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Verruchte Begierde: Roman (German Edition)

Verruchte Begierde: Roman (German Edition)

Titel: Verruchte Begierde: Roman (German Edition)
Autoren: Sandra Brown
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hatte, noch einmal an.
    Sie griff nach dem Telefon und wählte eine Nummer. »Sam, hi. Kari hier. Kannst du den Film, den du gestern Abend bei der Probe gedreht hast, bitte in Schneideraum drei bringen? Danke.«
    Ein paar Momente später ging die Tür hinter ihr auf. »Danke, Sam. Leg die Kassette einfach auf den Tisch. Ich füge Ausschnitte daraus in meinen Beitrag ein.«
    Sie drückte ein paar Knöpfe, sah sich abwechselnd den ungeschnittenen Film und die Zusammenschnitte an, und da sie derart in die Arbeit vertieft war, bemerkte sie gar nicht, dass die Tür nicht wieder zugegangen war.
    »Kari.«
    Pinkies Stimme und der ungewohnte Ton, in dem er sprach, brachten sie dazu, die Arbeit kurz zu unterbrechen und den Kopf zu drehen. Sie hatte ihn bereits erlebt, wenn er total begeistert war, weil sie mit einer Story alle Konkurrenten ausgestochen hatten, oder wenn er melancholisch seinen Whiskey trank, da er mit den Einschaltquoten einer Sendung nicht zufrieden war. So wie in diesem Augenblick jedoch hatte sie ihren Freund noch nie gesehen: todernst, mit herabhängenden Schultern, niedergeschlagen, und – was am untypischsten war – kreidebleich.
    Sie erhob sich halb von ihrem Stuhl. »Pinkie, was ist los?«
    Er legte eine Hand auf ihre Schulter und drückte sie sanft zurück auf ihren Platz.
    »Vor ein paar Minuten kam über Polizeifunk eine Unfallmeldung rein.«
    »Und?« Sie bekam Angst. »Was für eine Unfallmeldung?«
    Er strich sich mit der Hand über den Kopf, fuhr sich dann durch das Gesicht und verzerrte dadurch seine Züge. »Ein Fahrzeug hat einen Fußgänger erwischt. Nur ein paar Blocks von hier entfernt, mitten in der City. Ich habe einen Kameramann hingeschickt. Er hat gerade angerufen.«
    Sie schob seine Hände fort, als er versuchte, sie an ihrem Platz zu halten, und stand wieder auf. »Thomas? Ist etwas mit Thomas?« Es gab sonst niemanden in ihrem Leben. Pinkie würde sich nicht so verhalten, wenn es nicht um Thomas ginge, wusste sie.
    Sie stürzte zur Tür, doch Pinkie hielt sie fest. »Ja, Kari.«
    »Ist er verletzt? Was ist mit ihm? Was ist passiert?«
    »Er wurde von einem Laster angefahren.«
    »Oh, mein Gott.«
    Pinkie sah auf ihre Brust, die für ihn ungefähr auf Augenhöhe war. »Er … er war auf der Stelle tot. Es tut mir leid, Schätzchen.«
    Während eines Augenblicks brachte sie keinen Ton heraus und stand völlig reglos da. Vor Entsetzen war sie wie gelähmt. Dann wollte sie mit leiser Stimme wissen: »Du sagst, Thomas ist tot?«
    Sie packte Pinkies Hemd und fing an, ihn zu schütteln. »Ein Laster hat ihn überfahren? Hat ihn einfach überfahren?«, schrie sie ihn verzweifelt an.
    Inzwischen drängten sich mehrere Angestellte des Senders in der Tür des Schneideraums. Die Frauen
schluchzten leise vor sich hin, und den Männern war ihr Unbehagen deutlich anzusehen.
    »Kari, Kari.« Pinkie tätschelte ihr begütigend den Rücken.
    »Das muss ein Irrtum sein. Es kann ganz unmöglich …«
    »Ich habe es mir von dem Reporter ein Dutzend Mal bestätigen lassen, bevor ich hierhergekommen bin.«
    Sie war kreidebleich, starrte ihn mit großen Augen an und bewegte ihre Lippen, brachte aber keinen Ton heraus.
    »Komm«, bat Pinkie sanft. »Sie haben ihn ins Krankenhaus gebracht. Ich fahre dich hin.«
     
    Zuallererst fiel ihr die Kälte auf. Sie war nie zuvor in einem derart kalten Raum gewesen, dachte sie. Die doppelte Schwingtür hinter ihr ging lautlos zu, als sie an Pinkies Arm den Raum betrat. Sie drängte sich an ihren Freund, denn dieser nüchterne, klinische Ort war ihr sofort verhasst.
    Die Neonlichter taten in den Augen weh, und sie empfand die Helligkeit beinahe als Beleidigung. Sollte dieser Raum nicht dunkel sein, um dem Tod eine gewisse Würde zu verleihen? Hier aber galt der Tod nur als physikalisches Phänomen. Der ganze Raum war unglaublich steril. Und entsetzlich kalt.
    Sie hätte am liebsten auf dem Absatz kehrtgemacht, aber Pinkie hielt sie fest.
    An einem Schreibtisch saß ein Mann in einem weißen Kittel. Als er sie entdeckte, stand er sofort auf. »Mrs Wynne?«
    »Ja.«
    Er führte sie zu einem großen Tisch, auf dem die Gestalt eines Mannes unter einem weißen Laken lag. Kari stieß ein leises Wimmern aus und warf sich die Hand vor den Mund.
    Wie sollte sie es ertragen, sich Thomas’ verstümmelten, blutigen Leichnam anzusehen? Würde sie ihm und auch sich selbst Schande machen mit ihrer Reaktion? Würde sie in Ohnmacht fallen? Einen hysterischen Anfall bekommen?
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