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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier
Autoren: S Scarlett
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dir?«
    »Bill, ich arbeite im Ministerium für … Egal. Jedenfalls eine wichtige Regierungsbehörde.«
    »Glückwunsch.«
    »Sie dürfen auf keinen Fall etwas davon erfahren. Dass ich … du weißt schon … so hier bin. In diesem Aufzug.«
    »Wieso nicht?«
    »Ich bin erst seit einem Jahr dabei. So etwas könnte …« Er ließ den Rest des Satzes unausgesprochen.
    »Keith, entspann dich. Wir sind uns nie begegnet. Und dieses Gespräch hat nie stattgefunden.«
    »Bist du sicher?«
    »Dein Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben.«
    Keith lehnte sich zu mir herüber. Seine dunkelbraunen Augen – die mit viel Lidschatten und Gott weiß was sonst noch geschminkt waren, aber trotzdem nichts von ihrem Feuer verloren hatten – bohrten sich in meine. »Und was ist mit deinem Freund?«
    »Der? Ach, den interessiert das doch nicht die Bohne. Es sei denn, du legst irgendjemand Berühmtes flach. Aber das tust du nicht, oder? Mit einer Berühmtheit ins Bett steigen, meine ich.«
    Mittlerweile hatte Keith sich wieder ein wenig gefangen. Ich erinnerte mich, dass er früher ein brauchbarer Kricketspieler gewesen war und ein Talent für Sprachen besessen hatte, beim Sezieren eines Frosches im Biologieunterricht allerdings in Ohnmacht gefallen war.
    »Also hältst du unsere kleine Episode hier unter Verschluss?« Ich fand den Ausdruck »Episode« ziemlich amüsant.
    »Absolut.«
    »Ehrenwort? Unter alten Schulfreunden?«
    Ich wagte einen Scherz. »Großes Ehrenwort. Unter alten Schulfreundinnen.«
    Er stieß ein Schnauben aus. »Ich bin dir was schuldig.«
    »Vielleicht lädst du mich ja mal zu einer Besichtigungstour durch dein Ministerium für Egalitäten ein.«
    Er riss die Augen auf. »Oh, das ist völlig ausgeschlossen. Es ist streng …«
    Er unterbrach sich in letzter Sekunde. Ich hätte schwören können, dass ihm das Wort »geheim« auf der Zunge lag.
    7
    Ja, ja, das Internet. Ich glaube, es wird sich langfristig durchsetzen. Mithilfe von ein paar uralten Kniffen aus meiner Zeit als Schmierenschreiber tippe ich Transen-Keiths richtigen Namen in Google ein und beginne zu recherchieren. Unsere Begegnung in der Bar liegt fünfzehn Jahre zurück, aber nicht einmal eine halbe Stunde später habe ich die Adresse und Telefonnummer seiner Mutter ausfindig gemacht.
    Ich rufe an. Sie ist der Charme in Person und meint, sie könne sich noch an meinen Namen erinnern – Keith hätte früher häufig von mir gesprochen, was mich zutiefst rührt –, signalisiert aber interessanterweise keinerlei Bereitschaft, mir seine Telefonnummer zu verraten. »Fragen zu seinem Job sind wohl ein Reizthema, ja?« Sie rät mir, eine Mail oder einen Brief an sie zu richten, und verspricht, die Nachricht umgehend weiterzuleiten.
    Also arbeitet er doch als Spion. Wer hätte das gedacht?
    Ich beschließe, es kurz zu machen und zu schreiben, ich bräuchte seinen Rat. Wenn ich ihn dann an der Strippe habe, werde ich einfach behaupten, ich hätte gewisse transsexuelle Neigungen an mir entdeckt und wäre ihm sehr dankbar für ein paar Kleidungs- und Schminktipps, um besagten Anwandlungen ein wenig weiter auf den Grund zu gehen. Das heißt, sofern er noch … sagen wir mal … in dieser Szene aktiv sei.
    Ich schicke die Mail ab. Nach dem gestrigen Irrsinn habe ich das dringende Bedürfnis nach einem Stück heile Welt, deshalb steige ich aufs Rad und fahre die drei Meilen zu Tom Cutler.
    Früher hatte ich mal einen Wagen. Aber nachdem Claire mich verlassen hatte, fuhr ich eines Nachts in den Graben und habe mir seitdem nie wieder einen zugelegt.
    8
    Tom steht im Garten und isst eine Zwiebel, als ich vor seinem Haus stehen bleibe.
    Nachdem ich mich hier niedergelassen hatte, erfuhr ich, dass er im Dorf als halb verrückt galt; manche behaupten sogar, zu drei Vierteln (wobei einige durchaus auf völlig durchgeknallt plädieren). Das Zeug, das in seinem Garten und den Nebengebäuden herumsteht, dient jedenfalls keinem vernünftigen Zweck, sondern ist schlichtweg alter, sinnloser Krempel. Uralte verrostete Gartengeräte fristen ihr Dasein neben vergammelten Ladenregalen, Kisten voller kaputter Marmeladengläser, meterweise antiken Seilen, zerbrochenen Schaukelstühlen, Zeitungen aus den Fünfzigern, ungeöffneten Dosen ohne Aufschrift, einer Schaufensterpuppen-Familie, die umgekippt auf dem Boden liegen, als wären sie Opfer eines grausamen Massakers geworden. Jeder freie Quadratzentimeter, der nicht von irgendwelchen Pferdegeschirren, manuellen
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