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Vampyrus

Vampyrus

Titel: Vampyrus
Autoren: Doreen Kühne
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Ihnen für 50, ach was, sagen wir 40 Euro überlassen. Ich weiß, dass es bei Ihnen einen Freund gefunden hat.“ Offen lächelte er einen verblüfften Kennis an. „Geben Sie sich einen Ruck, kaufen Sie es. Dann werden Sie Wien und meinen kleinen Buchladen nie vergessen!“
    Zuhause in Nürnberg stieß Kennis erst beim Abstauben auf das Buch im Ledereinband. Sofort war sein Interesse an dem Grimoire wieder geweckt. Heute war der richtige Abend für seine Lektüre. Es herrschte trübes, regnerisches Wetter bei unangenehmem Wind. Seine Freundin vergnügte sich bei ihrem Frauenabend, womit er alle Zeit der Welt hatte. Er ließ die Jalousien runter, zündete ein paar Kerzen an und machte es sich mit einer Flasche Bier auf der Couch bequem.
    Mit Gewalt musste er sich von der Abhandlung losreißen, um endlich mitten in der Nacht ins Bett zu gehen. Da hatte sich wirklich jemand ausgetobt und seiner Fantasie keine Schranke auferlegt. Es ging darum, aus der hellen, fast weißen Haut von Vampiren eine Art Papier, Papyrus, das Vampyrus eben, herzustellen. Deshalb wurden auch als Erstes Tipps gegeben, wie und wo man Vampire finden und fangen kann. So erfuhr Kennis, dass Knoblauch den Vampir zwar erschreckt, aber nicht bewegungsunfähig macht. Ein Kreuz sei überhaupt nicht nützlich, sondern nur eine geschickte Werbekampagne der Kirche. Auch mit dem Mythos, Sonnenlicht lasse sie zu Staub zerfallen, räumte das Buch auf; es beschrieb sie lediglich als besonders lichtempfindlich. Kennis lernte, dass es sensible Menschen gab, die Vampire spüren konnten, und wurde in magische Zauberformeln eingeweiht, die es ermöglichen sollten, eines Vampirs habhaft zu werden. Neugierig geworden, hatte Kennis es nicht lassen können, ans Ende des Kapitels zu blättern, um zu erfahren, was es mit dem Papier aus Vampirhaut nun auf sich hatte. Er hatte herausgefunden, dass man mit dem Blut eines Menschen dessen Namen auf das Vampyrus schreiben müsse, um Macht über ihn zu erlangen. Nun war die Idee, jemanden durch sein Bildnis oder eben das Aufschreiben seines Namens gemixt mit ein bisschen Magie, in einen Bann zu ziehen nicht neu. Kennis gefiel jedoch die aufwendige Vorarbeit, und er malte sich gerade aus, wie er nach Transsilvanien fuhr, um Draculas Urenkel zu häuten. Bei dem Gedanken, dass er dem Youngster vielleicht erst die Tattoos vom Körper schrubben musste, um seine Haut verwenden zu können, lachte er laut.
    Irgendwann schreckte er völlig verdreht aus seiner unbequemen Lage hoch. Er war auf der Couch eingeschlafen. Das Buch lag auf seinen Bauch, seine linke Hand war darunter eingeschlafen, seine rechte lag auf der aufgeschlagenen Seite. Als er das Buch auf den Tisch legte, fiel ihm auf, dass Lücken im Text waren. Buchstaben, ja sogar ganze Wörter schienen zu fehlen. Vorher war der Text doch vollständig gewesen. Müde rieb er sich die Augen, doch die Lücken blieben. „Alles nur Einbildung“, dachte er schlaftrunken und ging, ohne noch etwas wegzuräumen, schlaftrunken sofort ins Bett.
    Im Traum wurde Kennis von einem Schatten gejagt. Er wusste, es war ein Magier, der seine Haut wollte, und hatte schreckliche Angst. Durch dunkle Gassen hetzte er von Mauervorsprung zu Hauseingang, von Baum zu Zaun, um sich zu verstecken. Da er völlig erledigt war, schlich er sich durch das offene Schlafzimmerfenster in sein Haus, legte sich ins Bett und schlief sofort ein.
    Er schreckte hoch, als er ein Geräusch hörte. Noch schlaftrunken überlegte er, ob es seine Freundin sei, die nach Hause gekommen war. Als sich seine Härchen im Nacken aufrichteten, war er schlagartig hellwach. Da er im stockdunklen Raum nicht das Geringste sehen konnte, waren seine anderen Sinne aufs Äußerste angespannt. Er hörte leises Schnüffeln vor seiner geschlossenen Schlafzimmertür und spürte eine schwache Luftbewegung in seinem Rücken, die nach Maiglöckchen roch. Schön, Britta war da, ihr Parfum würde er überall erkennen. Komisch nur, dass sie kein Licht gemacht hatte. Im nächsten Augenblick hörte er einen Knall gefolgt von einem dumpfen Schlag mit einem langen Ächzen. Sein Bett und er wurden hin-und hergerüttelt. Außerdem schrie Britta: „Raus, aus dem Fenster, sofort!“ „Aber ich bin doch so müde“, murmelte Kennis, wollte sich zur anderen Seite umdrehen, als Britta ihn mit ungewöhnlicher Kraft am Schlafanzugkragen hochzog und anbrüllte, endlich wach zu werden.
    Hoch aufgerichtet stand Meister Varn, der Helläugige, im Kreis seiner Anhänger.
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