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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz
Autoren: Franziska Wulf
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Hand aus. »Ich danke Euch, dass Ihr es gefunden habt. Ich habe schon sehr lange danach gesucht. Giovanna hat es mir vor einiger Zeit entwendet.«
    »Cosimo ist gar nicht der Schuldige. Ihr habt Giovanna getötet!«
    »Ihr irrt. Cosimo hat sie getötet, so als hätte er seine Hände um ihren Hals gelegt. Er wollte sie fortbringen, sie heiraten. Aber sie wäre mit ihm nicht glücklich geworden. Dieser Teufel hätte ihr das Herz gebrochen, ihre reine, unschuldige Seele geradewegs in den Schlund der Hölle geführt. Und das konnte ich nicht zulassen. Versteht Ihr?«
    Anne sah Giacomo voller Abscheu an. Hatte sie nicht geträumt, dass sein Name auf Torquemadas Grab gestanden hatte? Und doch hatte sie sich von ihm täuschen, von seiner freundlichen, netten Art einwickeln lassen. Sie hatte ihm vertraut. Donna Lucia hatte gesagt, er sei ein Meister der Verstellung. Recht hatte sie. Er war ein genialer Schauspieler. Wenigstens ihr Unterbewusstsein war schlauer gewesen.
    »Und Giuliano? Eure eigenen Verwandten? Was ist mit ihnen? Musstet Ihr sie etwa auch ›retten‹?«
    »Nein, wahrlich nicht«, sagte Giacomo und schüttelte den Kopf. Er sah traurig aus, so als würde er mit ihnen Mitleid empfinden. »Ihnen war nicht mehr zu helfen, ebenso wenig wie der kleinen Hure aus Giulianos Haus, die für ein paar Süßigkeiten bereit gewesen war, ihren Herrn zu verraten. Ihre Seelen waren bereits verdorben. Sie alle waren schlecht und schwach, durch und durch. Sie waren dem Willen des Herrn ein Hindernis, das es auszuräumen galt. So wie auch Ihr. Glaubt mir, diese Entscheidung zu treffen fiel mir besonders schwer, ging es doch um das Kind, das Ihr unter Eurem Herzen tragt. Aber ich konnte nicht zulassen, dass es Euch gelingen würde, Giuliano vom Besuch der Messe abzuhalten und dadurch meinen ganzen Plan zu vereiteln. Allerdings hatte der Trottel von Montesecco gepfuscht und in der dunklen Gasse nicht Euer Herz, sondern nur Eure Lunge getroffen. Anfangs war ich deswegen außer mir, doch mittlerweile weiß ich, dass auch dies nach dem Ratschluss des Herrn geschehen ist, dessen Weisheit unübertrefflich ist. Denn Giuliano ist tot. Der schwache, unfruchtbare Baum der Pazzi ist gefällt. Und das Kind, das Ihr erwartet, lebt noch und wird mir ein guter Gefährte sein. Gezeugt in Sünde und doch rein und unschuldig, wie einst Giovanna war, bevor Cosimo sie mit seiner Hand befleckte, wird dieses Kind mir dabei helfen, die Welt von ihrem Übel zu befreien.«
    »Ihr seid wahnsinnig, Giacomo!«, rief Anne und wich zurück, bis sie die kalte Wand in ihrem Rücken spürte.
    Er schüttelte den Kopf und hob tadelnd seinen Zeigefinger. »Wo bleibt Euer Vertrauen in die Weisheit des Herrn, Signorina Anne? Ihr braucht Euch nicht zu fürchten. Die Niederkunft steht kurz bevor und …«
    »Es ist noch lange nicht so weit, Giacomo«, unterbrach Anne ihn, und ihre Stimme überschlug sich fast. Sie war wütend. Die ganze Zeit über hatte sie ihrem schlimmsten Feind vertraut. Und während sie ihn mit allen Informationen versorgt hatte, weil sie glaubte, dass er ihr helfen würde, hatte er sie nur ausgenutzt. »Es wird noch etliche Wochen dauern. Und so lange könnt Ihr mich nicht gefangen halten, ohne dass meine Abwesenheit auffallen und Lorenzo nach mir suchen wird.«
    Giacomo lächelte. Es war sein übliches gütiges, freundliches Lächeln. Weshalb war ihr nur vorher der kalte Glanz seiner Augen nicht aufgefallen? Oder dieses seltsame, fast diabolische Funkeln in den Tiefen seiner Pupillen? Dieser Mann war ganz ohne Zweifel wahnsinnig, verrückt, durchgedreht, schizophren oder was auch immer. Und sie hatte es nicht gemerkt.
    »Ihr irrt, Signorina Anne«, sagte er sanft und kam langsam Schritt für Schritt auf sie zu, wie eine Spinne, die sich einer in ihrem Netz gefangenen Fliege näherte. Kein Wunder, sie konnte nicht fliehen. Er war sich seiner Beute sicher. »Es wird nicht mehr lange dauern, Signorina Anne, da werden die Wehen über Euch hereinbrechen. Und dann …« In diesem Augenblick schrie Anne auf. Ein Schmerz, so heftig, wie sie ihn nie zuvor gespürt hatte, umklammerte ihren Leib wie ein viel zu enger Ring aus glühendem Eisen. Sie krümmte sich und stürzte keuchend auf die Knie. »Seht Ihr, Signorina? Ich habe Recht behalten. Dies ist die erste Wehe. Aber macht Euch keine Sorgen, dem Kind wird nichts geschehen.«
    Der Schmerz ebbte ab, und Anne stand auf. Sie fühlte sich, als wäre sie gerade von der Folterbank heruntergestiegen, und
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