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Urmel im Vulkan

Urmel im Vulkan

Titel: Urmel im Vulkan
Autoren: Max Kruse
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sogleich sauste es
davon. Ich hörte nur, wie es »Hilfe, Hilfe!« schrie.
    Nun — mochte kommen, was wollte, ich durfte es nicht im Stich
lassen. Vielleicht würde ich es sonst nie wiedersehen. Ungesäumt folgte ich
ihm, war aber vorsichtig genug, langsam auf den dunklen Streifen zu treten.
    Und das war unser Glück! Zwar stürzte ich sogleich hin. Und
nun rutschte ich auf meiner Seite abwärts. Aber meine Flanke war durch die
Rüstung geschützt. Ich fühlte mich ungefähr wie ein Schlitten in einer Bobbahn.
Und genauso rasch und wild ging meine Fahrt. Vor mir hörte ich hier und da
einmal das Urmel jammern — und sooft ich Luft kriegte, versuchte ich ihm zu
antworten: »Ich komme, Urmel, ich komme!«
    Ja, ich kam allerdings! Es ging in die Kurven hinein und um
die Kurven herum, ich wurde geschleudert und geschaukelt, daß es eine wahre
Pracht war. Es rumpelte gewaltig. Mehr als einmal stieß ich mit dem Kopf gegen
die Wand. Wie gut, daß ich einen Helm trug. Er schepperte hell, schützte mich
aber vortrefflich.
    Überhaupt überstand ich die wilde Fahrt überraschend gut. Als
der Gang sich öffnete, gelang es mir, mich mit den Füßen von der Wand
abzustoßen. Ich drehte mich um mich selbst und kam auf einer Plattform aus
Granit zum Halten.
    Schnell versuchte ich mich zu orientieren. Wo war das Urmel?
Nun, um es kurz zu sagen, das Urmel patschte in einem schwarzen, moorigen
Tümpel. Es war ein Tümpel aus Erdöl, und wir waren auf einer Rutschbahn aus
Erdöl hinabgeschlittert.
    Sehr hoch oben, irgendwoher, hörten wir das schleimige Lachen
des Männchens, das vielleicht der Ölgnom war, der Herr über das in der Erde
ruhende Öl.
    »So zieh mich doch raus!« jammerte das Urmel kläglich. Zwar
hatte es Grund unter den Füßen, aber es vermochte sich nirgends festzuhalten,
immer wieder glitschten seine Hände und Füße ab.
    Ich rückte den Helm gerade, damit er mir nicht vom Kopf
rutschte, und war mit einem Sprung am Rande des Ölteiches. Der Stein unter mir
war fest und trocken. Das Urmel aber war über und über verschmiert, das Öl
troff ihm über Nase und Ohren, seine Hände fühlten sich an wie aus
Schmierseife. Immer wieder entglitt es mir, so verzweifelt ich mich auch
bemühte. Wenn nicht ein Wunder geschah, war es verloren. Schon fühlte ich meine
Kräfte schwinden.



Wutz erzählt wie ihre unterirdischen Prüfungen weitergehen
     
     
    Doch in der größten Not sah ich Urmels Schwanzspitze aus dem
Tümpel ragen, und — wunderbarerweise — sie war dunkelgrün und trocken. Da
beugte ich mich vor und biß zu. Ich achtete nicht auf sein Geschrei. Ich
stemmte mich mit allen vieren gegen die Unebenheiten des Grundes und zog... ich
zog und zerrte...
    Ja, und dann saß es vor mir. Von seinem Körper troff überall
der glitschige, dünne Brei. Und wenn es sich auf den Füßen zu halten versuchte,
dann rutschte es und fiel hin.
    Wir waren in einer schrecklichen Lage, soeben gerettet und
doch verloren. Mir kamen schon die Tränen, da hörten wir ein Pfeifen und
Zischen, ein Plätschern und Rauschen. Wir drehten uns um: In unserem Rücken
wehte eine weiße, elfengleiche Gestalt, die mir schnell Vertrauen einflößte,
obwohl ihr Gesicht nicht zu erkennen war. Sie schien mir wie in hundert
Schleier gehüllt zu sein — am ehesten glich sie noch einem Springbrunnen aus
heißem Wasser, der dampft und dampft und dampft.
    Gar lieblich klang, was sie summte: »Kommt, ich lade euch ein
zu einem reinigenden Bade. Es wird euch kräftigen und wohltun.« Sie wies mit
der Hand hinter sich, da war ein See, dessen Wasser dampfte, und in seiner
Mitte erhob sich ein viele Meter hoch sprudelnder Quell.
    Wasser war dem Urmel ein vertrautes Element, übrigens auch
mir. So stürzte es sich denn ungehemmt in die Flut und patschte darin herum. Es
schwamm auch bis zu dem Springbrunnen in der Mitte und ließ sich abspülen. Der
Strahl war so kräftig, er schwemmte auch den letzten Rest Öl von meinem Urmel
weg.

    Ich selbst wusch mir am Ufer die Nase und die Pfoten und mein
Gesicht.
    Die freundliche Elfe, die uns eingeladen hatte, sah uns
verwundert, ja ergrimmt zu. Trotz des Tosens des Wassers, das donnerte wie ein
Wasserfall, hörte ich sie zischen: »Warum verbrühen sie sich denn nicht?
Kochen, kochen sollen sie!« Jetzt wurde mir klar, wo wir uns befanden. Der
Springbrunnen war ein Geysir, Wasser, das vom heißen Magma im Erdinneren
erhitzt, ja zum Kochen gebracht wurde. Wäre das Urmel nicht feuergeschützt
gewesen, wäre es elend
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