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Verscharrt: Thriller (German Edition)

Verscharrt: Thriller (German Edition)

Titel: Verscharrt: Thriller (German Edition)
Autoren: Peter de Jonge
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langsame Stones-Songs wie » Wild Horses « und » Angie « zum Einschlafen vorgesungen hat. Vielleicht ist sie auch deshalb so fertig, weil sie geglaubt hat, mit der Finanzierung seines Studiums alles wiedergutgemacht zu haben, was sie sonst nicht für ihn getan hatte oder nicht hatte tun können. O’Hara hatte Axl neun Monate lang mit sich zur Highschool geschleppt, ihren wachsenden Bauch unter immer weiteren Hippieblusen versteckt und die Qualen der Geburt über sich ergehen lassen, doch danach hatte ihre Mutter den Jungen übernommen. Und an jenen dunklen irischen Tagen, an denen sie sich Vorwürfe machte und über ihre Unzulänglichkeit als Mutter nachdachte, konnte sie sich zu ihrer Verteidigung wenigstens auf die Schecks berufen, die sie an die University of Washington geschickt hatte. Das ist fast schon lustig, denkt sie. Man sagt, Bildung kann einem keiner mehr nehmen, aber genau das hat Axl gerade getan.
    Vor allem aber hat O’Hara Angst um ihren Sohn. Sie wünscht ihm ein angenehmes Leben. Sie möchte, dass es ein Spaziergang für ihn wird, ein Klacks, und wie hoch stehen die Chancen, dass ihm das als Musiker gelingt? O’Hara hat sich gewünscht, er würde einmal einen angesehenen Beruf ergreifen– Anwalt werden, Steuerberater oder Lehrer oder so–, weil es in diesen Berufen meist genügt, kompetent zu sein. In allen anderen muss man entweder genial sein oder sehr viel Glück haben, oder beides, nur um durch einen schmalen Spalt den Aufstieg in die Mittelschicht zu schaffen. Diese Art von Absicherung kommt einem Jugendlichen natürlich vor wie eine Beleidigung: » Du hältst mich also gar nicht für so gut. Dann haben dir die Songs doch nicht gefallen. Das war bloß wieder irgendein gut gemeintes Gequatsche. « Das ist aber wirklich nicht der Fall. Sie findet die Songs wunderbar. Nur dass die Gewinnchancen so gering sind, gefällt ihr nicht.
    Nach ein paar weiteren Schlucken fällt O’Hara ein, was außerdem noch für ein gepflegtes Getränk am Morgen spricht: Es wird nicht geknausert, und egal wie flüchtig der Effekt auch sein mag, ein Glas auf leeren Magen rückt so manches wieder ins rechte Licht. O’Hara muss zugeben, dass ihr der Name The Flat Screens immer besser gefällt, und während sie sich ihr Ray-Ban-Imitat für sieben Dollar auf die Sommersprossennase setzt und in den gleißenden Augustmorgen tritt, sagt sie sich, dass alles noch viel schlimmer hätte kommen können.
    Schließlich hätte er ankündigen können, dass er Feuerwehrmann werden will oder am Ende gar Singer-Songwriter.

KAPITEL 3
    Homicide South liegt versteckt in einem Labyrinth aus fensterlosen Räumen im dritten Stock der Hausnummer 13. Direkt neben dem Fahrstuhl befindet sich ein einsames Kabuff.
    » Morgen, Ray. Liegt was an? «
    » Draußen vor Rocco’s auf der Delancey ist ein Junge angestochen worden « , sagt Hickey und reicht O’Hara einen Ausdruck. » Sie haben ihn ins St. Vincent’s gefahren. Zustand kritisch. «
    Hickey ist für die Nachtschicht von eins bis neun eingeteilt, eine unrühmliche Aufgabe. Wenn plötzlich der Teufel los ist, ruft er Kelso an, den Lieutenant, und weckt ihn. Ist es weniger dringend, wie zum Beispiel bei einem Überfall, der möglicherweise zum Tötungsdelikt wird, möglicherweise aber auch nicht, füllt er ein Formular aus und gibt es den Detectives am Morgen, wenn sie ihren Dienst antreten. Wer die Nachtschicht bekommt, hat was ausgefressen. In Hickeys Fall war es Fahrerflucht– die Freundin eines Radfahrers, den Hickey auf dem Radweg umgefahren hatte, fotografierte ihn mit dem Handy, als er sich von der Unfallstelle entfernen wollte. Jetzt hat er die unbeliebteste Schicht am Hals, die ihn wie ein riesiger Felsbrocken runterzieht.
    Mit dem Formular in der Hand geht O’Hara in den Einsatzraum und setzt sich neben ihren Partner, Augustus Jandorek, an ihren Schreibtisch. Jandorek ist Mitte fünfzig, schlank und immer gut gekleidet, mit kurz geschorenem grauen Haar und Bart. Als Detective ist er ein Späteinsteiger, hält sich aber für den Prince of the City. Sein feiner grauer Anzug passt wie angegossen. Ein goldenes Armkettchen baumelt an seinem Handgelenk.
    » Es ging um Chiliflocken « , sagt Jandorek. Obwohl er eine Kopie der Unterlagen auf dem Schreibtisch liegen hat, schaut er auf seinen Computerbildschirm.
    » Um vier Uhr morgens betreten zwei Männer Rocco’s Pizzeria. Der eine ist ein Kerl wie ein Kühlschrank, eins sechsundneunzig, hundertdreißig Kilo. Der andere eher
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