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Verschwörung im Zeughaus

Verschwörung im Zeughaus

Titel: Verschwörung im Zeughaus
Autoren: Petra Schier
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ermordet haben soll – mit zwei Stichen übrigens. Soweit mir bekannt ist, waren die beiden recht gute Freunde.» Er hielt inne. «Vielleicht sind sie über irgendetwas in Streit geraten, der in einem Kampf geendet hat? So etwas soll ja vorgekommen. Greverode ist zudem für sein aufbrausendes Wesen bekannt.»
    Adelina legte ein Kräutersäckchen, das sie gerade aus dem Regal genommen hatte, auf den Tresen. «Das mag sein, aber einen Mord traue ich ihm dennoch nicht zu. Abgesehen davon, dass er sich gestellt und für Aufklärung gesorgt hätte, wenn es sich so zugetragen hätte. Ihr kennt ihn – seine Ehre würde es ihm gebieten.»
    «Vielleicht. Aber auch ein Ehrenmann kann in Panik geraten», gab Reese zu bedenken. «Vielleicht hat er einfach den Kopf verloren und … Nun ja, deshalb ist der Vogt wohl auch gleich zu Euch gekommen, Frau Adelina. Ihr seid die einzige Verwandte, die Greverode noch hat, abgesehen von seiner Tochter und den Eltern seiner verstorbenen Frau.» Er rieb sich über das glattrasierte Kinn. «Dabei fällt mir ein: Sagtet Ihr nicht, Ihr würdet die kleine Lucardis auf seinen Wunsch hin in die Lehre nehmen?»
    Adelina nickte. «Ja, aber erst im kommenden Sommer, wenn sie acht Jahre alt ist. Ich halte nichts davon, ein Kind früher in eine Lehrstelle aufzunehmen.»
    «Da habt Ihr recht. Kinder in diesem Alter sind schwer genug zu erziehen. Und wenn sie noch jünger sind, hat man meist nur damit zu tun, sie von ihrem Heimweh zu kurieren.» Reese lächelte kurz, wurde aber gleich wieder ernst. «Habt Ihr wirklich nichts von Greverode gehört? Der Vogt ist davon ausgegangen, dass er sich am ehesten an Euch wenden würde. Das heißt, falls er sich überhaupt noch in der Stadt aufhält.»
    «Ist Euch schon einmal der Gedanke gekommen, dass er vielleicht verletzt sein könnte?», fragte Adelina. Sie öffnete die Verschnürung des Säckchens und gab mit Hilfe eines Löffels ein Quantum von dem getrockneten Inhalt in eine der Waagschalen. In die andere legte sie ein Gewicht.
    «Verletzt?» Interessiert blickte Reese sie an.
    Adelina überlegte, ob sie ihm verraten sollte, dass Tilmann in Vitus’ Kammer lag und mit dem Tode rang, doch dann entschloss sie sich dagegen. Solange sie nicht mehr über die Angelegenheit wusste, würde sie Tilmanns Bitte entsprechen und seine Anwesenheit im Haus verschweigen. Ein wenig tat es ihr leid, den Gewaltrichter belügen zu müssen, denn er war ihr und ihrer Familie immer ein guter Freund und Fürsprecher gewesen. Aber wer wusste schon, was geschehen würde, wenn sie jetzt die Wahrheit sagte?
    «Ja, verletzt», antwortete sie schließlich. «Wenn es sich tatsächlich um einen Streit oder sogar Kampf gehandelt hat, ist doch zu vermuten, dass auch Tilmann Blessuren davongetragen hat.»
    Reese zögerte. «Wie erwähnt, da es keine Zeugen gibt, können wir nicht mit Sicherheit sagen, was sich ereignet hat. Aber es würde der Sache helfen, wenn Greverode sich dem Stadtgericht und dem Vogt stellte. Nur so können wir die Geschehnisse aufklären.»
    «Und meinen Bruder wegen Mordes hinrichten.» Adelina hob den Kopf und funkelte Reese herausfordernd an.
    Der Gewaltrichter hob begütigend die Hände. «Nicht doch, Frau Adelina. So schnell wird ein Mann nicht verurteilt, geschweige denn hingerichtet.»
    «Der Vogt schien aber recht überzeugt von Tilmanns Schuld zu sein», erwiderte sie verärgert.
    «Der Vogt tut auch nur seine Pflicht.» Reese seufzte. «Ich verstehe ja, dass Ihr Euren Bruder verteidigt. Nichts anderes habe ich erwartet. Aber versteht auch mich. Wir haben einen Toten im Zeughaus gefunden und Eures Bruders Messer gleich daneben. Euer Bruder ist seither spurlos verschwunden. Was würdet Ihr darüber denken, wenn Ihr die Sache aus Sicht des Vogtes betrachtet?» Mit einem leisen Ächzen erhob er sich und stützte sich wieder auf den Gehstock. «Ich bitte Euch nur, die Augen und Ohren offenzuhalten, Frau Adelina. Und gebt mir Bescheid, wenn Ihr von Greverode hört. Vielleicht habt Ihr recht, und alles hat sich ganz anders zugetragen. Aber das können wir nur herausfinden, wenn er sich stellt und uns sagt, was vorgestern Abend im Zeughaus passiert ist.»
    Schweigend sah er ihr dabei zu, wie sie die übrigen Ingredienzien für seine Arznei abwog, mischte und dann in ein kleines, hölzernes Kästchen abfüllte. «Legt bitte noch eine Handvoll von Euren kandierten Kirschen dazu», sagte er, nun wieder lächelnd. Als sie die Augenbrauen hob, ergänzte er rasch: «Für
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