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Vergangene Schatten

Titel: Vergangene Schatten
Autoren: Karen Robards
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dachte sie, als sie zum Parkplatz einbog. Sie konnte sich ein paar Dinge besorgen, die sie morgen früh brauchen würde, wie zum Beispiel eine Zahnbürste und eine Feuchtigkeitscreme. Mit den Kleidern würde es ein Problem geben - sie konnte ja nicht gut in Shorts und einem Top zur Arbeit gehen -, doch vielleicht wäre es ohnehin am besten, wenn sie sich morgen krank melden würde. Morgen würde Keith noch wütender sein als heute, weil sie die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen war. Wahrscheinlich würde er nach ihr suchen. Und wo würde er beginnen? Dort, wo sie arbeitete.
    Zufrieden mit sich selbst, weil sie so vorausblickend war und sich Keith dadurch vom Leib halten würde, stellte sie den Wagen ab, stieg aus und schickte sich an, in den Laden zu gehen. Der Hund verfolgte mit besorgter Miene jede ihrer Bewegungen. Schließlich stellte er sich auf die Hinterbeine und legte die Vorderpfoten auf das offene Fenster. Er wollte offensichtlich nicht allein im Wagen bleiben.
    »Du wartest hier«, sagte Marsha eindringlich.
    Der Hund sprang graziös wie eine Balletttänzerin aus dem Wagen.
    »Schlimmer Hund.« Ein Glück, dass sie keine Kinder hatte, dachte Marsha. Sie konnte nicht einmal streng genug sein, um einen Hund im Zaum zu halten. Er kam auf sie zugelaufen und kauerte zu ihren Füßen nieder. Sie blickte einen Moment lang stirnrunzelnd zu ihm hinunter, dann seufzte sie und hob ihn hoch. Er war federleicht und warm und offensichtlich überaus dankbar. Wahrscheinlich wäre er ohnehin nicht im Auto geblieben, da sich das Fenster nicht schließen ließ. Wenn sie ihn allein zurückließ, würde er womöglich weglaufen oder - noch schlimmer - ein Auto würde ihn überfahren. Sie staunte, wie schlimm ihr diese Vorstellung erschien. Es war für sie jetzt schon so, als wäre es ihr Hund.
    In dem Laden waren Hunde nicht erlaubt. Außerdem durfte man ihn nicht barfuß betreten. Sie verstieß gleich gegen beide Regeln und ging trotzdem hinein. Was sollten sie schon machen, dachte sie mit ihrem kurz zuvor erwachten Selbstbewusst-sein. Vielleicht die Polizei rufen?
    Sie nahm eine Tube Zahnpasta, eine Feuchtigkeitscreme, eine Schachtel Hundefutter und an der Kasse auch noch eine Packung Twinkies. Jetzt, ohne Keith, konnte sie schließlich essen, was sie wollte, und sie hatte nun einmal eine Schwäche für Twinkies. Der Verkäufer, ein junger Bursche mit drei Ringen in einem Ohr sowie einem Zungenpiercing, nahm ihre Kreditkarte, ohne ein Wort über den Hund oder ihre nackten Füße zu verlieren, die, wie sie mit einem kurzen Blick nach unten feststellte, ziemlich schmutzig waren, so dass sie die Zehen verlegen auf den kalten Fliesen einzog. Sie konnte nur hoffen, dass die Frau hinter ihr so aufmerksam die Zeitungsschlagzeilen las, dass sie es nicht bemerkte.
    »Darf's noch ein Lotterielos sein?«, fragte der junge Mann an der Kasse.
    »Nein«, antwortete sie. Es hatte ohnehin keinen Zweck. Sie würde ja doch nichts gewinnen. Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch nie etwas gewonnen, nicht einmal ein Stofftier auf dem Jahrmarkt. Wie hieß es doch so schön in der Fernsehwerbung? Irgendjemand gewinnt bestimmt - doch so sicher wie die Erde rund war, würde es nicht sie sein. Sie musste für ihr Geld hart arbeiten.
    »Ich habe gehört, irgendjemand in Macon hat vorige Woche im LottoSouth gewonnen«^ sagte die Frau hinter ihr und streichelte den Hund, der dankbar mit dem Schwanz wedelte. »Vierundzwanzig Millionen.«
    »Ja, das habe ich auch gehört. Muss ein angenehmes Gefühl sein.« Und ob sie davon gehört hatte. Sie hatte es von ihrer Freundin Jeanine erfahren, deren Schwester in Macon lebte und in dem Laden arbeitete, wo der Gewinner seinen Lottoschein abgegeben hatte. Marsha hatte daraufhin den Hörer aufgelegt und war auf die Toilette gelaufen, um sich zu übergeben. Das Leben war manchmal so ungerecht, dass es wehtat - aber das war ja nichts Neues. Sie lächelte der Frau zu, die das Lächeln erwiderte. Der Verkäufer gab Marsha ihre Kreditkarte zurück. Sie steckte sie in ihre Handtasche, nahm ihre Einkaufstüte und ging in die warme Nacht hinaus. Es war nicht ungewöhnlich, dass nur zwei andere Autos neben ihrem Taurus auf dem Parkplatz standen. Es war, als würde ganz Benton um diese Tageszeit schlafen.
    In dieser Hinsicht war dieses Städtchen so wie sie selbst. Ihr begann eben erst bewusst zu werden, dass sie den Großteil ihres Lebens verschlafen hatte.
    »Weißt du, Schätzchen, wir könnten nach Atlanta gehen«,
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