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Unter Trümmern

Unter Trümmern

Titel: Unter Trümmern
Autoren: J Heimbach
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Befestigungen geliefert. Westwall zum Beispiel.“
    „Sie waren nicht in der Partei?“
    „Vor dem Krieg, Zentrumspartei. Aber das tut doch nichts zur Sache, oder?“
    „Und später?“
    „Man musste sehen, wo man bleibt, die Familie und den Betrieb schützen.“
    Koch genügte diese Antwort, er wechselte das Thema. „Sie haben ein schönes Haus. Ihnen scheint es an nichts zu fehlen.“
    „Aus ihrem Mund klingt das wie ein Vorwurf, Herr Kommissar. Oder höre ich da auch eine Spur Neid heraus?“
    Er trank einen Schluck Cognac.
    „Aber Sie haben natürlich Recht“, fuhr er fort, „mir geht es gut. Das Haus gehörte schon meinen Eltern. Ich habe es geerbt. Und ich habe das Glück, dass gerade im Wohnbau derzeit ein großer Bedarf herrscht.“
    Koch versuchte Brunners Zynismus zu ignorieren. Er wollte bei dieser ersten Begegnung einen Punkt nicht ansprechen, aber er konnte nicht an sich halten.
    „Es gibt Gerüchte, dass Sie auch Geschäfte auf dem Schwarzmarkt machen.“
    Brunners Gesicht verfinsterte sich, aber Koch war sich nicht sicher, ob der Mann sogar das nur spielte.
    „Ich bitte Sie“, sagte er, „natürlich fordert ein solches Haus den Neid der Mitmenschen heraus. Was erwarten Sie denn? Aber von Ihnen, mit Verlaub, hätte ich nicht gedacht, dass Sie so schnell solchen Gerüchten Glauben schenken. Am Ende denken Sie auch noch, dass ich hinter dem Überfall stecke und Hartmann benutzt habe.“
    „Ich glaube gar nichts“, entgegnete Koch trocken. „Ich ermittle.“
    „Das höre ich gerne“, erwiderte Brunner, und Koch glaubte die Häme in dessen Worten regelrecht greifen zu können. „Dann haben Sie sicher auch ermittelt, dass ich das, was Sie Reichtum nennen, als Verpflichtung ansehe. Ich helfe, wo ich kann. Es gibt viele, sehr viele Menschen hier, denen es sehr schlecht geht. Und denen gebe ich, was ich entbehren kann.“
    „Ohne Gegenleistung?“, fragte Koch zurück, und ärgerte sich sogleich, dass ihm das so rausgerutscht war.
    Brunner ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
    „Ich möchte einfach in Frieden mit meinen Mitmenschen leben. Und jetzt muss ich wieder an die Arbeit. Sie sicher auch, Herr Kommissar.“ Mit diesen Worten stand er auf und ging zur Tür. Koch stellte sein Cognacglas ab und folgte ihm.
    „Wann darf ich mit Herrn Hartmann sprechen?“, fragte Brunner, nun schon wieder versöhnlich.
    „Im Moment noch nicht. Auf Wiedersehen“, antwortete Koch, drehte sich um und ging durch den Garten.
    „Herr Kommissar!“, rief ihm Brunner nach, als er das Törchen zur Straße erreicht hatte. „Lassen Sie sich das nächste Mal einen anständigen Wagen geben, einen, der nach einem Auto aussieht.“
    Koch hob seinen rechten Arm, winkte und ging weiter.
    Nach drei Startversuchen sprang der Motor an. Wütend legte er den ersten Gang ein. Das Getriebe bedankte sich mit einem Krachen. Im Krankenhaus teilte man ihm mit, dass der verletzte Franz Hartmann noch nicht vernehmungsfähig war. Er habe hohes Fieber und phantasiere. Koch solle nach der Fastnacht wiederkommen.
    Er fluchte laut. Fünf Tage, in denen er nichts würde machen können. Nur nachdenken und warten. Warum war er nur wieder nach Deutschland zurückgekehrt? In dieses kalte, kaputte Land.
    Als er völlig durchgefroren vor seiner Wohnung in der Zahlbach stand, wurde die Tür zu seiner Nachbarwohnung geöffnet. Ein älterer Mann blickte durch den Spalt in den Flur und schob die Tür ein Stück weiter auf, als er erkannte, wer draußen war.
    „He, Puhler, einen Absacker?“ Der Mann, der diese Worte mehr krächzte als sprach, war sehr hager, hatte eine Glatze und trug in seinem lang geschnittenen Gesicht mit den eingefallenen Wangen eine runde Brille. Koch erschien der Mann wie der Archetyp des Intellektuellen, wie er ihn in Paris kennen gelernt hatte. Eigentlich verabscheute Koch das Wort Puhler für Polizist, aber bei seinem Nachbarn ließ er es durchgehen.
    Einen Moment zögerte er mit der Antwort, ließ seinen Schlüssel wieder in die Manteltasche gleiten und folgte Georg Bresson in dessen Wohnzimmer, das aus einer Couch, einem Sessel und einer ehemaligen Munitionskiste, die als Tisch diente, bestand. Da, wo einmal ein Schrank gestanden hatte, waren Vertiefungen im Teppich. Koch wusste, dass Georg das Holz mittlerweile komplett verfeuert hatte. Das einzig Wertvolle in dieser Wohnung war eine Vitrine aus Holz, die um einen Tresor gebaut war. Und in diesem befanden sich mehrere Fotoapparate, die Georg seinem Nachbarn bei
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