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Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn

Titel: Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
Autoren: Werner Mang
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den deutschen Universitäten haben mit dem, was einen guten Chirurgen ausmacht, nichts zu tun. Übrigens auch nicht mit einem guten Arzt. Hier müsste ein anderes Auswahlverfahren getroffen werden, damit Menschen zum Medizinstudium kommen, die von ihrer Persönlichkeit her für den Arztberuf geeignet sind. Ich mag weltoffene Menschen, die unbequem sind, aber leistungsorientiert, sozial kompetent, nicht neidisch, stolz auf sich sind, sportlich, Freude am Leben haben und die keine künstlichen Probleme wälzen. Bis zum Physikum habe ich das Leben in vollen Zügen genossen. Nach den Prüfungen wurde gefeiert. Wir hatten wenig Geld, aber dafür war das Feiern umso schöner.
    Mit meinen Kommilitonen Bernd, Eckehard und Helmut habe ich mich ab dem vierten Semester auf das Physikum vorbereitet, und zwar bei dem legendären Pauker Dr. Heinzler. Etliche schöne Frauen haben mein Leben in jener Zeit begleitet, vor allem Margot hat mir im Studium sehr geholfen und mir einen starken psychischen Halt gegeben. Das Physikum war eine anspruchsvolle Hürde; aber da mir das Medizinstudium Spaß gemacht hat, konnte ich sowohl das Physikum als auch das Staatsexamen mit der Note eins abschließen. Dafür habe ich mich selbst belohnt: Nach dem Physikum habe ich mir von meinem Ersparten den ersten Porsche 911 gekauft, gelb, gebraucht, für 14 000 D-Mark, eine damals astronomische Summe.
    Am Bodensee und in Lindau habe ich mich immer sehr wohl gefühlt, dieses Gefühl habe ich auf meine Kinder übertragen. Ich bin ein
alemannischer Schwabe, der ausgezogen ist, die medizinische Welt zu erobern, aber meine Wurzeln habe ich nie vergessen. Der Bodensee ist eine der schönsten Regionen Deutschlands, nur eine Stunde von Zürich entfernt, eine Stunde zum Skifahren am Arlberg, zwei Stunden bis München. Eine traumhafte Landschaft mit mediterraner Vegetation. Kein Wunder also, dass ich nach dem Physikum im Kreiskrankenhaus Lindau drei Monate famuliert und dort bei meiner ersten Blinddarmoperation assistiert habe. Mein Herz gehörte schon damals der Chirurgie. Und das Kreiskrankenhaus Lindau hat mich chirurgisch geprägt. Als Famulus musste ich Nachtdienste mitmachen; ich habe bei Geburten assistiert und nachts bei Patienten, die nach Unfällen kamen, mitoperiert. Als später mein Onkel Chefarzt wurde, war ich dort chirurgischer Assistent mit der Möglichkeit, als junger Arzt sehr viele Eingriffe durchzuführen.

Ich flog nach Brasilien, zu Professor Pitanguy, meinem großen Vorbild – mit 200 DM in der Tasche
    Mein ganzer Ehrgeiz galt der Ästhetischen Chirurgie, deswegen bin ich bereits 1971 von meinem ersparten Geld mit Capital Airlines, das Flugticket für 280 D-Mark, mit dem Rucksack nach Rio de Janeiro gereist. Dort ging ich sofort in die Privatklinik zu Professor Pitanguy in der Rua Dona Mariana in Botafogo. Ich erschien bereits um 10.00 Uhr morgens und habe die Sekretärin gefragt, ob ich Professor Pitanguy sprechen könne. Sie meinte, dass täglich viele junge Kollegen aus der ganzen Welt bei ihrem Chef hospitieren wollten, man müsse sich langfristig anmelden. Hartnäckig habe ich von 10.00 Uhr bis abends um 18.00 Uhr vor dem Sekretariat gewartet. Dann kam er – Professor Pitanguy – nach den Operationen zu seiner Sekretärin. Und ein Wunder geschah! Die Sekretärin holte mich um 19.00 Uhr in sein Zimmer. Wahrscheinlich hatte sie ihm gesagt, dass da ein verrückter junger Deutscher schon acht Stunden ohne Essen und Trinken auf ihn wartete. Auf dieser Sturheit beruht mein Durchsetzungsvermögen. Ich ließ und lasse mich durch Niederlagen nicht abwimmeln. Zu einem beruflichen Aufstieg gehört
Durchsetzungsvermögen, egal, ob man Mediziner, Architekt oder Politiker ist. Durch Niederlagen wird man stärker. Um ganz nach oben zu kommen, benötigt man nicht nur Intelligenz, sondern auch Fleiß und eine stabile Psyche. Dann kann man alles schaffen. Das möchte ich der heutigen Jugend vermitteln.
    Ich habe damals in Rio de Janeiro an der Copacabana übernachtet. Heute ist das leider nicht mehr zu empfehlen, denn auch dort haben sich die Zeiten geändert, obwohl Brasilien nach wie vor ein wunderschönes Land ist. In der Folgezeit habe ich Professor Pitanguy öfter besucht, habe bei ihm gelernt und operiert. Es hat sich mittlerweile eine wunderbare Freundschaft entwickelt. Er kommt häufig zu meinen Kongressen nach Lindau und ist Gast in meinem Haus. Er lobt meine Arbeit, was für ihn ungewöhnlich ist. Und er hat mir ein großes Kompliment
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