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Verlockendes Dunkel

Verlockendes Dunkel

Titel: Verlockendes Dunkel
Autoren: Alix Rickloff
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und sich forschend durch ihn hindurchbewegte.
    Artus’ Gebeine waren nur noch durch eine bloße Grabplatte von ihm entfernt. Sowie Máelodor den Sh’vad Tual, den magischen Stein, den er zur Öffnung des Grabes brauchte, in den Händen hielt, würde er alles haben, um die Schutzzauber der Grabstätte unwirksam zu machen. Endlich würde er seinen großen Triumph erleben können, denn wer war noch geblieben, um ihn aufzuhalten?
    Die Amhas-draoi gingen schon lange davon aus, dass er hingerichtet worden war. Der gewiefte Magier-Krieger St. John war sehr darum bemüht, die Aufmerksamkeit von Scathachs Bruderschaft auf einen anderen zu lenken und alle Gerüchte, dass Máelodor noch lebte, zu entkräften.
    Die Beute der Amhas-draoi war Brendan Douglas. Dieser treulose Hund konnte nur hoffen, dass sie ihn fanden, bevor Máelodor ihn aufspürte. Denn sobald Douglas ihm ins Netz ging, würde er auch den Sh’vad Tual in den Händen halten. Der eine würde die Grabstätte entsichern, der andere monatelang Máelodors sündhafte Begierden stillen.
    Es war faszinierend, wie lange man Schmerz in die Länge ziehen konnte. Ein tief eingeführter Draht zum Beispiel, an dem man nur hin und wieder ziehen musste, konnte unerträgliche Qualen verursachen, während der Tod jedoch gerade immer unerreichbar blieb. So würde es für Brendan Douglas sein. Der Mann, der den Kreis der Neun zu Fall gebracht hatte, würde für seinen Verrat bezahlen, ehe er seinem Vater und den anderen in Annwns tiefsten Abgrund folgte und nie mehr aus dem Totenreich zurückkehrte.
    Bevor Máelodors Domnuathi ihm entkommen war, hatte er Lord Kilronans Tagebuch an sich gebracht.
    Máelodor selbst hatte die Rywlkoth-Tapisserie stehlen lassen.
    Und Brendan Douglas, Lord Kilronans illoyaler Sohn, würde ihm den Stein übergeben, während er um sein Leben bettelte.
    »Wir sind nahe dran, Oss. Die Rasse der Anderen wird nicht länger im Verborgenen leben und die sterblichen Duinedon fürchten müssen. Es wird wieder unsere Zeit sein, und das werden wir uns nicht mehr so leicht nehmen lassen.«
    Sein bärenstarker Begleiter nickte ohne die geringste Regung in den leeren Augen. Er stand nur mit leicht gespreizten Beinen da und ließ die Arme hängen wie ein Affe.
    »Hilf mir zur Kutsche zurück! Ich erwarte Neuigkeiten über Douglas.«
    Schweigend wandten sich der alte Krüppel und der stumme Albino von der Grabstätte ab und stolperten durch das dichte Unterholz zurück.
    Bevor die Grabsteine jedoch wieder mit dem Schutz des Waldes verschmolzen, drehte Máelodor sich noch einmal um und flüsterte die Worte, die den Zugang öffnen würden: »Mebyoa Uther hath Ygraine. Studhyesk esh Merlinus. Flogsk esh na est Erelth. Pila-vyghterneask. Klywea mest hath igosk agesha daresha.«
    Die Bäume schwankten, als Vögel sich in einer wild schnatternden schwarzen Wolke in die Luft erhoben. Die Sonne trübte sich und tauchte das Wäldchen in jähe Dunkelheit. Ein kalter Windstoß trug ein leises Geläut herbei, und die Zurückweisung schmerzte wie ein Dolchstoß in Máelodors Brust. Die Antwort ließ nicht auf sich warten …
    Nein .
    Dun Eyre
Grafschaft Clare in Irland
    »Halt still, Elisabeth! Die Schneiderin kann nicht arbeiten, wenn du herumhüpfst wie ein Kreisel.«
    Mit einem leidgeprüften Seufzer befolgte Elisabeth Tante Fitz’ Worte und versuchte, die brennenden Muskeln in ihren Armen und die von ihren Fingerspitzen heraufwandernde Taubheit zu ignorieren. Ihre Tante hatte gut reden. Sie war ja auch nicht gezwungen, mit ausgebreiteten Armen und in ihre Taille piksenden Nadeln dazustehen, während jegliches Gefühl aus ihren Gliedern wich. In der Hoffnung, wenigstens den verkrampften Nacken zu lockern, ließ sie die Schultern rollen.
    »Hör auf zu zappeln! Wenn du nicht ständig zwischen den Mahlzeiten naschen würdest, müsste Miss Havisham jetzt nicht das Kleid umändern.«
    Die Schneiderin blickte auf. »Mm … phnmp«, murmelte sie mit einem Mund voller Stecknadeln.
    »Und das ist sehr freundlich von Ihnen, Miss Havisham. Aber es wäre mir lieber, wenn meine Nichte auf zusätzliche Desserts und spätabendlichen Tee und Kekse verzichten würde.«
    Durch den großen Drehspiegel warf Elisabeth ihrer Tante einen gereizten Blick zu. Ihre Nascherei war ein ständiger Streitpunkt zwischen ihnen. Tante Fitz, die selbst spindeldürr war, hatte die üppige Figur ihrer Nichte stets missfallen. Oder vielleicht hatte sie Elisabeth auch darum beneidet. Wie dem auch sei, Besuche bei
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