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Verschollen

Titel: Verschollen
Autoren: Åke Smedberg
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Mann zu ihm aufschließen würde.
    »So, du Dreckskerl!«
    Er spürte den Würgegriff am Hals, als sein Verfolger ihn von hinten packte. Abrupt blieb er stehen, entspannte seinen Körper, ließ ihn beinahe kraftlos, ohne Kontrolle wirken. Er wartete so lange, bis er spürte, dass der Druck nachließ, ergriff dann das Handgelenk des anderen, riss den Arm nach oben, tauchte gleichzeitig unter seinen Armen hindurch und zwang ihn so auf die Zehenspitzen. Er ließ ihn eine trippelnde Pirouette ausführen, den Arm auf den Rücken gedreht. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, ehe er mit einem festen Ruck wieder an ihm riss, sodass das Schultergelenk des Mannes mit einem dumpfen Geräusch zerbarst. Erst da löste er den Griff, ließ ihn rücklings zu Boden stürzen, erst da hörte er den gequälten Schmerzensschrei, der den Lippen seines Opfers entwich.
    Er drehte sich um, setzte seinen Fuß auf das Becken des Liegenden und trat mit aller Kraft zu. Der Schrei brach abrupt ab, nur ein halb ersticktes Wimmern war zu vernehmen. Er starrte hinunter auf den Mann, zielte und trat zu, sah, wie sein Kopf zur Seite fiel und er völlig verstummte.
    Dann lief er weiter. Verließ den Kahlschlag und rannte Richtung Fluss, bis er vom Weg aus nicht mehr zu sehen war. Erneut hielt er an, kehrte um und stieg die Anhöhe hinauf, jetzt ganz gemächlich. Als er den Weg wieder sehen konnte, ging er in die Hocke und zog sein Fernglas aus der Tasche. Die beiden anderen Männer hatten ihren Kameraden gefunden. Er beobachtete, wie sie sich zu ihm hinunterbeugten und ihn halb schleifend, halb tragend zum Weg schleppten. Als sie es schließlich geschafft hatten, ihn auf den Rücksitz zu legen, kehrte der eine zurück und holte den Plastiksack. Auch auf diese Entfernung konnte er seine Reaktion ablesen, als er ihn öffnete: Unverhohlenes Erstaunen ließ den Mann für einen Moment wie gelähmt erscheinen.
    Er senkte sein Fernglas und lachte leise in sich hinein.
    Er wartete, bis er den Wagen davonfahren sah. Zuvor hatte er beobachtet, wie die Männer die Motorhaube von dem Mazda aufbrachen, mit dem er gekommen war, und den Verteilerkopf herausrissen. Da er etwas Ähnliches erwartet hatte, zeigte er keinerlei Regung.
    Er dachte nach. Das Wichtigste war nun, in den Besitz eines Autos zu kommen. Nach seinen Berechnungen hatte er ungefähr eine Stunde Zeit. Er versuchte auszurechnen, wie weit es bis zum anderen Ende des Sees war.
    Dann erhob er sich, warf das Fernglas von sich und den Spaten, der noch in seinem Gürtel gesteckt hatte. Auch den Pullover zog er aus, behielt nur die Jacke an.
    Es kostete ihn eine gute halbe Stunde, ehe er die Kreuzung, die zu den Häusern führte, erreichte. Er schwitzte, aber seine Atmung war unverändert ruhig. Er lief mit gleichmäßigen, weit ausholenden Schritten, vermied es, seine Kräfte zu verschwenden. Kein Auto weit und breit.
    Als er in die Auffahrt bog, erhöhte er seine Geschwindigkeit, richtete sich darauf ein, die letzten Meter so schnell wie möglich zurückzulegen. Schon von weitem konnte er das Hundegebell hören. Als das Haus vor ihm auftauchte, wurde er wieder langsamer und ließ seinen Blick über das Gehöft schweifen. Der Wagen stand noch da. Im Zwinger sprang ein großer Hofhund umher, wütend bellend. Neben dem Haus befanden sich ein umgegrabener Kartoffelacker sowie einige Reihen Beerensträucher. Er nahm den Weg quer über den Acker. Das Gebell des Hundes wurde immer lauter, und noch ehe er den Hof erreicht hatte, sah er, wie die Haustür aufging und ein Mann auf die Treppe trat.
    Er lief geduckt weiter und zog dabei wieder seine Kapuze aus der Jacke und über den Kopf. Mit wenigen Sprüngen war er vorne an der Treppe. Der Mann hatte sich bereits wieder umgedreht und versuchte ins Haus zu flüchten. Er aber hatte ihn bereits an den Schultern gepackt und zu Boden gerissen, die Hand auf seinen Kehlkopf gepresst. Der Mann schnappte pfeifend nach Luft und zitterte am ganzen Leib, sodass er seinen Griff etwas lockerte und sich tief zu ihm hinunterbeugte.
    »Den Wagen«, zischte er. »Die Schlüssel für den Wagen!«
    Der Mann starrte ihn an, ohne ein Wort zu sagen.
    »Die Schlüssel!«, fuhr er ihn erneut an.
    Als der Mann die Augen schloss und seine trockenen Lippen zusammenpresste, ließ er ihn los und zog dafür sein Messer aus der Jackentasche. Die Spitze der Klinge senkte er zum Augenlid, hob es hoch und erhöhte langsam den Druck auf den oberen Rand der Augenhöhle, bis ein kleines Rinnsal
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