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Verschwörung der Sieben

Titel: Verschwörung der Sieben
Autoren: Jon Land
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auftaten. Er kicherte, und sein Mundgeruch warf Ratansky fast um.
    »He«, murmelte Ratansky, als er spürte, wie sich die mächtige Hand des Mannes um seinen Ellbogen schloß. »He!«
    Das Haar des Riesen hing ihm in langen, fettigen Strähnen ins Gesicht. Die buschigen Brauen überschatteten gelblich verfärbte Augen, deren Pupillen geschlitzt waren wie die einer Katze. Nässende Eiterpickel bedeckten die Haut.
    Der Riese verstärkte den Druck seiner Hand und zeigte grinsend, was von seinen Zähnen noch übrig war.
    Und plötzlich begriff Ratansky und spürte, wie ihn alle Kraft verließ.
    »Nein«, keuchte er. »Nein!«
    Er sah, wie die stumpfe, rostige Klinge vorzuckte. Das Messer war genauso ungepflegt und heruntergekommen wie der Riese, der es führte.
    »April ist der Grausamste der Monate.«
    Der Stadtstreicher trug die erste Zeile von T.S. Eliots berühmtem Gedicht ›Das wüste Land‹ mit rauher Stimme vor, als sich das Messer in Ratanskys Bauch bohrte.
    Der Riese blickte sich um, während er das Messer nach oben drückte, um seine mörderische Arbeit zu vollenden, und sah die Gestalt eines Indianers, der sich durch die Menge auf dem Bürgersteig zur Straße drängte. Es schien, als spüre der Indianer den Blick, der auf ihm ruhte.
    Für einen Moment trafen sich ihre Augen, dann huschte die riesige Gestalt davon, die Aktentasche seines Opfers fest umklammert.
    Johnny Wareagle erstarrte für einen Sekundenbruchteil, irritiert durch den Anblick der formlosen Gestalt eines Mannes, die vielleicht ein Dutzend Schritte von ihm entfernt aufragte. Er sah direkt in die Sonne und blinzelte in der vagen Hoffnung, er könne auf diese Weise die unmögliche Erscheinung vertreiben. In dem kurzen Moment, den er brauchte, um sich wieder zu fangen, schaffte es die Gestalt, von der Straße zu verschwinden.
    Johnny stürzte vom Bürgersteig und versuchte auszumachen, in welche Richtung die riesige, in Lumpen gehüllte Gestalt geflüchtet war. Der flüchtige Blick hatte ausgereicht, um den Mann zu erkennen. Trotzdem glaubte er, seine Augen hätten ihn getäuscht.
    Johnny hatte fast die Ecke der Fifty-ninth Street erreicht, als die blutüberströmte Gestalt des Mannes, der sich mit seiner Aktentasche neben El-Salarabi an den Obststand gestellt hatte, gegen ihn stolperte. Passanten wichen kreischend zur Seite. Der brechende Blick des Sterbenden suchte Johnnys Augen, seine zitternden Finger bohrten sich in den Unterarm des Indianers.
    »Der Tag des Gerichts«, murmelte er, während Blut und Eingeweide aus der klaffenden Wunde in seinem Bauch quollen. »Der Tag des Gerichts.«
    Der Mann sackte zusammen. Johnny packte zu, um seinen Fall zu bremsen.
    »Haltet sie auf«, keuchte der Mann. Seine Augen wurden langsam glasig, doch der Griff um Johnnys Arm lockerte sich nicht. »Ihr müßt sie aufhalten …«
    Das Kinn des Mannes sackte herab, als er seinen letzten Atemzug tat. Wareagle ließ ihn sanft auf das Pflaster sinken. Er suchte die Umgebung nach der braunen Ledertasche ab und sprang wieder auf die Füße, als sie nirgends zu entdecken war. Mit raschen Schritten drängte er sich durch die zusammenströmende Menge in Richtung der Fifty-ninth Street, wo er die riesige, in Lumpen gehüllte Gestalt zu finden hoffte, die die Aktentasche an sich genommen haben mußte.
    Doch er entdeckte nichts. Wareagle bewegte sich weiter in östlicher Richtung und überprüfte jede Baulücke und jede Gasse, die von der Straße abging.
    »Johnny!« Blaine McCrackens Stimme drang in sein Ohr. »John ny!«
    Wareagle blieb stehen. »Ja, Blainey?«
    »El-Salarabi ist gerade wieder im Bloomingdale's verschwunden. Hast du den anderen …«
    »Der ist tot, Blainey.«
    »Und die Aktentasche? Was ist mit der Tasche?«
    »Weg.«
    Blaine bemühte sich, das Gefühl der Enttäuschung zu unterdrücken, das sich in ihm ausbreitete. »Na schön, wenigstens haben wir noch diesen arabischen Hundesohn. Komm her, so schnell du kannst, Indianer.«
    In einer Gasse, die von der Sixtieth Street abging, blieben die beiden gutgekleideten Männer zwei Schritte von der mächtigen Gestalt entfernt stehen. Die Aura der Gewalt, die den Mann umgab, ließ sie ebenso innehalten wie dessen durchdringender Gestank. Er stand etwas vorgebeugt und mit gesenktem Kopf da, und seine gelben Augen blickten die beiden an wie die eines Raubtiers kurz vor dem Sprung.
    »Sprach der Rabe«, sagte die Stimme durch trockene, aufgesprungene Lippen. »Nimmermehr.«
    Die linke Hand mit der Aktentasche
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