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Verborgen im Niemandsland

Verborgen im Niemandsland

Titel: Verborgen im Niemandsland
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nahmen, klappte die Brettertür auf und ein stämmiger Mann um die dreißig erschien im Eingang. Er trug weite, verschmutzte Drillichhosen und über seiner nackten muskulösen, dicht behaarten Brust eine Weste aus Opossumfell. Im breiten Ledergürtel steckte links und rechts je eine Pistole. Die Zündhütchen unter den Hähnen verrieten, dass die Waffen geladen waren. Sein kantiges Gesicht war von Wind und Wetter gegerbt wie altes, rissiges Leder. Ein buschiger Walrossbart wucherte über seine Oberlippe und verdeckte fast den ganzen Mund. Ein ebenso buschiges Dickicht bildeten die Brauen über seinen Augen, die wachsam auf sie gerichtet waren.
    »Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches, Gentlemen?«, fragte er mit sanftem Spott und ohne sie aus den Augen zu lassen. Wie zufällig stützte er seine Hände auf die Griffstücke seiner Pistolen.
    »Wir sind auf der Jagd und wollen unsere Vorräte an Pulver und Blei auffrischen, Mister Parker«, ergriff Andrew das Wort. Nicht nur die Qualität seiner Kleidung und Ausrüstung verriet, dass er wohl kaum zum Heer der mittellosen Emanzipisten gehörte, sondern auch seine gehobene und dialektfreie Aussprache wies deutlich darauf hin, dass er eine gute Ausbildung genossen hatte. »Und ein paar Schachteln Zündhütchen könnten wir auch gebrauchen.«
    »So, die Gentlemen sind an Zündhütchen, Pulver und Blei interessiert«, sagte Joshua Parker und hob leicht die buschigen Augenbrauen. »Darf ich fragen, was Sie in eine Gegend so fern von den Siedlungen unserer glorreichen Kolonie geführt hat, dass Sie mir hier Ihre Aufwartung machen?«
    »Wie ich schon sagte, die Jagd«, antwortete Andrew kühl. »Aber wenn Sie kein Pulver und Blei für gutes Geld zu verkaufen haben, dann sagen Sie es uns. Dann hat man uns offensichtlich eine falsche Auskunft über Sie und Ihre Handelsstation gegeben!«
    »Und von wem haben Sie diese Auskunft?«, wollte Joshua Parker wissen.
    Silas Mortlock griff nun in das Gespräch ein. »Von einem Jagdfreund, dem ein Feuer die linke Gesichtshälfte verbrannt hat. William Cole ist sein Name. Aber er hat mir nichts davon erzählt, dass Sie Ihre Kunden erst einem Verhör unterziehen, bevor Sie mit ihnen Geschäfte machen!«, sagte er mit ärgerlichem Tonfall.
    Joshua Parker grinste nun. »Schau an, von Billy Scarface haben Sie die Empfehlung. Na, wenn das so ist, dann lassen Sie mich doch mal sehen, was ich für Sie tun kann, Gentlemen! Kommen Sie, nur hereinspaziert!« Er stieß die Tür hinter sich mit dem Fuß auf und machte kurz eine einladende Bewegung, legte die Hand jedoch sofort wieder auf das Griff stück der Pistole zurück.
    Andrew, Silas Mortlock und Henry Blake banden ihre Pferde an und blieben wachsam, als sie an ihm vorbei ins Haus traten. Augenblicklich umfingen sie Dämmerlicht und eine Vielzahl von nicht gerade angenehmen Gerüchen.
    Unwillkürlich packte Andrew sein Gewehr fester. Hier draußen im Busch war es ratsam, stets auf der Hut zu sein - auch auf einer solchen Handelsstation.
    Es dauerte einige Sekunden, bis sich ihre Augen an das Halbdunkel im Innern der Handelsstation gewöhnt hatten und sie Einzelheiten ausmachen konnten. Der große Raum, in dem sie sich befanden, diente den Parkers offensichtlich gleichzeitig als Laden, Lagerraum und Wohnbereich. Zu ihrer Rechten stand quer zur Länge des Raums so etwas wie eine Ladentheke. Joshua Parker hatte dazu vier Böcke aufgestellt und rohe Bretter darüber gelegt. Primitive Regale befanden sich dahinter sowie rechts von der Tür. Sie waren mit Säcken, Dosen, Flaschen, Schachteln und Kisten unterschiedlicher Größe in kunterbunter Unordnung voll gestellt. Es standen auch größere Tonnen und Kisten im Raum herum. An der Wand gegenüber dem Eingang waren Felle von Opossums, Kängurus, Wombats und anderen Tieren aufgestapelt und verbreiteten einen intensiven, unangenehmen Geruch nach verwesten Fleischresten.
    Vor diesem Stapel Felle lag ein nackter Aborigine mit dreck-verfilztem Haar, der mit weit geöffnetem Mund dort am Boden schlief. Das einzige Kleidungsstück war ein dreckiger Felllappen, der seine Scham bedeckte. Sein hagerer Körper trug Spuren der typischen Eingeborenenbemalung mit rotbrauner und weißer Lehmfarbe. Seine rechte Hand hielt den Hals einer leeren Flasche umfasst. Hinter ihm lehnte ein langer Speer an der Wand.
    Einen Schritt weiter rechts von den Fellen und dem schlafenden Aborigine baumelten zwei Hängematten, die mit Ketten oben an den Dachbalken befestigt waren
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