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V8 – Komm, wenn du dich traust!

V8 – Komm, wenn du dich traust!

Titel: V8 – Komm, wenn du dich traust!
Autoren: Joachim Masannek
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dann hörten die im Kinderzimmer bestimmt auch sein Schluchzen.
    „Das muss ich nicht!“, hörte er Habicht spotten. „Ich habe ihn schon. Ihr Sohn heult da draußen!“
    Er ging zum Fenster und riss es auf.
    „Doch wenn er damit fertig ist, wird er uns alles verraten. Über die Höhle des Löwen und den Pan und die Burg und wo die nächsten Rennen stattfinden werden.“
    Er schwang schon das erste Bein durch das offene Fenster. Da sprang Robin auf.
    „Nein!“, rief er, „Nein! Das tut mir leid. Ich kann das nicht, Papa!“ Und mit dieser Entschuldigung rannte er los. Er rannte zurück zum elektrischen Tor, spürte Habicht im Nacken, ahnte, wie der versuchte, sein Hemd zu greifen und schwang sich in dem Moment, als sein Verfolger zupacken wollte, über das Tor. Er hörte das Geräusch, wie Leinen zerriss.
    Das Leinen seines Hemdes in Habichts Hand. Dann war er frei, und während Habicht hinter ihm fluchte, rannte er die Straße hinab. Er sah sich nicht um. Er wusste sowieso, was hinter seinem Rücken passierte. Habicht kletterte etwas steif übers Tor, sprang in den schwarz-gelben Chevy, ließ den Motor aufheulen und die Reifen durchdrehen und raste grinsend hinter ihm her.
    „Ich kriege dich, Kleiner!“, zischte er grimmig und steckte sich zur Belohnung eine Marshmallow-Maus zwischen die Zähne. Doch Robin war schneller. Er sprang von der Straße und stürzte die steile Hügelböschung hinab. Von dort floh er Luftlinie Richtung Fluss. Er sprang über Mauern und Zäune, rannte durch Gärten, fiel dabei in Komposthaufen oder direkt vor die fletschenden Zähne der von ihm aufgeweckten Hunde, floh vor den von den Hunden aufgeschreckten Menschen und kam schließlich vor Habicht auf die Brücke am Fluss.Die ewig lange Bücke, die in den rettenden Süden führte.
    Für einen kurzen Moment blieb Robin stehen. Er atmete durch.
    Die Brücke ist eine Falle!, hörte er seine eigene Stimme. Wenn Habicht jetzt kommt, bist du geliefert. Dann hat er dich auf dem Silbertablett. Aber du kannst auch nicht bleiben. Nicht auf dieser Seite der Brücke und auf die andere Seite gibt es keinen anderen Weg.
    Damit ging er los. Entschlossenen Schrittes. Er ging immer schneller, und bevor er sich umdrehte, sah er ihn schon. Den knallgelben Chevy mit den zwei schwarzen Streifen.
    „Was hab ich gesagt? Ich kriege dich, Kleiner!“, grinste sein Häscher und gab dann Gas.
    Robin starrte ihn an. Er fühlte sich wie ein Reh bei Nacht, das zwei Autoscheinwerfer blenden.Blenden und lähmen und hypnotisieren. Doch er wollte kein Reh sein und auch kein Verräter und deshalb sprang Robin über die Brüstung. Er sprang in den Fluss.
    Das Wasser war schwarz und voller Wirbel. Es riss Robin mit und ließ ihn sich überschlagen. Er wusste nicht mehr, wo oben war. Er schrie seine Luft aus den Lungen heraus, spürte, wie diese nach neuer verlangten. Er dachte gerade, er würde ertrinken. Da tauchte er auf.
    Er schaute zurück. Habicht hielt auf der Brücke und stieg aus dem Wagen. Er ging zum Geländer und sah auf den Fluss. Er musste ihn sehen. Robin gab sich schon auf. Da bemerkte er, dass er ganz nah am Ufer war. Am südlichen Ufer und hier hingen die Äste der Bäume ins Wasser.

    Blitzschnell schwamm er hin, schlüpfte in ihre Deckung und blickte dann noch einmal zur Brücke zurück.
    Dort kratzte sich Habicht jetzt ratlos den Kopf. Dann gab er auf. Er ging langsam zu seinem Wagen, stieg langsamer ein und fuhr dann noch langsamer zurück in den Norden. Robin, der zitterte, sah ihn verschwinden. Er konnte es nicht glauben. Er war ihm entwischt, und damit das auch sicher war, rührte er sich eine Stunde lang nicht vom Fleck. Er stand im brusthohen Wasser unter den schützenden Bäumen. Dann erst ging er zur Brücke zurück.

30
Zwischen den Welten
    Die noch flachen Strahlen der Morgensonne strichen über das Gras und die Büsche unter der Brücke und färbten sie gold. Alles roch nach Sommer und Wärme. Bienen summten zwischen dem Löwenzahn. Doch Robin war kalt. Er klapperte so laut mit den Zähnen, dass er die Bienen gar nicht hörte. Er schleppte sich zum Brückenpfeiler und setzte sich auf einen Baumstamm, der irgendwann einmal von einem Hochwasser hierher getrieben worden war.
    Genauso wie ich, dachte Robin wehmütig und schlang die Arme um den Körper. Auch er war jetzt heimatlos, ohne ein Zuhause und er zuckte zusammen, als ein Zug über ihm über die Brücke raste. Dreck und Staub regneten auf ihn herab. Auf ihn, der Dreck hasste. Der
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