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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter
Autoren: Jonathan Stroud
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Im ganzen Tal gibt es so viele Steinhügel wie Blätter an einem Baum im Sommer und jeder ist über einem verstorbenen Sohn oder einer Tochter eines Hauses errichtet.«
    »Ich will einmal wie Sven werden!«, verkündete Hal entschlossen. »Ich will große Taten vollbringen, von denen man noch lange spricht. Bloß oben auf dem Hügel will ich lieber nicht enden.«
    Brodir lehnte sich zurück. »Heutzutage ist es nicht so leicht, große Taten zu vollbringen. Das wirst du noch merken. Wo sind die Schwerter denn alle geblieben? In den Hügelgräbern oder an den Wänden, wo sie vor sich hinrosten! Unsereinem ist es nicht mehr möglich, Sven nachzueifern...« Er trank einen großen Schluck Bier. »Von einem frühen Tod vielleicht abgesehen.Wir Svenssons sterben alle jung. Aber das hat dir deine Mutter bestimmt schon erzählt.«
    »Nö.«
    »Nanu! Dabei ist sie doch so versessen auf unsere Familiengeschichte! Dann hat sie dir also nicht von meinem großen Bruder Leif erzählt? Was ihm zugestoßen ist?«
    »Nein.«
    »Hm...« Brodir blickte nachdenklich in seinen Becher.
    »Onkel!«
    »Die Wölfe haben ihn gefressen, da war er grade mal sechzehn.« Brodir rieb sich schniefend die Nase. »Für die Wölfe war es ein schlimmer Winter gewesen und für Leif sollte es ein noch schlimmerer werden. Es geschah weiter oben im Tal, auf dem Land der Gestssons, aber das Rudel war aus dem Troldmoor heruntergekommen, darum konnte unsere Familie nicht auf Fahrlässigkeit klagen … So ist das nun mal. Dann gab es in der Generation davor noch Björn...«
    »Auch Wölfe?«
    »Ein Bär. Ein einziger Prankenhieb, als Björn oben bei Skaftis Felsen Multbeeren sammelte. Aber es ist ihm immer noch besser ergangen als seinem Vater Flosi, deinem Urgroßvater.Was für ein elender Tod.«
    »Was denn für einer, Onkel?«
    »Ein Bienenstich. Flosi ist schauerlich angeschwollen … Sein Schicksal taugt leider nicht für Heldenballaden. Aber Kopf hoch, Kleiner! Du brauchst keine Bange zu haben. Das sind alles recht außergewöhnliche Todesfälle.«
    »Da bin ich aber froh.«
    »Ja, unsereiner stirbt meistenteils an Maßlosigkeit.« Er hob den Becher und klopfte mit dem Finger drauf. »Zu viel hiervon. Ist uns in die Wiege gelegt.«
    Hal baumelte mit den Beinen. »Mir nicht, Onkel.«
    »Das hat dein Großvater Thorir auch immer gesagt. Ist aber trotzdem dran gestorben. Auf der Hochzeit deiner Eltern, nebenbei bemerkt.«
    »Hatte er zu viel getrunken?«
    »Das auch. Er ist auf der Suche nach dem Pisshaus aus Versehen in den Brunnen gefallen. Keine schönen Aussichten... Ich glaube, ich mache noch einen kleinen Gang zum Bierfässchen. Und für dich, mein Kleiner, ist längst Schlafenszeit.«

    Als Kind fand Hal die Schlafenszeit den schönsten Abschnitt des Tages, denn da konnte er in Ruhe über alles nachdenken, was er tagsüber erlebt hatte. Er lag unter seiner Wolldecke und schaute zum Fenster am Fußende seines Bettchens hinaus, sah die kalten Sterne über den dunklen Schattenrissen der Berge leuchten und lauschte den leisen Stimmen aus der großen Halle, wo seine Eltern ihre abendlichen Schlichtungsgespräche abhielten.Wenn Katla hereinkam, um die Kerze auszupusten, fragte er sie alles, was ihm gerade in den Sinn kam.
    »Erzähl mir von den Trolden, Katla.«
    Bis auf die flackernde Kerze auf dem Wandbord war das Zimmer dunkel. Die Falten im Gesicht der Amme waren tief und beschattet wie Furchen in einem winterlichen Acker, ihr Kopf schien aus dunkel gemasertem Holz geschnitzt. Ihre Stimme lullte ihn in den Schlaf.
    »Ach ja, die Trolde... Ihre Gesichter sind schwarz wie die feuchte Erde unter einem Stein... Sie riechen nach Grab und meiden das Sonnenlicht... Sie lauern im Hügel, bis sich eine unvorsichtige Seele zu weit hinaufwagt. Dann springen sie heraus! Wenn du auch nur einen Schritt weiter als bis zu den Hügelgräbern gehst, Hal, schnellen sie aus der Erde und ziehen dich mit hinunter, da kannst du schreien, so viel du willst... Na also, du schläfst ja schon fast. Dann puste ich mal die Kerze aus... Wie bitte, mein Kleiner?«
    »Hast du selber schon mal einen Trold gesehen, Katla?«
    »Nein, Sven sei Dank!«
    »Ach so... Hast du schon mal irgendwas anderes Gruseliges gesehen?«
    »Noch nie! In meinem hohen Alter betrachte ich es als Wunder und Segen, dass mir das bislang erspart geblieben ist. Aber ich kann dir verraten, dass ich nicht einfach nur Glück gehabt habe. Nein, ich treffe schon mein Leben lang kluge Vorkehrungen, um alles Übel von
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