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Untot mit Biss

Untot mit Biss

Titel: Untot mit Biss
Autoren: Karen Chance
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hergeschickt hatte, so brauchten wir mehr Schutz, als eine gewöhnliche Tür bieten konnte. Ich hatte gesehen, wie Tony eine Tür aus massiver Eiche mit einer kurzen Bewegung seiner feisten, mit Ringen geschmückten Hände aus den Angeln gerissen hatte, nur weil er den Schlüssel nicht fand und in schlechter Laune war. »Was ist los?«
    »Ich habe jemanden gesehen, den ich nicht sehen möchte.« Ich richtete den Blick auf Tomas, und eine plötzliche Vision zeigte mir sein Gesicht blutüberströmt und die Augen mit dem leeren Blick des Todes. Es war kein
Sehen,
nur meine Phantasie, die sich wie üblich den schlimmsten Fall ausmalte, doch es half mir dabei, die Prioritäten zu setzen. Die Vampire würden nicht in den Club stürmen und auf der Suche nach mir ein Massaker anrichten. Tony fürchtete den Senat zu sehr, als dass er sich auf einen Massenmord einlassen würde, aber bestimmt zögerte er nicht, das eine oder andere Gassenkind zu erledigen, das ihm in den Weg geriet. Mit der gleichen Haltung hatte er mich im Alter von vier Jahren zur Waise gemacht, um die alleinige Kontrolle über meine Fähigkeiten zu bekommen. Meine Eltern waren ein Hindernis für seinen Ehrgeiz gewesen, und deshalb mussten sie verschwinden. Ganz einfach. Und der Senat würde keinen Wirbel um etwas machen, das man auf gewöhnliche Bandenaktivität zurückführen konnte. Die erste Priorität, so entschied ich, bestand darin, Tomas aus der Schusslinie zu bringen. »Ich muss von hier verschwinden, um nicht alle anderen in Gefahr zu bringen. Aber jetzt … Man hat uns zusammen gesehen, und das könnte bedeuten, dass sie es auch auf dich abgesehen haben. Vielleicht glauben sie, dass du weißt, wohin ich unterwegs bin.«
    Ich zog Tomas mit mir durch den Lagerraum und überlegte fieberhaft. Es war dumm von mir gewesen, hierherzukommen und ihnen Gelegenheit zu geben, mich mit Tomas zu sehen. Obwohl die Leute im Club dauernd das Gegenteil hörten: Die Hälfte von ihnen hielt ihn und mich für ein Paar. Wenn Tonys Burschen Fragen stellten und das hörten, würden sie ihn zu Tode foltern bei dem Versuch, mich zu finden. Ich hätte es besser wissen und mich auf keine Beziehung mit jemandem einlassen sollen, nicht einmal auf eine platonische. Ich war wie eine Art Gift: Wer in meine Nähe kam, konnte von Glück reden, wenn er einfach nur starb. Irgendwie musste ich Tomas fortbringen, und wie ich konnte er nicht hoffen, jemals zurückzukehren. Ein tolles neues Leben, zu dem ich ihm da verholfen hatte.
    Es gab da auch das Problem, dass der Vampir nichts gegen uns unternommen hatte und einfach verschwunden war. Ich hatte beobachtet, wie sie den Anschein erweckten, sich einfach in Luft aufzulösen – so schnell konnten sie sich bewegen. Jene Sekunden wären für den Vampir Zeit genug gewesen, blitzschnell wie eine Schlange zuzuschlagen oder mich aus sicherer Entfernung zu erschießen. Eigentlich brauchten Vampire keine Waffen gegen Sterbliche, aber der Senat wollte, dass solche Dinge so normal wie möglich aussahen, und deshalb trugen die meisten Halunken in Tonys Diensten Knarren bei sich. Vermutlich ging er davon aus, dass ich ebenfalls bewaffnet war, aber ich bezweifelte, dass er mein Schießeisen fürchtete, selbst wenn er gewusst hätte, wie schlecht ich damit umgehen konnte. Ich durfte bestenfalls hoffen, ihn ein wenig aufzuhalten. Nein, ich lebte nur deshalb noch, weil der Vampir dort draußen die Anweisung hatte, sich an die Regeln zu halten. In der Todesnachricht war von zwanzig Uhr dreiundvierzig die Rede gewesen, und dabei blieb es. Ich glaubte zu hören, wie Tony der Familie sagte, dass er ein letztes kleines
Sehen
für seine Prophetin arrangiert hatte, und diesmal brauchte sie die Arbeit nicht einmal selbst zu leisten. Ich fragte mich, ob sie beabsichtigten, mich hier zu töten und dann zur Peachtree zu tragen. Oder wollten sie mich geistig überwältigen und selbst dorthin gehen lassen wie das sprichwörtliche Lamm zur Schlachtbank? Ich wollte das eine ebenso vermeiden wie das andere.
    Ich befeuchtete meine trockenen Lippen. »Hier. Setz das auf und hol deine Jacke. Steck dein Haar zusammen.« Mike hatte eine seiner vielen Baseballmützen in einem Regal liegen lassen, und ich nahm sie, obwohl all das Haar sicher nicht darunterpasste. »Wir müssen jemanden finden, der eine Kapuzenjacke hat, die er dir leihen kann. Du bist zu leicht zu erkennen.« Vielleicht war einer der Gruftis bereit, uns einen Umhang zu überlassen. Wenn ich in der Lage war,
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