexy waren. Und wie!
    „Danke“, sagte sie und trat schnell einen Schritt zur Seite, um nicht länger zwischen Leiter und dem Mann gefangen zu sein. „Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn Sie nicht vorbeigekommen wären.“ In den verspiegelten Gläsern seiner Sonnenbrille konnte sie sich selber sehen – gerötete Wangen, windzerzaustes Haar. Sie wischte sich die Hände an ihren Shorts ab. „Was, ähm …“ Sie zögerte. Vielleicht war er es gar nicht. Vielleicht hatten die frische Luft und der Sonnenschein ihr Gehirn aufgeweicht. Sie bemühte sich um einen neutralen Tonfall und entschied sich, die Sache cool anzugehen. „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“
    „Ich denke, anders herum wird ein Schuh draus. Sie haben eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen. Irgendetwas wegen eines Bauprojekts?“ Mit diesen Worten nahm er die Sonnenbrille ab, löste dann den Helm und nahm auch ihn herunter.
    Oh Gott, dachte Olivia. Es sollte jeder sein, nur nicht du.
    Langsam zog er die Handschuhe aus, wobei er sie nicht aus den Augen ließ. Er blinzelte. „Müsste ich … kennen wir uns irgendwoher?“
    Macht er Witze? fragte sich Olivia. Weiß er es wirklich nicht?
    Als sie nicht reagierte, drehte er sich um und hisste gekonnt die Fahne. Sofort flatterte sie wie ein Segel im Wind.
    Olivia vergaß, sich zu bewegen, während sie ihn beobachtete. Zu atmen. Zu denken. Ein einziger Blick in diese Augen eines Herzensbrechers, und sie wurde in der Zeit zurückgeschleudert. Die Jahre fielen von ihr ab wie die Blätter eines Kalenders. Sie sah nicht Easy Rider. Sie schaute in das Gesicht eines Mannes, aber in diesen eisblauen Augen konnte sie den Jungen erkennen, der er vor so langer Zeit einmal gewesen war.
    Und nicht nur irgendein Junge. Der Junge. Der eine, dem alle ersten Male gehörten, alle wichtigen Meilensteine ihrer aufgewühlten und schmerzhaften Jugend. Der erste Junge, den sie je geliebt hatte. Der erste, den sie geküsst hatte. Der erste, der … Der erste, der ihr das Herz gebrochen hatte.
    Eine brennende Hitze ließ sie am ganzen Körper erröten. Vielleicht kam daher der Begriff „alte Flamme“. Irgendjemand wurde von ihr immer verbrannt.
    „Connor Davis.“ Das erste Mal seit neun Jahren sprach sie den Namen wieder laut aus. „Interessant, dich hier wiederzutreffen.“ Innerlich will ich sterben, dachte sie. Lieber Gott, lass mich gleich hier auf der Stelle sterben, und ich werde dich nie wieder um etwas bitten, solange ich lebe.
    „Ja, das bin ich“, erwiderte er unnötigerweise.
    Als wenn sie ihn hätte vergessen können. Das Versprechen des Jungen von damals war in dem vor ihr stehenden Mann erfüllt worden. Er müsste jetzt achtundzwanzig sein, ein Jahr älter als sie. Die etwas schlaksige Größe war mit entsprechender Breite ausgefüllt worden. Sein kokettes Grinsen und die funkelnden Augen waren immer noch gleich, auch wenn die harte Linie seines Kiefers von einem Eintagesbart gemildert wurde. Und er trug – Olivia blinzelte, um sicherzugehen, dass sie es sich
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