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Verborgene Muster

Titel: Verborgene Muster
Autoren: Ian Rankin
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noch lächelnd, das Lächeln einer Hure, das kalte, professionelle Lächeln eines
Killers.
»Du weißt warum«, sagte er. »Wegen allem. Weil du mich im Stich gelassen hast, als wären wir
tatsächlich in der Hand des Feindes gewesen. Du bist desertiert, John. Du hast mich meinem
Schicksal überlassen. Du weißt doch, welche Strafe darauf steht? Welche Strafe auf Desertieren
steht?«
Reeves Stimme klang mittlerweile hysterisch. Er kicherte erneut, versuchte, sich zu beruhigen.
Rebus stellte sich auf Gewalt ein, pumpte Adrenalin durch seinen Körper, ballte die Fäuste und
spannte die Muskeln.
»Ich kenne deinen Bruder.«
»Was?«
»Deinen Bruder Michael, ich kenne ihn. Wusstest du nicht, dass er ein Drogendealer ist? Nun ja,
eher ein kleiner Pusher. Jedenfalls steckt er bis zum Hals in Problemen, John. Eine Zeit lang hab
ich ihn mit Stoff versorgt. Lange genug, um alles Mögliche über dich zu erfahren. Michael lag
viel daran, mich zu überzeugen, dass er kein Spitzel war, kein Polizeiinformant. Er hat
bereitwillig alles über dich ausgeplaudert, bloß damit wir ihm glaubten. Er war immer der
Meinung, dass irgendeine große Organisation dahintersteckte, deshalb das wir , dabei war
das nur ich, der kleine Gordon. War das nicht clever von mir? Deinen Bruder hab ich bereits auf
Eis liegen. Du weißt doch, dass sein Kopf in der Schlinge hängt? Man könnte es als Plan für
Eventualfälle bezeichnen.«
Er hatte John Rebus' Bruder, und er hatte seine Tochter. Es gab nur noch eine weitere Person, die
er wollte, und Rebus war ihm direkt in die Falle gelaufen. Er brauchte Zeit zum Nachdenken.
»Wie lange hast du das alles geplant?«
»Ich weiß nicht so genau.« Er lachte und wirkte dabei immer selbstbewusster. »Vermutlich seit du
desertiert bist. Mit Michael war das im Grunde ganz einfach. Er wollte schnelles Geld. Ich hab
ihn davon überzeugt, dass Drogen die Antwort wären. Er steckt bis zum Hals drin, dein Bruder.«
Das letzte Wort spuckte er Rebus ins Gesicht, als ob es Gift wäre. »Durch ihn habe ich noch ein
bisschen mehr über dich erfahren, und das wiederum machte alles noch etwas leichter.« Reeve
zuckte die Schultern. »Also, wenn du mich verpfeifst, verpfeife ich ihn.«
»Das funktioniert nicht. Dafür bin ich viel zu scharf drauf, dich zu kriegen.«
»Dann würdest du also deinen Bruder im Gefängnis verrotten lassen? Wie du willst. Ich gewinne so
oder so. Siehst du das nicht?«
Ja, Rebus konnte es sehen, aber nur ganz verschwommen, als ob er in einem heißen Klassenzimmer
eine schwierige Gleichung an der Tafel entziffern müsste.
»Wie ist es dir überhaupt ergangen?«, fragte er jetzt, ohne genau zu wissen, weshalb er Zeit zu
gewinnen versuchte. Er war hier hineingestürmt, planlos und ohne einen Gedanken an seine eigene
Sicherheit. Und jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als auf Reeves nächsten Zug zu warten, der
mit Sicherheit kommen würde. »Ich meine, was ist passiert, nachdem ich... desertiert bin?«
»Ach so, danach haben die mich ganz schnell kleingekriegt.« Reeve gab sich ganz gelassen. Er
konnte es sich leisten. »Ich wurde entlassen. Die haben mich eine Zeit lang in ein Krankenhaus
gesteckt und dann gehen lassen. Ich hab gehört, dass du plemplem geworden wärst. Das hat mich ein
bisschen aufgeheitert. Aber dann hörte ich das Gerücht, du wärst zur Polizei gegangen. Und ich
konnte den Gedanken nicht ertragen, dass du dir ein angenehmes Leben machen würdest. Nicht nach
dem, was wir durchgemacht hatten und was du getan hast.« Sein Gesicht begann ein wenig zu zucken.
Seine Hände ruhten auf dem Schreibtisch. Rebus nahm den leicht säuerlichen Schweißgeruch wahr,
der von ihm ausging. Er sprach, als ob er kurz vorm Einschlafen wäre. Doch Rebus wusste, dass er
mit jedem Wort gefährlicher wurde, aber er konnte sich nicht zum Handeln aufraffen, noch
nicht.
»Du hast ja ganz schön lange gebraucht, um dich endlich an mir zu rächen.«
»Aber das Warten hat sich gelohnt.« Reeve rieb sich die Wange. »Manchmal hab ich geglaubt, ich
könnte sterben, bevor alles vollendet ist, aber ich glaube, ich wusste letztlich, dass das nicht
passieren würde.« Er lächelte. »Komm mit, John. Ich muss dir etwas zeigen.«
»Sammy?«
»Sei doch nicht so dämlich.« Das Lächeln verschwand wieder, allerdings nur für eine Sekunde.
»Meinst du etwa, ich würde sie hier halten? Nein, aber ich habe was anderes, das dich sicher
interessieren wird. Komm mit.«
Er führte Rebus
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