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Unterm Strich

Unterm Strich

Titel: Unterm Strich
Autoren: Peer Steinbrück
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beschleunigt durch die Banken- und Finanzkrise (Kapitel III), die gleichzeitig die Politik mit der Frage herausfordert, wer eigentlich Herr des Geschehens ist. Wenn sich die Zentren der ökonomischen Dynamik verlagern und der Wohlstand der Welt neu verteilt wird, geht das an Deutschland nicht spurlos vorbei. Im Zusammenwirken mit der demographischen Entwicklung sind davon auch die finanziellen Grundlagen unseres Sozialstaates berührt (Kapitel IV). Er muss einerseits zunehmende Fliehkräfte, die unsere Gesellschaft zu spalten drohen, bewältigen und ist andererseits einer Überdehnung ausgesetzt, weil nicht zuletzt das Verhältnis zwischen Einzahlern und Leistungsempfängern, zwischen der Bereitschaft zu und der Beanspruchung von Solidarität, gespannter wird.
    Zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist die Politik ausgerechnet in einer Zeit, in der ihr eine Höchstform abverlangt wird, einem enormen Vertrauensverlust ausgesetzt (Kapitel V). Ihren Verlust an Führungsfähigkeit und Steuerungsmöglichkeiten sucht sie in einer symbiotischen Beziehung mit den Medien zu kompensieren, lässt sich dabei aber oft genug von ihnen vorführen (Kapitel VI). Wenn das Politische rekonstruiert werden soll, wenn die Politik Vertrauen und Zutrauen zurückgewinnen will, dann werden mehr Denkverbote aufgehoben und größere Umorientierungen erfolgen müssen, als sie es sich bisher selbst eingestanden hat (Kapitel VII). Das gilt auch für meine eigene Partei, die SPD (Kapitel VIII), die einige Passagen dieses Buches gewiss als schwer verdaulich empfinden wird. Kapitel I, »Untiefen voraus«, versteht sich als eine Art Generaleinführung.
    Wir werden uns gehörig anstrengen müssen, um unseren Lebensstandard, unsere Sozialstaatlichkeit und unsere freiheitlich-demokratische Ordnung zu erhalten. Das wäre eine enorme Leistung. Deshalb findet sich in diesem Buch auch nicht das Versprechen von Entlastungen, mit dem die Politik gern die Gunst der Bürger zu gewinnen sucht.
    Ein solches politisches Ziel ist nach meiner Einschätzung unter den obwaltenden Bedingungen alles andere als bescheiden. Deshalb ist es auch nicht mein Anliegen, mit einem grandiosen Zukunftsentwurf oder einer Vision aufzutrumpfen. Die mögen zwar ein nüchternes Politikverständnis überstrahlen. Aber sie laufen Gefahr, an harten Wirklichkeiten und Notwendigkeiten zu zerschellen - und hinterlassen den Betriebsärzten der Gesellschaft zu viele Verletzte und Enttäuschte. Von Perspektiven ist dagegen die Rede. Regierungsverantwortung muss sich an den wirtschaftlichen, finanziellen und sozialen Realitäten orientieren. Sie muss diese nicht akzeptieren. Sie muss den Anspruch erheben, sie zu verbessern, aber sie darf sie nicht ignorieren.
    Während der neun Monate, die ich an meinem Buch schrieb, habe ich mich aus dem politischen Tagesgeschäft weitgehend heraushalten wollen. Aber die Ereignisse auf den internationalen Finanzmärkten haben mich gleichsam eingeholt: Aus der Bankenkrise vom Herbst 2008 war Ende 2009 die Griechenlandkrise und aus dieser schließlich die Eurokrise geworden, deren Ende noch lange nicht absehbar ist. Ich habe mein Manuskript mehrfach neu organisieren, die einzelnen Kapitel neu aufeinander abstimmen und Zahlen manchmal fast wöchentlich aktualisieren müssen. Stichtag für die letzten Aktualisierungen im fertigen Satz war der 15. Juli 2010.
    Ich habe das Buch Zeile für Zeile selbst geschrieben. Der Satz steht hier so nackt und lapidar, weil Autorschaft in unserem medial durchinszenierten Zeitalter offenbar alles andere als eine Selbstverständlichkeit darstellt. Nein, ich habe keinen Ghostwriter, ja, ich habe alles, was ich zitiere, tatsächlich selbst gelesen. Obwohl ich also stets wusste, wo ich mich befand - und natürlich für alle Meinungen und Urteile in diesem Buch die alleinige Verantwortung trage -, ist das Schreiben eines solchen Buches (zumal wenn es das erste ist!) allein schon aus organisatorischen Gründen nicht ohne vielfältige Hilfe und Anregung möglich.
    Mein Dank gilt deshalb an dieser Stelle Thomas Karlauf, der mich als Literaturagent und Lektor begleitete und mir sehr behutsam allzu verstiegene Formulierungen und obskure Bilder auszureden verstand. Besonders dankbar bin ich Sonja Stötzel, meiner langjährigen Allzweckkraft, ohne die dieses Buch technisch nicht zustande gekommen wäre, und Sebastian Petzold, der unter diversen Rechercheaufträgen zu leiden hatte. Hans-Roland Fäßler, Heiko Geue und Axel Nawrath haben mir mit
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