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Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)

Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)

Titel: Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)
Autoren: Inge Löhnig
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drei. Der Urlaub war lange geplant gewesen, das Haus gemietet. Ein letzter Urlaub zu dritt, bevor Isabelle für ein Jahr als Au-pair in die USA ging. Ein Haus direkt am Meer. Lavendel und Hortensien. Brandung, Gischt, Sonnenschein, der Duft von Salz, das Geschrei der Möwen. Das pure Leben.
    Der kalte Tod.
    Ihre Hand zitterte. Die Tassen klapperten, als Marlis sie aufs Tablett stellte. Das Schälchen aus hauchdünnem Glas, in das sie die Kirschmarmelade gefüllt hatte, glitt ihr aus der Hand, knallte auf die Kante der Tischplatte und zerbrach. Sie ließ sich auf den Stuhl sinken und beobachtete, wie die klebrige, mit Scherben durchsetzte Masse langsam auf den Teppich tropfte. Dreitausend Euro. Ein Ziegler Farahan. Aus dem Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan. Handgeknüpft von Nomaden. Sie sah Kamele vor sich. Bunte Zelte. Wüste. Sand. Flirrendes Licht. Licht, in dem sich alles auflöste.
    Als der letzte Tropfen zäh von der Tischkante lief und auf dem Flor auf seinesgleichen traf, stand sie endlich auf und holte warmes Wasser, ein Tuch und einen Löffel aus der Küche. Nachdem sie das Gemisch aus Scherben und Konfitüre weggekratzt hatte, tränkte sie den Fleck mit warmem Wasser und rieb ihn sorgfältig aus. Keine Seife. Das war wichtig. Seife löste die schützende Lanolinschicht der Wolle. Das hatte der Verkäufer gesagt.
    Ein Blütenmuster. Knospen. Blätter. Sie starrte darauf. Ranken mäanderten ins Ungewisse. Sie betupfte die Stelle erneut, rieb den Fleck ganz aus. Gründlich. Sorgfältig. Sie durfte sich nicht gehen lassen. Wenn sie das tat, würde alles zerstört werden. Der Rest ihres Lebens. Ihre Ehe mit Stefan, die alles war, was sie noch hatte. Ihre Liebe zu ihm hatte sie bisher jeden Morgen davor bewahrt, sich vor die einfahrende S-Bahn zu werfen.
    Mit einem Ruck stand sie auf. Schon beinahe neun. Die Sonne stieg höher. Es war Zeit zu funktionieren, zu tun, was getan werden musste.
    Sie trug das Tablett in die Küche, schaltete den Geschirrspüler ein, putzte die Arbeitsfläche, polierte die Glastüren von Mikrowelle und Backofen. Dann machte sie die Betten, lüftete, füllte eine Maschine mit Wäsche und leerte den Trockner.
    Südfrankreich.
    Natürlich waren sie nicht gefahren.
    Stefan nutzte den Urlaub, um den Badeteich anzulegen, den Isa sich gewünscht hatte. Vielleicht war das gut so. Er hatte etwas zu tun. Er sprach nicht über Isas Tod. Kein Wort. Nur stumme Vorwürfe. Bis auf ein Mal. Da war er laut geworden. In jener schrecklichen Nacht: Du bist schuld! Du mit deinem verdammten Ehrgeiz!
    Doch sie war nicht schuld. Und das wusste er. Sie musste Geduld haben, bis sie ihm das verständlich machen konnte. Sie musste warten, bis er bereit war, zuzuhören und endlich zu reden.
    Als es nichts mehr zu tun gab, ging sie in den Wintergarten. Lamellen verschatteten die Glasflächen. Der Ventilator surrte. Hier war es angenehm kühl. Plötzlich fiel ihr das Geräusch auf. Sie hatte es schon seit einiger Zeit gehört, aber nicht bewusst wahrgenommen. Kurz nachdem Stefan vom Frühstück aufgestanden war und gesagt hatte, dass er nun mit dem Aushub beginnen würde, hatte es angefangen. Als ob jemand etwas hackte.
    Marlis zog eine Jalousie hoch und blickte in den Garten. Vor ein paar Tagen hatte Stefan vier Pflöcke in den Rasen gerammt, Schnüre gespannt und so Lage und Form des Badeteichs festgelegt. Seit gestern waren die Grassoden abgetragen und entsorgt. Ein leerer Container war für den Aushub bereit. Stefan stand in Shorts und Arbeitsschuhen in der Mitte des Schnurgerüsts, sein kräftiger Oberkörper war nackt. Breitbeinig schwang er eine Spitzhacke und löste mit heftigen Schlägen die harte Erde, griff nach der Schaufel, die am Schubkarren lehnte, und füllte ihn mit Aushub. Muskeln und Sehnen am Rücken traten hervor, als er die Fuhre anhob und damit aus Marlis’ Blickfeld verschwand.
    Sie ging in den Flur und öffnete die Haustür. Auf dem Stellplatz stand der Container. Stefan hatte Schalbretter als Rampe angelegt. Darüber balancierte er nun und schüttete die Erde hinunter. Es rumpelte. Schweiß lief ihm übers Gesicht. Mit dem Handrücken wischte er ihn weg.
    »Du wolltest dir doch einen Minibagger leihen.«
    Schweigen. Ein schmales Lächeln. »Das geht auch so.«
    Acht mal fünf Meter. Zwei Meter tief. Achtzig Kubikmeter. Sie ging hinein, starrte im Garderobenschrank ihr Spiegelbild an und lehnte den Kopf gegen das kühle Glas.
    Das geht auch so.
    Sie hatte Angst, ihn zu
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