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Venetia und der Wuestling

Venetia und der Wuestling

Titel: Venetia und der Wuestling
Autoren: Georgette Heyer
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spöttischen Augen betrachtete, und schwieg plötzlich errötend. Er war fast drei Jahre älter als Aubrey und hatte viel mehr von der Welt gesehen, aber Aubrey war imstande, ihn aus der Fassung zu bringen, ebenso durch seinen leidenschaftslosen Blick wie durch den Gebrauch seiner giftigen Zunge. Der junge Denny konnte sich in Gegenwart des Jungen einfach nicht wohlfühlen, denn abgesehen davon, dass er ihm in einem Wettstreit des Verstandes nicht gewachsen war, hatte er die Abneigung eines gesunden jungen Tieres gegen physische Missbildung und hegte außerdem die Meinung, Aubrey schlüge in einer sehr schäbigen Art Kapital daraus. Wenn es das nachschleppende linke Bein nicht gegeben hätte, hätte man ihm sehr schnell beigebracht, welche Höflichkeit er Älteren gegenüber schuldete. Er weiß, dass er vor mir sicher ist, dachte Oswald und verzog den Mund.
    Nachdem er eingeladen worden war, sich zu setzen, hatte er eine nachlässige Pose auf einem kleinen Sofa eingenommen. Er entdeckte jetzt, dass der zweite Gast ihn unverwandt und mit einer unverkennbaren Missbilligung ansah, und er war sofort hin und her gerissen zwischen der Hoffnung, eine romantische Figur zu bieten, und der Angst, dass er die nonchalante Haltung doch um eine Spur übertrieben hatte. Er setzte sich also auf, und Edward Yardley wandte seinen Blick nunmehr Veneria zu.
    Mr. Yardley, der keinen Wunsch hegte, romantisch zu erscheinen, hätte es sich nie zuschulden kommen lassen, in der Gegenwart einer Dame zu lümmeln. Noch hätte er einen Morgenbesuch in einer Jagdjoppe gemacht und mit einem seidenen Taschentuch um den Hals, dessen Enden unordentlich über der Jacke getragen wurden. Er war nett und schicklich in eine nüchterne Reitjacke und Reithosen gekleidet und so weit davon entfernt, eine Haarlocke darin zu schulen, dass sie über eine Braue fiel, dass er sein Haar eher kürzer geschnitten trug, als es Mode war. Er hätte als Modell für einen Landedelmann soliden Wertes und bescheidener Ambitionen dienen können; bestimmt hätte kein Fremder vermutet, dass er und nicht Oswald das einzige Kind einer in ihn vernarrten verwitweten Mutter war.
    Da sein Vater gestorben war, bevor Edward seinen zehnten Geburtstag feierte, war er schon in sehr frühem Alter in den Besitz seines Vermögens gekommen. Das war eher ansehnlich denn beträchtlich, aber immerhin groß genug, um einen vorsichtigen Mann instand zu setzen, ein elegantes Leben zu führen und es trotzdem zustande zu bringen, der Welt zuvorzukommen. Ein Modejüngling, darauf aus, Eindruck zu machen, hätte es für Armut gehalten, aber Edward hatte keine ausgefallenen Steckenpferde. Sein Besitz, der nicht ganz zehn Meilen weit von Undershaw lag, war weder so ausgedehnt noch so bedeutend wie Undershaw, wurde aber allgemein für ein recht nettes Eigentum gehalten und übertrug auf dessen Besitzer eine anerkannte Stellung im Norddistrikt von Yorkshire, den Gipfel seines Ehrgeizes. Von angeboren seriösem Charakter, besaß er auch ein starkes Pflichtgefühl. Er machte alle Anstrengungen seiner Mama zunichte, seinen Charakter durch übertriebene Duldsamkeit zu ruinieren, übernahm früh die Leitung seiner Angelegenheiten und wuchs sehr schnell zu einem ernsthaften jungen Mann uniformer Tugenden heran. Zwar war er weder lebhaft noch geistreich, besaß aber dafür sehr viel Vernunft; und wenn ihn seine herrische Natur in seinem Haushalt auch etwas zu autokratisch machte, so war das feste Regiment, das er über seine Mama und seine Angestellten führte, doch von dem aufrichtigen Glauben beseelt, dass er fähig sei zu entscheiden, was sie bei allen Gelegenheiten am besten zu tun hätten.
    Venetia, die das Gefühl hatte, dass es ihr obläge, Aubreys knappe Höflichkeit gutzumachen, sagte: „Wie nett von dir, dass du an Aubrey gedacht hast! Aber du hättest dir nicht so viel Mühe machen sollen - ich bin überzeugt, du hast tausend Sachen zu tun."
    „Nicht direkt tausend", antwortete er lächelnd. „Nicht einmal hundert, obwohl ich gestehe, dass ich im Allgemeinen ziemlich beschäftigt bin. Aber du darfst nicht glauben, dass ich irgendeine wichtige Pflicht vernachlässige - ich hoffe, dass ich mir darin nichts vorzuwerfen habe! Dem Dringlichen konnte ich mich schon widmen, als ihr, wette ich, noch geschlafen habt. Mit etwas Einteilung findet man immer Zeit, musst du wissen. Ich habe außerdem noch einen anderen Grund für meinen Besuch
    - ich habe dir mein Exemplar der Morning Post vom Dienstag
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