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Verraten für 1000 Dollar

Verraten für 1000 Dollar

Titel: Verraten für 1000 Dollar
Autoren: Thomas West
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seine Lippen fast vollständig.
    Er trug eine speckige Biberfelljacke. Sie reichte ihm fast bis zu den Knien. Antonio Palacino - die anderen nannten ihn 'Tonio' - war der kleinste unter den Männern von Jeremy Looper. Auch er ein Mexikaner, wie José Melendez. Nur stammte er aus dem Süden des Landes, aus der Gegend um Mexico City. Melendez war in Moterrey aufgewachsen.
    "Los. Kaufen wir uns die Kiste." Jeremy Looper schwang sich in den Sattel. Auch die anderen stapften nacheinander zu ihren Pferden.
    Jeremy zog sein Gewehr aus dem Sattelhalfter und lud es. Sein Gesicht wirkte wie das Gesicht eines Vierzigjährigen - verwittert, mit tief eingekerbten Falten um die Mundwinkel. Er verzog keine Miene, während er Patronen in die Trommeln seiner Revolver schob. Überhaupt hatte sein Gesicht etwas Gleichmütiges, fast Gelangweiltes.
    In seinen hellen, blauen Augen - wenn man sie zwischen den engen Lidern überhaupt erkennen konnten - lag jener wehmütige Schleier, den man manchmal bei Menschen findet, die zuviel gesehen hatten.
    Jeremy Looper war neunundzwanzig Jahre alt.
    "Wir machen's, wie's letzte Mal, schätz' ich", sagte José Melendez. Jeremy nickte stumm.
    Billy Hayes hangelte sich vom untersten Ast der Buche und sprang ins Gras. "Sie haben gerade den Fluss überquert. Ein Conductor sitzt neben dem Kutscher!" Er trug einen schmierigen, grauen Baumwollmantel und ein rotes Halstuch. Feiner Flaum bedeckte sein Kinn und seine Wangen. Billy war noch nicht einmal achtzehn Jahre alt.
    "Sonst kein Begleitschutz?", wollte Jeremy Looper wissen.
    "Nur der eine Conductor." Billy kletterte auf sein Pferd.
    "Also..." José Melendez wandte sich an Tonio, Billy Hayes und Robert Brown. "Ihr habt's gehört - wir machen's wie das letzte Mal. Ihr seid die besten Reiter. Überholt die Kutsche und versucht euch vor sie zu setzen. Wir geben euch Feuerschutz."
    "Und passt auf, dass keiner ein Pferd trifft." Jeremy Looper hieb seinem Wallach die Sporen in die Flanken. Das Tier trabte durch die Büsche und Felsen dem Abhang entgegen. "Die Pferde bringen am meisten Geld."
    "Hoi! Hoi!" Die Bande preschte den Hang hinunter. "Und keine Gefangenen!", schrie Jeremy.
     
    *
     
    Das Crescendo der Gitarrenakkorde steigerten sich zu einem hämmernden Rhythmus. Sie sah sich auf den runden Spieltisch springen, sah, wie sie Karten, Flaschen und Gläser herunterkickte, sah wie sie sich drehte und die Arme in die Luft warf dabei.
    Die Männer grölten und klatschen, versuchten den Saum ihres Kleides zu fassen, pfiffen durch die Zähne. Die Gitarristen umringten den Tisch, lauter braungebrannte, schnurrbärtige Mexikaner mit lachenden Augen.
    Und sie tanzte und tanzte - so herrlich leichtfüßig, so göttlich geschmeidig wie man nur im Traum tanzen kann.
    Schlagartig verstummten die Gitarren. Die Männer grölten und klatschten. Und dann endlich: Einer nach dem anderen räumte Hosentaschen und Geldsäckchen leer. Münzen, Scheine, Nuggets und Diamanten häuften sich um ihre Füße auf dem Tisch. Immer mehr, bis ein Berg aus Papier und Metall ihr über die Knöchel reichte...
    Und dann schrie jemand: "Überfall!"
    Heißer Schrecken durchfuhr sie. Ängstlich starrte sie all das Gold und Geld an. "Überfall...!"
    Das Traumbild verblasste.
    Die Stimme kam von weit her. Luisa hörte Hufschlag. Die Ledergurte unter der Passagierkabine knarrten, Kutschenräder donnerten über den steinigen Boden. Das unsägliche Geschaukel und Geholper drang wieder in ihr Bewusstsein.
    "Überfall!" Luisa erkannte die Stimme des Conductors. Sie riss die Augen auf. "Benutzen Sie ihre Waffen, verdammt noch mal! Verkaufen Sie Ihre Haut so teuer wie möglich!!" Vom Kutschbock aus beugte sich der Conductor seitlich herunter und brüllte in die Kabine hinein.
    Ein Schuss fiel. Augenblicklich war Luisa hellwach. Der Uniformierte ihr gegenüber riss die Vorhänge vor den Fenstern zurück. Luisa wusste, dass er Offizier der US-Army war. Ein Revolver lag in seiner Rechten.
    Er zog das Fenster herunter und streckte den Kopf hinaus. "Sie sind zu acht!", brüllte er. Wieder ein Schuss, und gleich noch einer. Er zog den Kopf ein, drückte sich an die Innenwand und schoss nach draußen.
    Neben ihm saß ein Geschäftsmann aus El Paso, ein vielleicht fünfzigjähriger Gentleman in dunklem Frack und mit steifem Hut. Er griff unter die Sitzbank und zog einen Karabiner hervor. "Jesus hilf", sagte eine der beiden Frauen neben Luisa, eine in die Jahre gekommene Matrone. "Jesus, erbarme dich..."
    Die
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